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Berlin-Tegel: Historischer Tanzsaal fast 60 Jahre über Supermarkt versteckt


58 Jahre versteckt über Billigmarkt
Verschollener Tanzsaal: Vermieter erleidet Rückschlag


17.09.2024Lesedauer: 3 Min.
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Der freigelegte ehemalige Tanzsaal: Was hier entsteht, ist bisher nicht final geklärt.Vergrößern des Bildes
Der freigelegte ehemalige Tanzsaal: Was hier entstehen soll, ist bisher nicht final geklärt. (Quelle: Nils Heidemann)

Ein völlig vergessener Ort in Berlin: Fast 60 Jahre befand sich über der Filiale eines Billigmarktes ungenutzt ein historischer Tanzsaal. Die ersten Pläne zur Weiternutzung des Raums sind nun gescheitert.

Ein Fitnessstudio inklusive Boxring sollte in den historischen Tanzsaal einziehen. Der Mietvertrag war unterschrieben, ein Architekt hatte schon die ersten Pläne für den Umbau erstellt. Doch dann zahlte der Mieter, ein Fitnesstrainer, nicht einmal die erste Miete. "Ich hatte ihm zuvor sogar drei Monate mietfrei gegeben, um ihn zu unterstützen", so der Unternehmer Hamid Djadda. "Jetzt starte ich wieder bei null, wir haben viel Zeit verloren." Was aus dem Raum wird, ist weiter unklar.

Djadda hatte die Immobilie 2013 erworben. Damals fand er heraus, welches Juwel sich über dem Laden in der Buddestraße 13 in Berlin-Tegel befindet. Am 14. März 2024, nachdem der Mietvertrag mit dem Billigmarkt geendet war, ließ er die in den 1960er-Jahren eingezogene Zwischendecke entfernen. Das erste Mal nach 58 Jahren kam der historische Tanzsaal zum Vorschein. Mehr Fotos des Saals sowie Informationen zu der Freilegung und der Historie sehen und lesen Sie hier.

Bereits im Oktober sollte der Betrieb eines Fitnessstudios starten. Doch aufgrund der Umstände hat sich hier nicht viel getan. Djadda hat zwar die Zwischendecke entfernen und Stuckwände freilegen lassen. Für die gesamte Sanierung aber fehlt ihm das Geld. Das müsse der neue Mieter übernehmen.

Die Struktur sei gut erhalten, es seien nur kosmetische Baumaßnahmen erforderlich. "Das sind keine Millionen Euro, die man investieren muss, eher Hunderttausende", sagt Djadda. Für ein solches Projekt sei das nicht viel. "Wenn man ein bisschen Geld in die Hand nimmt und alles wieder richtig schön ist, dann kommen die Kunden und stehen Schlange", so seine Einschätzung.

Djaddas Traumvorstellung von einem neuen Tanzsaal scheitert

Mittlerweile gibt er zu: "Das Fitnessstudio wäre rückblickend nicht ideal gewesen." Djaddas Traumvorstellung sei es immer gewesen, den Festsaal wieder für Partys oder Konzerte zu nutzen.

"Stellen Sie sich vor, Sie feiern hier und wissen, dass die Menschen hier bereits vor 120 Jahren getanzt haben", sagt er. Doch als er auf eigene Faust und in Zusammenarbeit mit den Nachbarn Musik auf voller Lautstärke in dem Saal abspielte, gab es den Dämpfer: "Die Menschen in den Wohnungen haben die Musik laut und deutlich gehört."

Vor kurzem organisierte Djadda deshalb ein Treffen mit einem Experten für Lautstärke-Isolierungen. Doch auch der riet dem Unternehmer von einer solchen Planung ab. Der Traum, den Festsaal wiederbeleben zu können, zerschlug sich. Nun hofft Djadda, dass entweder ein Restaurant, ein Café oder eine Tanzschule, in der nicht bis tief in die Nacht Musik gespielt wird, in dem historischen Saal eröffnet wird.

"Wäre eine Schande, dieses Stück Geschichte zu zerstören"

Auch mit dem Bezirk Reinickendorf steht Djadda in Kontakt. Er habe der Behörde vorgeschlagen, etwa ein Kulturzentrum zu eröffnen. Doch dem Bezirk seien die Hände gebunden. Man habe nicht die nötigen finanziellen Mittel und keinen Bedarf an solchen Räumen, so Djadda. Die moralische Unterstützung sei aber groß.

"Das Bezirksamt befürwortet eine öffentliche Nutzung und unterstützt mit administrativen Mitteln eine möglichst schnelle Rekonstruktion und Wiederinbetriebnahme des Saales", teilt Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU) auf Nachfrage mit.

Bis Ende des Jahres möchte der Unternehmer eine Entscheidung haben: Entweder er findet einen Mieter oder verkauft die Immobilie wieder. Finanziell sei es für ihn ansonsten nicht mehr stemmbar. Das Interesse an dem historischen Ort ist seinen Angaben zufolge generell enorm. Jeden Tag würden Menschen vor den Fenstern stehen und hineinschauen.

"Deshalb wollte ich ihn immer der Öffentlichkeit zugänglich machen und nicht etwa zu teuren Wohnungen umbauen", so Djadda. "Es wäre eine Schande, dieses Stück Geschichte zu zerstören." Doch das wird wohl auch nicht mehr möglich sein: Der Raum steht mittlerweile auf der Liste des Denkmalschutzes.

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit Hamid Djadda im ehemaligen Tanzsaal in Berlin-Tegel
  • Schriftliche Anfrage an den Bezirk Reinickendorf
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