Polizeigewerkschaft Viele Silvester-Täter aus "Migrantenmilieu"
Viele Gewalttäter in der Silvesternacht seien aus dem "Migrantenmilieu", so der Chef einer Polizeigewerkschaft. An der Einschätzung gibt es scharfe Kritik.
Etliche verletzte Polizisten, über hundert Festnahmen: In der Berliner Silvesternacht kam es teilweise zu Ausschreitungen und Gewalt gegen Einsatzkräfte. Während die Ermittlungen zur Silvesternacht andauern, erklärte der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, viele der Angreifer stammten aus dem "Migrantenmilieu". Dies teilte er im Gespräch mit "Focus Online" mit.
Gegenüber "Focus Online" forderte Wendt eine Untersuchung hinsichtlich der Herkunft der Täter. Der Gewerkschaftschef sagte dem Portal, dass bei vielen Einsatzkräften der Eindruck vorherrsche, dass "Gruppen junger Männer mit Migrationshintergrund bei diesen Ausschreitungen weit überrepräsentiert" seien. Ihm sei von Einsatzkräften berichtet worden, dass die Täter der Silvesternacht "augenscheinlich zum großen Teil aus 'Migrantenmilieus' kommen."
Über den Jahreswechsel waren Polizei und Feuerwehr in der Hauptstadt bei fast 4.000 Einsätzen gefordert – dabei wurden sie in zahlreichen Fällen etwa mit Böllern und Raketen angegriffen. Die Feuerwehr dokumentierte nach eigenen Angaben bei mindestens 38 Einsätzen Angriffe. 15 Mitarbeiter seien dabei verletzt worden.
Bei der Polizei waren es 18 Verletzte. In einer vorläufigen Bilanz sprach die Feuerwehr zudem von mehr als 20 verletzten Bürgern. Am Montag meldete die Polizei zudem weitere Zwischenfälle, bei denen Einsatzkräfte mit Feuerwerk beschossen worden sein sollen – in Kreuzberg sowie in Neukölln.
Berliner Polizei: "Noch haben wir nicht alle Täter"
Es müssten laut Wendt "die tatsächlichen Feststellungen exakt analysiert und genannt werden." Das müsse laut dem Gewerkschafter auch darüber hinausgehen, ob jemand die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt oder nicht. Nur so könne sichergestellt werden, dass rechte Populisten die Eindrücke der Beamten nicht zu ihren Zwecken verwenden, zitiert das Medium Wendt.
Der Polizeigewerkschafter Wendt steht jedoch immer wieder wegen seiner Aussagen in der Kritik. Auch gibt es den Vorwurf, er grenze sich nicht genug von Rassismus ab.
Der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Benjamin Jendro, verurteilte die Aussagen Wendts im Gespräch mit t-online scharf. "Wendt soll aufhören mit seinen populistischen Aussagen. Ich glaube an den Rechtsstaat, der soll ermitteln", so Jendro. "Wir wissen in vielen Fällen nicht, wer die Täter waren. Außerdem darf man sich nicht von Äußerem blenden lassen." Eine weitere Spitze ließ sich Jendro gegenüber dem DPolG-Chef nicht nehmen: "Wenn Wendt genauere Kenntnisse zu den Tätern hat, soll er bitte zur nächsten Polizeidienststelle gehen und als Zeuge fungieren."
"Wendt soll aufhören mit seinen populistischen Aussagen"
Die Berliner Polizei konnte Wendts Aussagen indes nicht bestätigen. Das teilte eine Sprecherin auf Anfrage von t-online mit. "Es handelt sich noch um laufende Ermittlungen", so die Sprecherin. "Außerdem haben wir ja noch nicht alle Täter." Insgesamt wurden in der Silvesternacht 103 Personen festgenommen. Diese seien allerdings nur nach Geschlecht statistisch erfasst, nicht nach Herkunft oder Migrationshintergrund, so die Sprecherin.
Der Psychologe Ahmad Mansour sieht die Täterproblematik indes ähnlich wie Wendt. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte er: "Wir haben es mit einer Gruppe zu tun, die nicht integriert ist, die nicht angekommen in dieser Gesellschaft ist. Eine Gruppe, die die Polizei und den Rechtsstaat teilweise verachtet und ablehnt." Seinen Beobachtungen zufolge seien in der Hauptstadt unter den Angreifern junge Menschen mit Migrationshinterhintergrund, aber auch Flüchtlinge gewesen.
- "focus.de": Silvester-Krawalle in BerlinViele brutale Böller-Angreifer laut Polizei aus dem "Migrantenmilieu“
- Anfrage bei der Berliner Polizei
- Interview mit Benjamin Jendro
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa