Auftraggeber sind entsetzt Berlin verbietet Vermisstenanzeigen für Hamas-Geiseln
Medienmacher wollten auf digitalen Werbeflächen in Berlin Vermisstenanzeigen für entführte Geiseln aus Israel zeigen. Die Verwaltung untersagte dies.
David Harnasch hatte im Namen seines Journalisten-Blogs Salonkolumnisten dem Berliner Werbeflächen-Vermarkter Wall AG einen besonderen Auftrag erteilt – der nun abgelehnt wurde. Auf öffentlichen Plakatwänden, die in Berlin unter anderem an Bahnhöfen zu sehen sind, sollten israelische Hamas-Geiseln zu sehen sein. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" darüber berichtet.
Die Screens sollten 200 Israelis zeigen, die nach dem Angriff der Hamas auf Israel von der Terrororganisation entführt worden waren – darunter Ehepaare, Kinder und Babys. Die Vermisstenanzeigen wären mit der Bitte verbunden, dabei zu helfen, die Entführten "lebendig nach Hause zu bringen".
"Gefahr einer konfliktverschärfenden Wirkung"
In dem E-Mail-Verlauf, der t-online vorliegt, fällt die Antwort von Wall kurz aus: Man werde die Motive nicht auf die Bildschirme bringen. Die Vertragspartner des Unternehmens hätten dies untersagt.
Die Vertragspartner der Wall AG – das sind das Land Berlin und die Berliner Verkehrsbetriebe BVG. Anzeigen mit "politischem" Inhalt muss die Firma ihnen zur Genehmigung vorlegen.
"Die Gefahr einer konfliktverschärfenden Wirkung mit Folgen für die öffentliche Sicherheit, sowie das Risiko für die Werbeanlagen und letztlich damit auch für die Firma Wall sind zu groß", erklärte eine Sprecherin der Berliner Verkehrsverwaltung dem "Tagesspiegel" den Grund für die Ablehnung.
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Die Stadt kapituliere vor Pro-Palästina-Aktivisten
An der Forderung, die Geiseln "lebendig nach Hause zu bringen", sei nichts politisch. Es sei "eine fundamentale Geste der Menschlichkeit", wendet Harnasch ein. Jan-Philipp Hein, der wie Harnasch Mitbegründer des Journalistenblogs Salonkolumnist ist, reagierte auf Anfrage von t-online auf die Entscheidung der Stadt.
"Wenn die BVG – und damit wir Berliner als Gesellschafter – vor der latenten Gewalt der Hamas-Supporter in unserer Stadt zurückweichen, verraten wir die gerade akut bedrohten Juden. Gerade jetzt sind klare Handlungen nötig", so Hein.
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel haben zahlreiche Politiker den Judenhass, der sich auch auf den Straßen Berlins entlädt, scharf verurteilt und Konsequenzen gefordert. Lesen Sie hier alle Entwicklungen zu den pro-palästinensischen Protesten in Berlin.
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Die Regierungssprecher würden leere Versprechungen machen, sagt Hein. Man lasse "antisemitische Mobs auf Plätzen in Berlin und Deutschland" gewähren, während eine Anzeigenreihe verboten werde. "Die Veröffentlichung der Plakatserie wäre eine kleine Geste. Wenn noch nicht einmal das möglich ist, sind alle Worte der Solidarität und Betroffenheit wertlos", sagt Hein.
Bei dem Terrorangriff der im Gazastreifen herrschenden Terrororganisation Hamas wurden am Tag des Angriffs auf Israel und in den folgenden Tagen 1.400 Israelis getötet. Bei den anschließenden Luftangriffen der israelischen Armee auf den Gazastreifen starben nach palästinensischen Angaben seitdem Tausende Menschen. Alle Entwicklungen im Newsblog.
- checkpoint.tagesspiegel.de: "Verkehrsverwaltung verbietet Wall AG das Aufhängen von Vermisstenanzeigen für israelische Hamas-Geiseln"
- Schriftliche Antwort von Jan-Philipp Hein von den Salonkolumnisten