Berlin Wenig Interesse an Einkauf mit Negativ-Test
Um in der Corona-Pandemie die Geschäfte offenzuhalten, ist in der Landeshauptstadt Potsdam seit Samstag der Einkauf mit einem negativen Corona-Test möglich - die Resonanz darauf fiel am ersten Tag aber eher verhalten aus. Bei kühlem Frühlingswetter waren nicht viele Menschen in der Innenstadt zum Einkaufen unterwegs, darunter in der Einkaufsmeile in der Brandenburger Straße, wie ein dpa-Reporter berichtete. Aus Sicht des Handelsverbands Berlin-Brandenburg stellte sich der Start als "Flop" heraus. Ein Potsdamer Unternehmen wehrt sich bereits vor Gericht gegen die Corona-Testpflicht für seine Kunden.
Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte eine Allgemeinverfügung erlassen, nach der in Potsdamer Einzelhandelsgeschäften ab diesem Samstag der Einkauf nur noch mit einem negativen Corona-Test möglich ist. Vorgelegt werden muss ein PoC-Antigen-Schnelltest oder PCR-Test, der höchstens 24 Stunden alt sein darf. Das gilt für alle Kunden ab sechs Jahren in Geschäften des Einzelhandels sowie in Baumärkten, Baumschulen, Gartenfachmärkten und Gärtnereien. Ausgenommen sind Läden des täglichen Bedarfs wie Supermärkte, Bäckereien, Fleischereien und Wochenmärkte. Die Regelung gilt zunächst bis 11. April.
Vor einigen Potsdamer Läden standen Schilder mit der Aufschrift "Betreten nur nach Vorlage eines negativen Corona-Tests". In anderen Geschäften wurde das System "Click und Collect" genutzt, nach dem Kunden ihre Ware vorher im Internet aussuchen und dann an der Ladentür bezahlen. An einem Schuhladen in der Fußgängerzone konnten Kunden die Ware draußen anprobieren. Das Geschäft hatte dafür eine Bank bereitgestellt.
Mit einer Testpflicht im Einzelhandel solle dafür gesorgt werden, das derzeit in Potsdam erlaubte Einkaufen möglichst sicher zu gestalten, hatte Schubert erklärt. Die Tests würden helfen, Infektionsketten zu erkennen und zu durchbrechen. Potsdam plant nach eigenen Angaben, eine der Modellkommunen im Land zu werden, um eine sichere Öffnung von Handel und Gastronomie zu ermöglichen.
"Es ist das eingetreten, was wir befürchtet haben - es war Totentanz", sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Und der erste Eindruck sei meistens der entscheidende. "Terminvereinbarung plus Test - das bringt keinen dazu, sich in die Innenstadt zu begeben", sagte er. Busch-Petersen kritisierte zudem die Koordinierung vor Ort. Seines Wissens seien die Testzentren der Stadt bereits um 13.00 Uhr geschlossen gewesen.
Das bestätigte die Stadtverwaltung nicht. Potsdam biete seit dem 1. März kostenlose Schnelltests in den Apotheken und Testzentren an. Diese Tests würden durch geschultes Personal durchgeführt. Die Landeshauptstadt sei mit weiteren Anbietern im Gespräch, um das Netz an Teststellen weiter auszubauen, hieß es.
Ab Mittwoch ist auch in Berlin ein negativer Corona-Test Voraussetzung, um in Geschäften einkaufen zu können. Im Unterschied zu Potsdam entfällt aber die Pflicht, sich vor dem Shoppen in Baumarkt, Modeboutique oder Elektronikgeschäft einen Termin zu besorgen. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert befürwortet diesen Weg. "Wenn die Menschen in Berlin-Steglitz und Spandau mit negativem Test, aber ohne Termin einkaufen gehen können, dann wäre das auch sinnvoll im nahe gelegenen Potsdam", sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. "Diesen Weg könnten wir aber nur beschreiten, wenn das Land Brandenburg dafür die Grundlagen legt."
Der Handelsverband verfolgt laut Busch-Petersen ein anderes Konzept, um den Einzelhandel zu stützen. Er schlägt vor, mit flächendeckenden Tests und Corona-Schutzimpfungen die Wirtschaft in "vernünftigen Schritten" wieder hochzufahren, ohne Terminvereinbarung über Quadratmeter-Regelungen. "In den Läden haben wir die Macht und das Hausrecht, zu sortieren und für Ordnung zu sorgen. Das haben wir auch bewiesen, dass das klappt", sagte er. Zudem könne die Luca-App zur Kontaktverfolgung eingesetzt werden.
Auch Brandenburg will gegen die Ausbreitung des Coronavirus wie andere Bundesländer die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung nutzen. Dazu hat das Land nach Angaben des Gesundheitsministeriums einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen. Damit könnten noch vor Ostern bis zu sechs und bis etwa Ende April alle Landkreise und kreisfreien Städte die Luca-App anwenden. Die Nutzung der App ist kostenfrei.
Gegen die angeordnete Corona-Testpflicht im Potsdamer Einzelhandel wehrt sich inzwischen ein ansässiges Unternehmen. Mit einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht will es erreichen, dass seine Kunden sich beim Einkauf nicht testen lassen müssen. Dem für Anfang der Woche erwarteten Gerichtsbeschluss sieht der Oberbürgermeister offen entgegen. "Wir sind uns bewusst, dass wir mit der Anordnung - so wie im letzten Jahr mit der Maskenpflicht - Neuland betreten. Sollte uns das Verwaltungsgericht Fehler aufzeigen, werden wir diese korrigieren", sagte Mike Schubert.
Inzwischen nimmt die Zahl der Corona-Infektionszahlen im Land weiter zu. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag laut Gesundheitsministerium am Sonntag bei rund 137 Fällen nach rund 135 pro 100 000 Einwohnern am Samstag. Zwölf Kreise sowie die Städte Cottbus und Frankfurt (Oder) lagen demnach am Sonntag mit ihrer Sieben-Tage-Inzidenz mindestens drei Tage hintereinander über 100. Dort greift die Notbremse aus der Verordnung des Landes. Nach den aktuellen Regeln dürfen sich nur noch ein Haushalt und eine weitere Person treffen, Geschäfte und Museen dürfen nicht mehr für Termin-Einkäufe öffnen. Supermärkte und andere Läden für den täglichen Bedarf sind davon ausgenommen.