Zwei Schwestern verrieten Dienstgeheimnisse Attila Hildmann – Strafbefehle gegen Staatsanwalts-Mitarbeiterinnen
Zwei Schwestern hatten den rechtsradikalen Verschwörungserzähler Attila Hildmann gewarnt. Bevor ein Haftbefehl vollstreckt werden konnte, war er schon untergetaucht.
Die Verräterinnen arbeiteten bei der Justiz, es waren zwei Schwestern: Eine war als IT-Administratorin bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin angestellt, die andere kopierte als reproduktionstechnische Fachkraft Akten für die Staatsanwaltschaft.
Beide erhielten nun Strafbefehle, weil sie Dienstgeheimnisse an den Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann weitergegeben haben sollen. Hildmann, der sich als "ultrarechts" bezeichnet, hatte 2020 unter anderem dem ehemaligen Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck gedroht, ihn durch "Eiereintreten" zu töten. Er wolle die Todesstrafe in Deutschland einführen, sagte Hildmann bei einer Kundgebung gegen Corona-Maßnahmen vor dem Berliner Olympia-Stadion.
Attila Hildmann: "Haftbefehl ist draußen"
Wegen mehr als 1.000 solcher und ähnlicher Äußerungen ermittelte die Justiz gegen den antisemitischen Verschwörungserzähler. Aber es gab offenbar auch Hildmann-Fans in den eigenen Reihen. Bevor im Februar 2021 ein Haftbefehl gegen den ehemaligen Koch vollstreckt werden konnte, schrieb dieser bereits selbst bei Telegram: "Haftbefehl ist draußen."
Dass es eine undichte Stelle innerhalb der Behörde gab und gegen eine 33-jährige IT-Mitarbeiterin Ermittlungen liefen, war bereits seit Längerem klar. Jetzt informierte die Staatsanwaltschaft darüber, dass auch die 35-jährige Schwester dieser Frau Hildmann Informationen zugeschanzt haben soll.
IT-Administratorin der Generalstaatsanwaltschaft Berlin nutzte Homeoffice‑Laptop
Wie die Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte, habe das Amtsgericht Tiergarten gegen beide Frauen mittlerweile auf Antrag der Staatsanwaltschaft Berlin Strafbefehle wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen erlassen.
Bereits am 2. November 2020 vormittags soll die IT-Mitarbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft demnach über ihren Homeoffice‑Laptop im Registratursystem abgefragt haben, welche Verfahren gegen Hildmann geführt wurden. Per Messenger sandte sie ihm dann die Aufstellung und bot ihm an, ihn auf dem Laufenden zu halten.
Schwester fotografierte Haftbefehl
Am 18. oder 19. Februar 2021 soll sie Hildmann und einen weiteren, bisher unbekannt gebliebenen Telegram-Nutzer über den erlassenen Haftbefehl informiert haben. Ihre für Kopierarbeiten angestellte Schwester soll laut Staatsanwaltschaft wenige Tage später, am 23. Februar 2021, bei einem entsprechenden Kopierauftrag die Gelegenheit genutzt haben, den Haftbefehl in Hildmanns Akte zu fotografieren und ihm zu schicken.
Beide Schwestern wurden nach Bekanntwerden der Vorwürfe vom Dienst freigestellt und sind mittlerweile nicht mehr für die Strafverfolgungsbehörden tätig. Die Strafbefehle – Urteile ohne mündliche Verhandlung – sind noch nicht rechtskräftig. Gegen die ehemalige IT-Mitarbeiterin wurden 180 Tagessätze zu je 15 Euro beantragt, dies wären 2.700 Euro. Gegen die Schwester wurden 70 Tagessätze zu je 50 Euro, also 3.500 Euro, Strafe beantragt.
Hildmann ist seit Ende Dezember 2020 auf der Flucht und hält sich in der Türkei versteckt. Zunächst hieß es, der Haftbefehl gegen Hildmann könne nicht vollstreckt werden, weil er auch die türkische Staatsbürgerschaft besäße. Inzwischen ist aber klar, dass er nur die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und nach Deutschland ausgeliefert werden könnte. Dafür müsste jedoch ein Auslieferungsgesuch durch die Bundesregierung an die Türkei gestellt werden.
- berlin.de: Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 17. April 2023
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- spiegel.de: "Geheimnisverrat an Attila Hildmann – Staatsanwaltschaft beantragt Strafbefehl gegen Justizmitarbeiterin"