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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Müllberge in Berlin BSR-Streik: Droht Berlin jetzt eine Rattenplage?

Vor etlichen Wohnhäusern und in Hinterhöfen türmt sich der Müll. Verschärft der BSR-Streik das Rattenproblem in Berlin? Das sagen Gesundheitsämter und Schädlingsbekämpfer.
Wegen des Streiks bei der Berliner Stadtreinigung (BSR) sind in dieser Woche unter anderem Restabfall- und Bioguttonnen nicht geleert worden. Erst beim nächsten regulären Abfuhrtermin werden die Abfallbehälter laut der BSR wieder mitgenommen. Und auch die öffentlichen Abfalleimer blieben tagelang voll. Verschärft diese Situation nun Berlins Rattenproblem?
Ein Befall mit Schädlingen, insbesondere mit Ratten, muss an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden. Auf Nachfrage von t-online heißt es aus Mitte, Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg, es seien bezogen auf den Streikzeitraum keine vermehrten Meldungen festgestellt worden. Es sei aber wichtig zu beachten, dass offen herumliegender Müll ideale Bedingungen für Ratten schaffe, mahnt das Gesundheitsamt Friedrichshain-Kreuzberg.
"BSR-Streik stellt gesundheitliches Risiko für Bevölkerung dar"
Das Gesundheitsamt Treptow-Köpenick teilt auf Anfrage mit: "Die Zeitspanne des Streiks reicht noch nicht aus, um eine erhöhte Reproduktionsrate der Rattenpopulationen sichtbar zu machen." Es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass dies in 20 bis 25 Tagen anders sein werde. Laut dem Gesundheitsamt stellt der BSR-Streik für die Berliner Bevölkerung ein gesundheitliches Risiko dar.
"Während Ratten selbst für den Menschen nicht direkt schädlich sind, kann ihre Nähe problematisch werden", sagt Jan Kup vom Treptow-Köpenicker Gesundheitsamt. Denn: "Menschen und Ratten leben in denselben städtischen Populationen, wodurch sie die Krankheiten direkt nach Hause zum Menschen bringen." Eine höhere Rattenpopulation in der Nähe von Menschen gehe mit einer erhöhten Krankheitsrate einher.
Laut Kup können die Nagetiere rund 120 Krankheiten übertragen, darunter Salmonellen, SARS, das Hantavirus, Typhus und sogar die Pest. Zudem seien sie auch für die Verbreitung von Tierseuchen wie der Maul- und Klauenseuche, Schweinepest und Geflügelpest verantwortlich.
Warmes Wetter begünstigt Ausbreitung von Ratten
Die Witterung spielt bei der Vermehrung von Ratten eine wesentliche Rolle. Frühling und Sommer bieten hierfür die besten Bedingungen, heißt es aus dem Gesundheitsamt Treptow-Köpenick. Laut einer aktuellen Studie der Universität von Richmond (USA) führen auch die steigenden Temperaturen durch den Klimawandel zur Vermehrung der Rattenpopulationen in den Großstädten.
Bei warmem Wetter verbringen die Menschen zudem mehr Zeit im Freien und hinterlassen dabei blindlings Müll und Essensreste, so Jan Kup. "Das allgemein rücksichtslose Verhalten der Berlinerinnen und Berliner in Bezug auf die Verschmutzung unserer Stadt sind förderliche Faktoren."
So könnten sich junge Rattenpopulationen vermehren und neue Gebiete in der Stadt besiedeln. Der Streik bei der Müllabfuhr trage noch zu diesem Problem bei. Kup sagt: "Alles, was Ratten zugutekommt, ist potenziell schädlich für den Menschen."
Schädlingsbekämpfer: Gift hilft nicht immer gegen Ratten
Bei UNEX Service Klaus G. Hagenlocher in Lichterfelde ist man spezialisiert auf die Bekämpfung von Ratten. Andreas Kühn arbeitet seit 1997 bei der Firma. Bei Rattenbefall rät der Experte unter anderem zu Schlagfallen. "Aber die kann man natürlich nicht draußen aufstellen. Sonst geraten da vielleicht andere Tiere rein", sagt Kühn.
Gift helfe auch nicht immer. "Es gibt Rattengifte, gegen die die Tiere längst immun sind und Resistenzen entwickelt haben, das betrifft Produkte der ersten Generation. Also das, was man zum Beispiel im Bauhaus kaufen kann – das hilft alles nicht", so Kühn. "Das macht die Ratten dick und fett, aber tötet sie nicht ab." Bei Rattenbefall sollten Betroffene auf jeden Fall einen Fachmann hinzuziehen, sonst werde das Problem nur schlimmer.
New York City geht seit gut einem Jahr mit einer neuen Strategie gegen die Ratten in der Stadt vor. Statt in Säcken müssen die Menschen ihren Müll in Containern entsorgen. Vor allem aber: Der Abfall darf frühestens vier Stunden vor der Abholung an die Straße gestellt werden. Das wirkt: Es gibt weniger Rattenbeschwerden, wenn der Müll nicht mehr einen ganzen Tag lang draußen steht. Teilweise sind die Sichtungen im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent zurückgegangen, in einer Pilotzone in Harlem sogar um 55 Prozent.
- Eigene Recherche
- euronews.com: Klimawandel: In diesen Städten vermehren sich die Ratten rasant