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Berlin-Wahlwiederholung | Wer jetzt die Hauptstadt regieren könnte


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Berlin-Wahl
Wer die Hauptstadt jetzt regieren könnte


Aktualisiert am 13.02.2023Lesedauer: 5 Min.
Bettina Jarasch (Grüne), Kai Wegner (CDU), Franziska Giffey (SPD): Wer wird Berlin regieren?Vergrößern des Bildes
Bettina Jarasch (Grüne), Kai Wegner (CDU), Franziska Giffey (SPD): Wer wird Berlin regieren? (Quelle: IMAGO/Frederic Kern)
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Wechselstimmung in der Hauptstadt: SPD, Grüne und Linke erleiden bei der Berlin-Wahl eine Schlappe, die CDU triumphiert. Trotzdem könnte nun alles beim Alten bleiben.

Der Krimi am Wahlabend ist beendet, das vorläufige Endergebnis der Berlin-Wahl steht fest: Die CDU siegt haushoch und gewinnt mit 28,2 Prozent die Wahl. Die SPD landet gemeinsam mit den Grünen dahinter. Beide Parteien vereinen jeweils 18,4 Prozent auf sich – wobei die Sozialdemokraten nach derzeitigem Stand 105 Stimmen Vorsprung haben.

Die Linke verliert spürbar an Zustimmung und geht mit einem Stimmenanteil von 12,2 Prozent aus der Wahl, die AfD gewinnt dazu und kommt auf 9,1 Prozent. Sicher nicht mehr dabei im Berliner Abgeordnetenhaus ist die FDP, die mit 4,6 Prozent an der Fünfprozenthürde scheitert.

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Jetzt beginnt der Machtpoker: Die CDU und ihr Spitzenkandidat Kai Wegner beanspruchen das Rote Rathaus für sich. Sie könnten mit der SPD eine große Koalition bilden, ebenso möglich ist auch ein schwarz-grünes Bündnis. Schon für Montagabend hat Wegner dafür zu ersten Sondierungsgesprächen eingeladen. Zugleich ist aber auch die Fortsetzung der Koalition von SPD, Grünen und Linken weiter möglich.

Was ist wie wahrscheinlich? Und welche Hürden ergeben sich für die Parteien im Falle einer Koalition? t-online macht den Koalitionscheck.

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Schwarz-Grün: Fast ausgeschlossen

Keine Koalition gibt es auf Landesebene öfter: Mit Nordrhein-Westfalen, Hessen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg regieren Konservative und Grüne derzeit vier Bundesländer gemeinsam – und das größtenteils erfolgreich und geräuschlos.

Das Bündnis hat sich bewährt. Die einst traditionellen Aversionen sind vielerorts Geschichte, nicht zuletzt, weil sich die Grünen längst zu einer pragmatischen Partei entwickelt haben, die mit ihrem Realo-Kurs eine breite Wählerschaft der Mitte anspricht und damit auch zur CDU passt.

Größte Ausnahme: Berlin. Hier dominiert bei den Grünen der linke Parteiflügel, zuletzt hat er sogar noch zusätzlich an Gewicht gewonnen. Und so standen sich im Wahlkampf vor allem in der Verkehrspolitik Ökos und Konservative als Antipoden gegenüber: Die Grünen wollen jeden vierten Parkplatz in der Stadt abschaffen, die CDU plakatierte: "Berlin ist für alle da. Auch für Autofahrer".

Allein in diesem für einen Stadtstaat so wichtigen Punkt übereinzukommen, gilt deshalb als äußerst schwierig. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner sagte dem "Tagesspiegel" vor der Wahl: "Was die Grünen und Frau Jarasch im Wahlkampf fordern, gerade auch in der Verkehrspolitik, ist mit mir nicht zu machen." Umgekehrt sagte die Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, am Tag nach der Wahl: "Es gibt bei den Grünen kein Bündnis ohne Mobilitäts- und Wärmewende, ohne Berlin wirklich klimaneutral umzubauen und ohne echten Mieterschutz."

Damit dürfte feststehen: Der Weg, den Grüne und CDU zurücklegen müssten, um zueinander zu finden, ist der wohl weiteste. Ein Bündnis gilt deshalb als fast ausgeschlossen.

Große Koalition: Eher unwahrscheinlich

Die SPD abgestraft wie nie zuvor, die CDU so stark wie seit 20 Jahren nicht: Auch Franziska Giffey (SPD) gestand am Sonntagabend ein, dass das Ergebnis dieser Wahl eigentlich Veränderung erfordert. "Wir müssen ganz klar sehen: Die Berlinerinnen und Berliner sind nicht zufrieden mit dem, wie es jetzt ist", sagte die Noch-Regierende-Bürgermeisterin. "Sie wünschen sich, dass Dinge anders werden."

Dem Wahlergebnis entsprechen würde nach reiner Logik der Zahlen am ehesten ein Bündnis aus der erstplatzierten CDU und der – gegenüber den Grünen sehr knapp – zweitplatzierten SPD. Giffey würde das Amt der Regierenden Bürgermeisterin in dieser Koalition an CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner verlieren. Es wäre die Konsequenz aus der harten Klatsche für die SPD – sie würde in Zukunft als Juniorpartner eine kleinere Rolle einnehmen.

Gegen das Bündnis sprechen vor allem zwei Gründe: Erstens sind die Hürden zwischen CDU und SPD am Verhandlungstisch hoch. Der starke linke Flügel der Berliner SPD lehnt ein Bündnis mit der CDU traditionell ab. Eine Haltung, die durch den harten Kurs der Christdemokraten nach den Silvesterkrawallen weiter bestärkt wurde. Am Sonntagabend betonte auch Giffey: Integration sowie Verkehr seien zwei Felder, auf denen es schwer werde, mit der CDU zusammenzukommen.

Zweitens ist trotz allen Worten von Veränderung die Bereitschaft der SPD gering, das Rote Rathaus zu räumen. Giffey präferiert weiterhin eine Lösung, in der sie selbst an der Macht bleibt. In ihrem Landesverband regt sich dagegen Protest, nicht nur ein stellvertretender Landeschef fordert einen "Neuanfang". Trotz der empfindlichen Verluste ihrer Partei scheint Giffey aber die Bundesspitze hinter sich zu haben. So kündigte SPD-Chef Lars Klingbeil am Montagmorgen zwar Gespräche mit der CDU an, warb aber vor allem um Giffey als Regierungschefin auch in der neuen Regierung. "Sie ist die Richtige", so Klingbeil.

Und auch Franziska Giffey kündigt den Weg, der vom Zweierbündnis mit der CDU wegführt, bereits am Sonntag auf der Bühne an: "Wir haben nur ein Jahr Zeit gehabt, um auch Weichen zu stellen, damit Dinge anders werden können", sagt sie. "Ein Jahr ist kurz, wenn man drei Krisen gleichzeitig bewältigt." Ihr Narrativ wird wohl sein: Die Veränderung, die die Berliner wollen, bringt die SPD unter ihrer Führung eben doch – es ist nur eine Frage der Zeit.

Rot-Grün-Rot: Die Zeichen stehen auf Weiter-so

Bleibt als letzte Option die Fortführung der bestehenden Koalition. Denn auch, wenn die CDU der eindeutige Sieger der Wahl ist, wird sie für eine Regierungsmehrheit nicht gebraucht. Rechnerisch können SPD, Grüne und Linke die aktuelle Koalition auch fortsetzen – was derzeit als die wahrscheinlichste Option gilt.

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Am Wahlabend sowie am Montagmorgen betonten sowohl Regierungschefin Giffey als auch Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch: Wer regieren will, muss Mehrheiten hinter sich vereinen. Übersetzt heißt das: Einen Regierungsautomatismus für die CDU gibt es nicht, trotz allem Streit um die Verkehrspolitik können wir uns ein Weiter-so gut vorstellen. Die CDU würde dann vom Sieger zum Verlierer.

Die Linke wäre bei einem solchen Weiter-so-Bündnis sowieso dabei, sie hat keine andere Machtoption. Entscheidend für diesen Ausgang des Koalitionspokers dürfte am Ende sein, dass es bei dem hauchdünnen Vorsprung der SPD vor den Grünen bleibt. Deutlich formulierte das Giffey schon am Sonntagabend: "Wenn wir die Möglichkeit haben, ein Bündnis unter Führung der SPD zu bilden, dann ist das unsere Priorität."

Sollte ein mögliches Nachzählen der Stimmzettel die aktuelle Reihenfolge bestätigen, könnte Giffey rechtfertigen, dass sie weiter Regierende Bürgermeisterin bliebe – was nicht zuletzt auch ihr eigenes politisches Überleben sichern würde.

Die Grünen könnten in diesem Fall eine Neuverteilung der Senatsposten einfordern und der Linken etwa den Posten der Justizsenatorin abknöpfen, auf dem die Partei ohnehin umstritten ist. Zugleich müssten sie sich in diesem Fall gerade in Fragen der Verkehrspolitik nicht so stark verbiegen wie in einer Koalition mit der Union. Das Zweierbündnis würde zwar mehr Macht, aber eben auch mehr Ärger mit der eigenen Partei bedeuten.

Anders sieht es aus, sollte sich das Kopf-an-Kopf-Rennen noch einmal drehen: Kommt bei einer möglichen Nachzählung heraus, dass die Grünen vor der SPD liegen, könnte Jarasch ihrer Partei kaum erklären, dass sie nicht Regierungschefin einer dann grün-rot-roten Koalition werden will.

In diesem Fall wiederum müsste sich auch die SPD gut überlegen, ob sie Juniorpartner in einer Dreier-Koalition werden will – oder sich doch lieber der CDU andient. Vorteil der zweiten Variante: Die zehn Landesministerien samt aller Mitarbeiterstellen müssten sich dann nur zwei Parteien teilen, der Einfluss der SPD wäre größer.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Live-Berichterstattung von den Wahlpartys der Berliner Parteien
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