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Berlin: Wird die Hauptstadt durch den Klimawandel bald zur Wüste?


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Klima wie in Südfrankreich
Blick ins Jahr 2100: Wird Berlin zur Wüste?


Aktualisiert am 19.11.2024Lesedauer: 4 Min.
Heißer Tag am Berliner Halensee (Archivbild): Trockenheit im Sommer ist bereits jetzt ein großes Problem.Vergrößern des Bildes
Heißer Tag am Berliner Halensee (Archivbild): Trockenheit im Sommer ist bereits jetzt ein großes Problem. (Quelle: zeitz/imago-images-bilder)

Können Berliner Kinder künftig noch Schneemänner bauen? Wie heiß werden die Sommer? Forscher haben verschiedene Klimawandel-Szenarien für die Hauptstadt berechnet.

Bis zum Jahr 2100 könnte Berlin ein Klima haben wie heute die südfranzösische Stadt Toulouse. Das nimmt das Umweltbundesamt für den Fall an, dass sich die in den vergangenen Jahren beobachteten Trends bis zum Ende des Jahrhunderts fortsetzen. Ob es wirklich so kommt, ist zwar ungewiss. Aber eins ist sicher: Der Klimawandel wird das Leben verändern – und hat es schon getan.

Von 1881 bis 2021 ist es in Deutschland gemäß Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bereits um 1,6 Grad wärmer geworden. Die fünf wärmsten Jahre seit 1881 wurden allesamt nach dem Jahr 2000 registriert.

Und die steigenden Temperaturen sind nur eine der Veränderungen, mit denen die Bürger umzugehen lernen müssen. Hinzu kommen Extremwetterereignisse: Starkregen, Überschwemmungen, Stürme, folgenschwere Hagelschauer und ausgedehnte Dürreperioden. Die dadurch angerichteten wirtschaftlichen Schäden sind immens, die Bundesregierung bezifferte sie 2022 auf mehr als 80 Milliarden Euro.

Sieben Klimaraumtypen: Berlin zählt zu wärmsten Regionen

Der Klimawandel wirkt sich allerdings nicht überall gleich aus. Denn ob Flachland, Gebirge, Küstengebiet oder von kontinentalem Klima geprägte Gegenden – all das hat Einfluss auf die örtlichen Wetterbedingungen und führt dazu, dass der Klimawandel in Berlin andere Folgen hat als in Hamburg oder München.

Für die umfangreiche, vom Umweltbundesamt publizierte Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 haben Forscher sieben verschiedene sogenannte Klimaraumtypen in Deutschland festgestellt. Besonders stark zunehmen werden die Dürreperioden in den Mittelgebirgen. In den Gebirgen kommen sehr stark steigende Durchschnittstemperaturen hinzu. An den Küsten bleibt der zu erwartende Temperaturanstieg moderat, zu kämpfen haben die Menschen vor allem mit mehr Starkregen. Im Nordwesten werden die Veränderungen insgesamt eher durchschnittlich ausfallen. In den trockensten Regionen, zu denen fast ganz Ostdeutschland sowie einige Gebiete im Westen gehören, wird es vor allem heißer, zudem nehmen die Starkregentage deutlich zu. Im Südosten wird es sehr viel mehr Hitzetage geben.

Auch in den schon jetzt wärmsten Regionen (hierzu gehört auch Berlin) wird eine sehr starke Zunahme an Hitzetagen erwartet. Hier steht der größte Anstieg an Tropennächten bevor.

Klimaprojektion auf Landkreisebene: Das erwartet Berlin

Einen noch detaillierteren Blick in die Zukunft erlauben die Daten der Helmholtz-Experten des Climate Service Center Germany (GERICS). Die Forscher haben für alle deutschen Landkreise Zukunftsszenarien mit 85 verschiedenen regionalen Klimamodellsimulationen berechnet. Dadurch lässt sich für Berlin und Umgebung abschätzen, was wohl auf die Einwohner zukommt: In welchem Korridor wird künftig die Durchschnittstemperatur liegen, wie lang werden die Hitzeperioden sein, wie viele tropische Nächte sind zu erwarten, an wie vielen Wintertagen fällt die Temperatur überhaupt noch unter 0 Grad, wie viele Starkregentage sind zu erwarten und wie wird die Dürresituation?

Abhängig davon, wie sich der CO2-Ausstoß in der Zukunft entwickelt, ergeben sich für jede Simulation andere Werte. Unterschieden werden Szenarien für hohe Emissionen (RCP8.5), mittlere Emissionen (RCP4.5) und niedrige Emissionen (RCP2.6).

Berlin schwitzt: Jährlich 19 Hitzetage, siebenmal mehr schwüle Tage

Für Berlin heißt das konkret: Sollte der CO2-Ausstoß in Zukunft nicht sinken, erwarten die mittleren Klimamodellsimulationen einen Temperaturanstieg bis Mitte des Jahrhunderts um zwei Grad und bis Ende des Jahrhunderts sogar um 3,4 Grad. Statt wie im Durchschnitt der Jahre 1971 bis 2000 gäbe es im Worst-Case-Szenario Ende des Jahrhunderts nicht mehr 7,9 Hitzetage mit mehr als 30 Grad im Jahr, sondern 19,1.

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Tropennächte, in denen die Menschen nur schlecht Erholung finden, weil die Temperatur nie unter 20 Grad fällt, gab es im vergangenen Jahrhundert in Berlin noch kaum. Ende des 21. Jahrhunderts müsste man mit fast neun solcher Nächte jedes Jahr rechnen. Und: Hitzewellen mit sechs und mehr Hitzetagen in Folge wären normal.

Drastisch ansteigen würde auch die Zahl der schwülen Tage. Normal waren Ende des vergangenen Jahrhunderts 3,8 solcher warmen Tage mit hoher Luftfeuchtigkeit. 100 Jahre später werden Berliner der Worst-Case-Projektion zufolge jedes Jahr 28 schwüle Tage erleben. Das ist eine enorme Belastung für den Körper. Denn bei hoher Luftfeuchtigkeit ist die natürliche Temperaturregulation gestört: Der Schweiß kann nicht verdunsten, es entsteht keine Verdunstungskühle auf der Haut. Ein Hitzschlag droht.

Dürre im Sommer, kein Schnee im Winter

Die Zahl der Trockentage pro Jahr ändert sich im RCP8.5-Szenario zwar kaum, und die Summe des jährlichen Niederschlags stiege sogar an. Aber Diana Rechid, die beim Climate Service Center Germany die Abteilung für regionalen und lokalen Klimawandel leitet, gibt zu bedenken, dass die Bodentrockenheit nicht nur durch Niederschlag, sondern auch durch Verdunstung bedingt ist.

Dürre wird in Berlin also vor allem ein Problem des Sommers sein, wenn die Hitze die Verdunstung antreibt. Die Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 geht für Berlin außerdem zwar von einer starken Zunahme des durchschnittlichen Niederschlags während der Wintermonate aus, nimmt aber an, dass im Sommer die Zahl der Trockentage zunimmt.

Eistage in Berlin

In Berlin weist die RCP8.5-Projektion für das Ende des 21. Jahrhunderts eine negative Anzahl von Eistagen aus. Der Effekt entsteht dadurch, dass sich eine Klima-Kenngröße im Referenzzeitraum 1971 bis 2000 zwischen Beobachtungen und Klimamodellen unterscheiden kann, wie GERICS-Forscherin Diana Rechid t-online erklärt. Dies habe zwei Ursachen:
"Erstens geben die Modelle nicht den tatsächlich stattgefundenen Ablauf des Wetters wieder, sie können nur die Statistik des Wetters wiedergeben, und weisen daher rein zufällige Unterschiede zu den Beobachtungen auf. Zweitens kann sich die Statistik der Modellergebnisse von den Beobachtungen unterscheiden, wenn einzelne Modelle in einem bestimmten Landkreis z. B. systematisch kälter sind, als die Beobachtungen es zeigen. In den Modellergebnissen selbst gibt es selbstverständlich keine negative Anzahl an Tagen."
Die Summe aus den bisher beobachteten Werten und den zukünftigen Änderungen in den Modelldaten zu bilden, liefere nur einen Anhaltspunkt für das zukünftige Klima, hält Rechid fest.

Schnee in Berlin wird gemäß dem RCP8.5-Szenario Ende des Jahrhunderts kaum noch fallen können – und wenn, dann bleibt er nicht liegen. Die Zahl der sogenannten Frosttage, an denen die Temperatur mindestens einmal unter 0 Grad fällt, wird drastisch sinken. Sogenannte Eistage, an denen die Temperatur permanent unter dem Gefrierpunkt liegt, wird es sogar praktisch gar nicht mehr geben.

Allerdings muss es ja nicht so enden: Für den Fall, dass der Klimaschutz ab jetzt ernst genommen würde und dem auch Taten und umfangreiche Maßnahmen zur CO2-Vermeidung folgten, stiege die Temperatur in Berlin bis Ende des Jahrhunderts nur um 1,2 Grad an und es gäbe nur 2,8 Hitzetage pro Jahr mehr. Die Zahl der Frosttage nähme im optimistischen RCP2.6-Szenario aber immer noch in erheblicher Größenordnung ab – nämlich um 21,9 Tage pro Jahr.

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