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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Einen Ausflug wert Das ist die "Papageiensiedlung" in Berlin

Tief im Südwesten der Hauptstadt liegt ein Juwel, das die Bewohner in Steglitz-Zehlendorf zu schätzen wissen. Doch nicht nur Berliner sollten diesen Ort einmal gesehen haben.
Die auffälligen Häuser im Bauhausstil im Südwesten Berlins sind nicht zu verfehlen. Sie stehen umgeben von Kiefern und eingebettet zwischen Grunewald und Fischtalpark in der Waldsiedlung Zehlendorf – auch bekannt als "Papageiensiedlung". Die Gegend rund um den U-Bahnhof Onkel Toms Hütte ist sowohl für Berliner als auch für Touristen einen Besuch wert.
Die Siedlung entwarf der Architekt Bruno Taut zusammen mit seinen Kollegen Hugo Häring und Otto Rudolf Salvisberg zwischen 1926 und 1932. Sie planten die rund 1.100 Mehrfamilien- und Einfamilienhäuser, die alle eine Gemeinsamkeit haben: die bunten Farben. So sind die Fassaden in Richtung Osten in Gelb- und Grüntönen gehalten, in westlicher Ausrichtung erstrahlen sie in Braun- und Bordeauxtönen.
"Feine Zehlendorfer Bürger zerrissen sich das Maul"
Diese Farben brachten der Gegend den spöttisch gemeinten Spitznamen "Papageiensiedlung" ein. Insbesondere die "feinen Zehlendorfer Bürger" hätten sich damals zunächst das "Maul zerrissen", schreibt der Nachbarschaftsverein Papageiensiedlung. "Wir Bewohnerinnen und Bewohner aber sind stolz auf unsere […] erbauten bunten Häuschen", heißt es weiter. Das bestätigt auch der Senat, der bezüglich des Wohngebiets feststellt: "Inzwischen ist von dem Hohn nichts mehr übrig geblieben." Nicht nur die Bewohner schätzen ihre Wohnungen und Häuser, sondern auch Architektur-Fans, die aus der ganzen Welt zur Besichtigung der Siedlung anreisen.
Die Waldsiedlung Zehlendorf ist ein Beispiel für die Großsiedlungen der Berliner Moderne der 1920er-Jahre. Sie zähle zu den größten Wohnungsbauvorhaben der Weimarer Republik, schrieb Uwe Stäglin seinerzeit. Stäglin ist ehemaliger Bezirksstadtrat für Bauen, Stadtplanung und Naturschutz in Steglitz-Zehlendorf. Er konstatiert: "Unter Architekturkennern galt die Siedlung schon in ihrer Entstehungszeit als mustergültiges Beispiel für den sozialen Wohnungsbau."
Die Architekten Taut, Salvisberg und Häring konzipierten die Gegend unter der Leitung der Gemeinnützigen Heimstätten AG (GEHAG) auf dem damals unbebauten, ausgedehnten Areal am Rande der Großstadt. Dort sollte Baukunst mit einer grünen Umgebung in Einklang gebracht werden und zur Lösung des Problems des Wohnraummangels beitragen.
"Papageiensiedlung" unter Denkmalschutz
Den Nationalsozialismus und den Krieg überstand die Waldsiedlung Zehlendorf weitgehend unbeschadet. In der Nachkriegszeit führten aber bauliche Veränderungen zu einem Verlust architektonischer Qualitäten – insbesondere mit Blick auf die Farbe. "Spätestens seit ihrer Instandsetzung in den 1980er-Jahren mit der Wiederherstellung der Farbigkeit ist die Siedlung auch im öffentlichen Bewusstsein ein Begriff", resümiert Stäglin. Das Markenzeichen der Siedlung war zurück.
Im Jahr 1995 wurde die "Papageiensiedlung" unter Denkmalschutz gestellt. Zudem soll sie Teil der UNESCO-Welterbestätte "Siedlungen der Berliner Moderne" werden. Dafür reichte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen im Februar das Welterbe-Dossier bei der UNESCO in Paris ein.
Selbst Besucher, die mit dem Auto die Siedlung durchqueren, könnten sich Tauts farbiger Architektur nicht entziehen, heißt es im Siedlungskonzept. Und es stimmt: Fährt man etwa die Argentinische Allee entlang, kommt einem eine Vielzahl an Farben entgegen. Ein kleiner Stopp lohnt sich auf jeden Fall.
- Reporter vor Ort
- berlin.de: Waldsiedlung Zehlendorf
- berlin.de: Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen vom 17. Februar 2025
- Landesdenkmalamt Berlin, Untere Denkmalschutzbehörde Steglitz-Zehlendorf: Siedlungskonzept (PDF)
- papageiensiedlung.de: Informationen vom Nachbarschaftsverein Papegeiensiedlung