Fahndung nach Straftätern Dutzende Mörder in Berlin auf freiem Fuß
Die Strafe folgt nicht immer sofort: Oft vergehen Monate, bis Kriminelle tatsächlich im Gefängnis landen. Obwohl es um teils schwerste Verbrechen geht.
Tausende verurteilte Straftäter sind in Berlin auf freiem Fuß, weil Haftbefehle nicht vollstreckt werden. In 59 Fällen handelt es sich dabei um Mörder, in 66 um wegen Totschlags verurteilte Menschen (Stand: 1. Juli). Das geht aus der Antwort der Berliner Senatsjustizverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des Linke-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg hervor. Insgesamt sind demnach 8.581 Haftbefehle offen, vor einem Jahr waren es zum selben Zeitpunkt 7.653.
Zudem fahndet die Berliner Polizei nach knapp 1.767 Verdächtigen, die in Untersuchungshaft kommen sollen. 57 von ihnen stehen im Verdacht, jemanden getötet zu haben, und sollen eigentlich im Gefängnis auf ihren Prozess warten. Im vergangenen Jahr waren es etwa ebenso viel (1.761).
Rechtsexperte: Anzahl der offenen Haftbefehle nicht nachvollziehbar
Der rechtspolitische Sprecher Schlüsselburg sprach von einer "alarmierenden" Entwicklung. "Das sind keine guten Nachrichten für den Rechtsstaat." Nicht nachvollziehbar ist für ihn vor allem die hohe Anzahl von Straftätern, wie wegen Mordes oder Totschlags verurteilt worden sind – und trotzdem auf freiem Fuß sind. Dies müsse Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) erklären.
Solange ein Urteil nicht rechtskräftig ist, kann es ein, dass Straftäter nicht sofort ins Gefängnis kommen. CDU-Rechtsexperte Sven Rissmann erklärte der "B.Z.": "Verurteilte Straftäter können zum Beispiel wegen Krankheit nach Hause gehen, oder wenn die U-Haft zeitlich überzogen wurde. Dann gibt es eine schriftliche Ladung zum Haftantritt." Nur bei hochgefährlichen Straftätern würden Zielfahnder angesetzt, nicht aber in jedem Fall.
Die Senatsjustizverwaltung bezieht sich bei den Angaben auf Zahlen eines Fahndungssystems der Polizei. Demnach bestanden zum Stichtag 5.773 Haftbefehle (2023: 5.266) für verurteilte Straftäter länger als ein halbes Jahr. In 1.358 Fällen (2023: 1.417) wird nach Verdächtigen gefahndet, die in Untersuchungshaft kommen sollen.
- Nachrichtenagentur dpa