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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Parkgebühren unterschlagen? Miles unter Betrugsverdacht: "Wäre absolut inakzeptabel"
Miles soll Parkgebühren in Millionenhöhe unterschlagen haben. Im Interview spricht die Grüne Antje Kapek über mögliche Konsequenzen und die Bedeutung des Unternehmens.
Das Berliner Unternehmen Miles ist der größte Carsharing-Anbieter in der Hauptstadt. Miles steht im Verdacht, Parkgebühren in Millionenhöhe unterschlagen zu haben. Antje Kapek, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, spricht im Interview darüber, was eine Verurteilung bedeuten würde und wie wichtig Carsharing für die Verkehrswende in der Stadt ist.
t-online: Frau Kapek, Miles wird vorgeworfen, Parkgebühren in Millionenhöhe unterschlagen zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat mitgeteilt, dass sich der Verdacht erhärtet habe. Wie bewerten Sie das?
Antje Kapek: Erst mal muss ich betonen, dass bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten und Miles verurteilt werden, wäre das Vorgehen des Unternehmens absolut inakzeptabel. Und dann müssten danach auch Konsequenzen gezogen werden. Aber das müssen wir abwarten.
Welche Bedeutung hat Miles für die Verkehrswende in der Stadt?
Verkehrspolitisch ist Carsharing ein sehr wichtiges Angebot. Es erleichtert Menschen die Entscheidung, ihr eigenes Auto abzuschaffen, weil sie so trotzdem bei Bedarf eines nutzen können. Es ist effizienter, weil die Autos so mehr genutzt werden und weniger herumstehen. Das Geschäftsmodell von Miles hat sich dabei im Vergleich zur Konkurrenz als das beste herausgestellt, deshalb sind sie in Berlin mittlerweile sehr dominant.
Zur Person
Antje Kapek ist gebürtige Berlinerin und sitzt seit 2011 für die Grünen im Abgeordnetenhaus. Von 2012 bis 2022 war sie Fraktionsvorsitzende, dann trat sie von diesem Amt zurück. Heute ist sie verkehrspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.
Funktioniert es in der Realität wirklich, dass Menschen wegen Carsharing ihr Auto verkaufen?
Ich als Berlinerin beobachte den Markt schon seit Jahren und nutze auch selbst Carsharing. Es hat sich nach kleinen Anfängen zu einer echten Alternative entwickelt. Es gibt natürlich noch Probleme, etwa mit der Abdeckung in Randbezirken, aber auch das wird schrittweise besser. Wenn ich zu meiner Mutter nach Spandau fahre, kann ich mittlerweile auch ein Miles nehmen. Trotzdem gibt es hier weiterhin Verbesserungsbedarf.
Wie kann die Politik auf Unternehmen einwirken?
Als Stadt kann man bei der Konzessionsvergabe an die Anbieter darauf einwirken, dass die Bereiche möglichst groß sind. Und man kann ihnen Parkplätze günstiger oder kostenlos zur Verfügung stellen. In Berlin ist der Parkdruck in vielen Gegenden aber schon so hoch, dass das nicht so einfach möglich ist. Letztlich muss es sich für die Unternehmen lohnen, und das ist in den Randgebieten der Stadt nicht immer gegeben.
Verkehrspolitisch müssen wir dem öffentlichen Nahverkehr absoluten Vorrang einräumen.
Antje Kapek
Es gibt auch die Idee des kommunalen Carsharings. Braucht Berlin sein eigenes Miles?
Dann könnte man die Regeln selbst machen und alle mitnehmen. Berlin hat schon sein eigenes Miles, das heißt BVG. Damit gelangen die meisten Menschen schon sehr nah an ihre Wohnorte, auch in den Randbezirken. Und verkehrspolitisch müssen wir dem öffentlichen Nahverkehr absoluten Vorrang einräumen. Wenn 90 Menschen in einem Bus unterwegs sind, ist das viel effizienter und umweltverträglicher, als wenn 90 Autos eine Straße blockieren, ob Carsharing oder nicht. An den Orten, wo die Abdeckung mit der BVG nicht gut genug ist, müssen Zwischenlösungen gefunden werden, wie zum Beispiel Rufbus-Systeme.
Danke für das Gespräch.
- Telefonisches Interview mit Antje Kapek