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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schillernde Kunst für Kinder in Prenzlauer Berg Der Seifenblasenmann vom Arnimplatz ist wieder da

Im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg verzaubert ein Kiez-Bewohner Kinder aller Altersstufen mit seiner ungewöhnlichen Kunst: Er schafft riesige Seifenblasen.
Kinderaugen leuchten, und über den Arnimplatz im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg hallen vergnügtes Jauchzen und ein langgezogenes "Guck mal, Mama: der Seifenblasenmann." Wenn es Ende April langsam Frühling in der Hauptstadt wird, hört man diesen Satz wieder öfter im Kiez, der nach seinem zentralen Platz benannt ist. Dann wollen zahlreiche Kinder aus der Nachbarschaft sehen, wie Piotr Szczeniowski seine riesigen Seifenblasen zaubert.
Alles, was er dafür benötigt, sind zwei Stöcke als Griffe. Dazwischen baumeln zwei Schnüre, die er in eine Seifenlauge taucht. Bewegt er das Besteck nun durch die Luft, entstehen bunt schillernde Seifenblasen. "Meine Kunst bringt die Kinder unterschiedlicher Herkunft im Kiez zusammen", sagt Szczeniowski im Gespräch mit t-online.
Ständige Experimentierarbeit für die perfekte Seifenlauge
Für seine Seifenblasen-Show benötige er die perfekte Lauge. Nur mit der seien die Seifenblasen stabil genug, um nicht sofort zu zerplatzen. "Ich bin ständig dabei, mit den einzelnen Bestandteilen zu experimentieren", sagt der Seifenblasenmann. Das Geheimnis seiner Rezeptur will er aber nicht lüften.
Man trifft Szczeniowski in den Frühlings- und Sommermonaten zwar unregelmäßig am Arnimplatz, trotzdem ist er häufig hier. Er komme immer gegen 15.30 Uhr, wenn seine kleinen Zuschauer mit ihren Eltern aus der Schule oder der Kita kommen. "Die besten Reaktionen bekomme ich von den Zweijährigen. Kinder in diesem Alter erkunden die Welt am intensivsten", sagt Szczeniowski, der selbst drei erwachsene Kinder hat.

Seifenblasen-Festival
Vom 29. April bis zum 4. Mai lädt Piotr Szczeniowski führende Seifenblasen-Künstler aus acht Ländern – darunter Israel, Südafrika und Neuseeland – nach Berlin ein. Es soll zahlreiche Shows geben. Zur Walpurgisnacht etwa gibt es am Mittwoch ab 17 Uhr ein Programm im Mauerpark. Ein weiterer Spielort ist ein Zirkuszelt am Lichtenrader Damm.
Der 76-Jährige lebt auch im Kiez. Dass es ihn nach Prenzlauer Berg verschlagen hat, nennt er "Vorbestimmung". Andere würden es vielleicht Zufall nennen. Szczeniowski ist sich sicher: "Der Arnimplatz ist der ideale Ort für Kinder. Denn in allen Richtungen ist die Straße sehr weit weg." Die Kinder könnten hier herumtollen, ohne dass eine Gefahr durch vorbeifahrende Autos droht.
Seifenblasenkünstler: "Ich war nicht für Shakespeare gemacht"
Dass Piotr Szczeniowski heute so etwas wie eine lokale Berühmtheit in Prenzlauer Berg ist, ist das Ergebnis einer bewegten Lebensgeschichte. Schon als Kind habe er in der Schule die deutsche Sprache erlernt, erzählt er. Seine Eltern seien im Zweiten Weltkrieg von den Nazis aus ihrer polnischen Heimat vertrieben worden. Sein Vater habe gewollt, dass der kleine Piotr "die Sprache des Feindes" spreche. Später habe er in Breslau Theaterwissenschaften studiert, sei Puppenspieler gewesen und habe improvisiertes Kindertheater veranstaltet: "Ich war nicht für Shakespeare gemacht. Lieber wollte ich experimentieren. Ich wollte populär sein, nicht künstlerisch."
Mit der Seifenblasenkunst sei er zum ersten Mal in Polen durch einen amerikanischen Künstler in Kontakt gekommen. Anfang der Neunzigerjahre war das. "Da wusste ich: 'Das muss ich machen'", sagt er heute. Doch bis er seine Kunst erstmalig auf dem Arnimplatz aufführte, sollten noch viele Jahre vergehen. Auf Geheiß eines Freundes habe es ihn 2002 nach Berlin verschlagen, sagt Szczeniowski. Nach Shows im Mauerpark sei er 2019 erstmals zum Arnimplatz gekommen.
Das ist nun sein Stammplatz. Wenn er keine anderen Verpflichtungen habe, sei er hier zu finden – mit seiner Seifenlauge und einer Botschaft: "Seifenblasen sind ein Symbol für das Leben: Sie sind schön, aber endlich. Man sollte das Leben intensiv nutzen, es bewusster leben."
- Reporter vor Ort
- Interview mit Piotr Szczeniowski