Einsatzkräfte vor Silvester-Großeinsatz "Da waren's auch schon drei …"
Nach den Ausschreitungen vor einem Jahr steht Berlin zu Silvester besonders im Fokus. Ab 19 Uhr wird der "Ausnahmezustand" ausgerufen – doch erste Randale gab es schon früher.
Mit einem Großaufgebot bereiten sich Polizei und Feuerwehr in Berlin auf die Silvesternacht vor. Laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik ist es einer der größten Einsätze in den vergangenen Jahrzehnten. Die ohnehin angespannte Situation zum Jahreswechsel hat sich durch den Gaza-Krieg nach dem Terroranschlag der islamistischen Hamas auf Israel noch einmal verschärft. Insgesamt sollen rund 4.500 Polizistinnen und Polizisten in Berlin im Einsatz sein. Sie sollen dabei auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte schützen, die in der Silvesternacht vor einem Jahr massiv angegriffen wurden.
Feuerwehr und andere Hilfsorganisationen wollen mit insgesamt mehr als 1.500 Einsatzkräften aktiv sein. Das sind nach Angaben von Landesbranddirektor Karsten Homrighausen etwa dreimal so viele Kräfte wie üblich. Die Feuerwehr werde am Silvesterabend um 19 Uhr den "Ausnahmezustand Silvester" ausrufen. Das heißt, dass unter anderem in der Leitstelle die Personalstärke erhöht wird: Statt 32 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sollen dort dann 78 tätig sein.
Die Silvesternacht ist nach den Erfahrungen der Feuerwehr die einsatzreichste Nacht des Jahres. Die Helfer rechnen insbesondere in den Bereichen Notfallrettung und Brandbekämpfung mit einem stark erhöhten Notruf- und Einsatzaufkommen. Besonders hohe Gefahr geht von der privaten Verwendung von Feuerwerkskörpern aus.
Berlin: Bereits drei Patienten mit schweren Handverletzungen
Dafür haben sich auch die Berliner Kliniken gerüstet. Das Unfallkrankenhaus (UKB) verstärkt in der Silvesternacht nach eigenen Angaben seine OP-Kapazitäten deutlich. "Unser Team der Handchirurgen macht sich schon warm für den OP-Marathon in dieser Nacht in mehreren OP-Sälen", teilte die Klinik am Sonntag auf der Onlineplattform X (vormals Twitter) mit.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Die Polizei teilte dazu mit, ein 40-Jähriger habe beim Zünden einer Signalrakete im Ortsteil Kaulsdorf eine Hand verloren. Unmittelbar nach der Zündung sei die Rakete in seiner Hand explodiert. Bei einer Durchsuchung sei weitere Pyrotechnik bei ihm gefunden und beschlagnahmt worden.
Ein Mann, der aus einer Waffe Pyrotechnik vom Balkon aus abgefeuert haben soll, löste in Lichtenberg einen SEK-Einsatz aus. Der 33-Jährige wurde laut Polizei am Samstagabend festgenommen. Einsatzkräfte eines Spezialeinsatzkommandos hätten seine Wohnung im 9. Stock eines Hauses im Ortsteil Neu-Hohenschönhausen durchsucht. Dabei seien eine Schreckschusswaffe, ein Gewehr, acht Softairwaffen und dazugehörige Munition sowie ein Messer sichergestellt worden. Hier lesen Sie mehr zu den Hintergründen.
Erste Randale und Angriffe
Auch erste Randale und Angriffe auf Einsatzkräfte beschäftigen die Polizei. In der Nacht brannten im Stadtgebiet mehrere Autos, die Ermittler gehen von Brandstiftung aus. Die Feuerwehr berichtet von neun Einsätzen im Stadtgebiet. Am Freitagabend hatte in Kreuzberg eine etwa 20-köpfige Gruppe unerlaubt Pyrotechnik angezündet und randaliert. Wie die Polizei mitteilte, bedrängte die Gruppe Polizisten, ein Beamter wurde von einem geworfenen Stuhl getroffen.
Weitere Vorfälle registrierten Zivilfahnder und Beamte in Uniform bei Kontrollen in Neukölln. So habe eine Personengruppe am Halleschen Ufer Passanten mit Pyrotechnik beworfen, teilte die Polizei auf X (vormals Twitter) mit. Insgesamt habe es 15 Anzeigen gegeben, 18 Mal sei Pyrotechnik beschlagnahmt worden.
Demonstration in Neukölln verboten
Aus Sorge vor Straftaten verbot die Berliner Polizei eine für die Silvesternacht angemeldete propalästinensische Demonstration in Neukölln. Zwei parallel geplante Gegenkundgebungen zur Unterstützung Israels wurden daraufhin laut Polizei von den Veranstaltern abgesagt.
Am frühen Sonntagnachmittag gab es eine weitere propalästinensische Demonstration am Hermannplatz, die Richtung Kottbusser Tor zog. Dazu kamen laut Polizei etwa 300 Menschen, erwartet worden waren 1.000. Palästinensische Flaggen waren zu sehen, auf Plakaten standen Slogans wie "Kein Silvester für Gaza". Polizisten waren dabei zu sehen, wie sie eine israelfeindliche Schmiererei am Hermannplatz mit Papier abklebten. An der angrenzenden Sonnenallee standen für die Silvesternacht Absperrgitter bereit. Am frühen Nachmittag wirkte die Lage dort ruhig. Einige Läden hatten geöffnet.
Die Polizei hat mehrere Brennpunktbereiche definiert: Dazu zählen Nord-Neukölln und Kreuzberg vom Kottbusser Tor über den Hermannplatz bis fast zur High-Deck-Siedlung am Ende der Sonnenallee. Ein weiterer Brennpunkt-Bereich liegt im Süden Berlins, wo es vor einem Jahr die heftigsten Angriffe auf Feuerwehr und Polizei gab.
- Drei Verbotszonen in der Stadt: Hier darf an Silvester nicht geböllert werden
Zudem gibt es Böllerverbotszonen am Alexanderplatz, im Bereich des Steinmetzkiezes in Schöneberg und auf einem Teil der Sonnenallee sowie in angrenzenden Nebenstraßen. Das Verbot gilt vom Silvesterabend um 18 Uhr bis Neujahr um 6 Uhr.
Auch am Brandenburger Tor ist privates Feuerwerk verboten. Dort steigt wieder die traditionelle Silvesterparty, die das ZDF live überträgt. Erstmals seit der Corona-Pandemie soll es dabei wieder ein Höhenfeuerwerk geben. Für die Feier an dem Berliner Wahrzeichen gelten scharfe Sicherheitsvorkehrungen. Neu ist in diesem Jahr eine Eintrittsgebühr von zehn Euro. Laut Veranstalter können 65.000 Menschen kommen, am Sonntagmittag waren noch Online-Tickets verfügbar. Wegen der strengen Sicherheitskontrollen riet eine Sprecherin, die Tickets vorab zu kaufen.
Busverkehr am Silvesterabend eingeschränkt
Wegen der großen Silvesterparty am Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni werden die Buslinien 106, 187 und N26 umgeleitet. Wegen der Feier halten auch die U-Bahnline 5 sowie mehrere S-Bahnlinien ab 16.00 Uhr nicht mehr an den Haltestellen Brandenburger Tor und Bundestag, wie die Verkehrsinformationszentrale mitteilte.
Fahrgäste müssen sich aber auch auf Einschränkungen in Kreuzberg und Neukölln einstellen. Nach Angaben der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) werden aus Sicherheitsgründen zahlreiche Haltestellen entlang der Sonnenallee und Richtung Hermannplatz nicht bedient. Das Unternehmen entscheide über das Angebot in der Silvesternacht in enger Absprache mit der Polizei, erklärte ein BVG-Sprecher.
In der Silvesternacht 2022/2023 hatte es bundesweit Ausschreitungen und Angriffe auf Polizisten sowie Rettungskräfte gegeben, besonders betroffen war Berlin. Insgesamt wurden in der Silvesternacht in Berlin etwa 145 Menschen wegen verschiedener Delikte von der Polizei festgenommen. Das bezog sich aber auf alle Formen von Kriminalität und das ganze Stadtgebiet und nicht nur auf Angriffe auf die Einsatzkräfte. Diese Zahl war zum Teil anfangs von der Polizei missverständlich mitgeteilt oder in der Debatte falsch zugeordnet worden.
- Nachrichtenagentur dpa