Flucht und Migration Berliner Koalition lehnt generellen Abschiebestopp im Winter ab
Abgelehnte Asylbewerber können laut CDU und SPD auch im Winter abgeschoben werden. Berlin diskutiert weiterhin über den Umgang mit solchen Fällen.
Im Berliner Abgeordnetenhaus hat die schwarz-rote Koalition die Forderungen der Linken nach einem sofortigen Winterabschiebestopp für alle abgelehnten Asylbewerber zurückgewiesen. Eine solche Forderung sei "schlichtweg Unfug", sagte der CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger am Donnerstag in einer Parlamentsdebatte.
Er erinnerte an die Rechtslage, wonach einen Schutzstatus in Deutschland nur Menschen genießen, die in ihren Heimatstaaten politisch verfolgt werden. Eine Abschiebung derjenigen, die nicht schutzbedürftig seien, sei rechtlich ausdrücklich vorgesehen.
Geringe Anerkennungsquote
Die Anerkennungsquote von Asylbewerbern aus Staaten wie Moldau, Georgien, dem Kosovo oder Nordmazedonien liege seit Jahren unter einem Prozent. Bei Menschen aus Algerien, Tunesien oder Marokko sei sie ebenfalls sehr gering. Außerdem gebe es keinen Grund, abgelehnte Asylbewerber zum Beispiel aus Eritrea, Guinea, Elfenbeinküste oder Nigeria im Winter nicht abzuschieben: Dort herrschten zu der Jahreszeit "warme oder heiße Temperaturen". "Wir werden die Ausreisepflicht konsequent durchsetzen, und wir werden dabei die gesetzlich verbrieften Rechte der Humanität wahren", sagte Dregger.
SPD-Politiker Martin Matz verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem steht: "Im Winter soll auf Abschiebungen verzichtet werden, wenn Witterungsverhältnisse dies humanitär gebieten." Er gehe davon aus, dass zur Umsetzung in den nächsten Tagen eine Regelung gefunden werde, "die dem Gesetz und der Humanität Rechnung trägt". Sie sollte nach seiner Einschätzung für Dezember bis Februar gelten. Einen pauschalen Abschiebestopp für alle werde es nicht geben, Derartiges sei auch in den Vorjahren nicht beschlossen worden.
Drohungen in Herkunftsländern
Der Linken-Politiker Ferat Koçak argumentierte, ein Abschiebestopp sei aus humanitären und politischen Gründen geboten. In manchen Herkunftsländern drohe Rückkehrern bei Kälte Obdachlosigkeit, und in manchen vermeintlich sicheren Staaten Verfolgung und Diskriminierung.
Über einen Winterabschiebestopp muss der Senat befinden. Eine gemeinsame Linie in der Frage war dort zuletzt nicht erkennbar. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte in einem Interview vor Kurzem gesagt, man müsse mit der SPD darüber sprechen, ob sich Berlin einen Winterabschiebestopp angesichts hoher Zugangszahlen und fehlender Unterkünfte für Geflüchtete noch leisten könne.
Berlin und andere Bundesländer
Die Zahl der Asylbewerber ist in der Hauptstadt im ersten Halbjahr um mehr als 50 Prozent gestiegen. Bis Ende Juni wurden 7.473 ankommende Flüchtlinge als Asylsuchende registriert, nach 4.864 im Vorjahreszeitraum.
Im Jahr 2022 wurden in Berlin insgesamt 14.667 Asylanträge gestellt. Das entspricht rund 7 Prozent aller in Deutschland gestellten Erstanträge auf Asyl. Damit liegt Berlin im Ländervergleich auf Platz 6 der Bundesländer mit den meisten Erstanträgen, hinter Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- rbb24.de: "Zahl der Asylbewerber in Berlin um mehr als 50 Prozent gestiegen"
- bamf.de: "Das Bundesamt in Zahlen 2022"
- mediendienst-integration.de: "Migration und politische Teilhabe in Berlin"