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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wertvoller Oldtimer Willy Brandts Auto gestohlen: Neuer Besitzer wegen Polizei verärgert
Ein Auto mit Geschichte – und es ist weg. Ein Oldtimer aus dem Fuhrpark von Willy Brandt ist gestohlen worden. Und sein heutiger Besitzer sauer. Aber nicht nur auf die Diebe.
So ein Schmuckstück mit einer solchen Geschichte ist auch für einen Oldtimer-Liebhaber wie Sebastian Rother etwas ganz Besonderes: Mercedes 280, Baujahr 1972. Erstbesitzer: die Berliner SPD, geführt von Kanzler Willy Brandt. Und nun ist der Wagen weg, gestohlen mitten in der Nacht. Und Rother ist sauer.
Aber von vorne: Rother, der den Oldtimer-Verleih "Klassik Künstler" in Nordrhein-Westfalen betreibt, entdeckt vor vier Jahren den Wagen und kauft ihn. Ein Wagen, in dem wohl auch mal Willy Brandt saß – damit dürften Rothers Kunden doch sicher gerne eine Runde drehen. Doch der Klassiker braucht eine Erneuerung: Der 35-Jährige lässt den Oldtimer generalüberholen, steckt in den Mercedes rund zwei Jahre Zeit und 25.000 Euro.
Wagen von Willy Brandt seit Monaten vermisst
Dann ist es soweit: "Willys Wagen", wie ihn die "B.Z." tauft, die zuerst über den Fall berichtete, rollt wieder – und Rother nimmt ihn mit nach Berlin. Dorthin will er ohnehin ziehen, und Brandts Oberklasse-Limousine vor dem Brandenburger Tor? Für Rother ein tolles Werbefoto. Nach den Fotos, von denen er auch eins t-online zur Verfügung stellt, wird der Oldtimer in der Oldenburgallee im Westend geparkt – wo er jedoch eine unsichere Nacht verbringen wird.
Am nächsten Morgen, da ist es Ende April, ist der Wagen weg. Und Rother ist sauer: Er schätzt den Wert des Oldtimers auf etwa 45.000 Euro, aber: "Der ideelle Wert mit dieser Geschichte ist kaum zu beziffern." Rother tut nun das, was man eben so tut, wenn einem in Berlin das Auto gestohlen wird. Er geht zur Polizei – und hofft, dass die Beamten ihm helfen können.
Stattdessen wird dort bald gegen Rother ermittelt, was für ihn der eigentliche Skandal ist – nicht der Autodiebstahl. Denn nach dem Diebstahl des Mercedes lässt Rother den Wagen direkt Anfang Mai abmelden. Anfang Dezember, vor wenigen Tagen also, kommen dann auch zwei Briefe aus Berlin – mit schlechten Nachrichten.
Oldtimer-Diebstahl in Berlin: Besitzer verärgert
Im ersten Schreiben erklärt ihm die Berliner Staatsanwaltschaft, dass das Verfahren wegen des Diebstahls seines Oldtimers eingestellt worden sei. Und im zweiten Brief fordert die Bußgeldstelle 55 Euro von Rother – schließlich habe "Willys Wagen" am 7. Juni 2022 um 15.08 Uhr im absoluten Halteverbot im Stadtteil Siemensstadt geparkt. Genau, rund fünf Wochen also, nachdem Rother den Wagen bei der Polizei als gestohlen und dann auch abgemeldet hatte.
Im Telefonat mit t-online ärgert er sich über das Vorgehen der Bußgeldstelle: "Wenn's um den Einzug von Knöllchen geht, dann wird das mit voller Vehemenz nachverfolgt. Aber die Suche nach dem Wagen wurde eingestellt."
Er kann sich nicht erklären, wieso vor dem Bußgeldbescheid kein Abgleich mit dem Kraftfahrtbundesamt in Flensburg erfolgt ist. So hätte man in Berlin doch leicht feststellen können, dass Rother mit "Willys Wagen" schon lange nicht mehr durch die Straßen der Hauptstadt rollt. Digitalisierung, Big Data – darüber würde immer viel geredet, meint Rother.
Aber ein tatsächlicher Austausch zwischen Berliner Polizei, der Bußgeldstelle und der dritten Behörde in Flensburg? Der sei noch in weiter Ferne, fürchtet er. Ganz so wie "Willys Wagen", der weiterhin spurlos verschwunden ist.
Hinweis der Redaktion: Wenn Sie den fraglichen Oldtimer gesehen haben, melden Sie sich gerne bei t-online: sdp-redaktion@stroeer.de. Diesen Weg hat Sebastian Rother vorgeschlagen.
- Telefonat mit Sebastian Rothe
- bz-berlin.de: "Willy Brandts Wagen weg, aber Strafzettel da ..."