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Stephan von Dassel: Wie ein Grüner die eigene Partei demontiert


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Berliner Filz bei den Grünen
Wie ein Bürgermeister die eigene Partei demontiert

MeinungEin Kommentar von Antje Hildebrandt, Berlin

Aktualisiert am 27.08.2022Lesedauer: 3 Min.
Stephan von DasselVergrößern des Bildes
Schadet seiner Partei mit seiner Weigerung, zurückzutreten: Stephan von Dassel (Grüne), Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte. (Quelle: Sven Braun/Archiv/dpa)

Der Berliner Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel weigert sich, nach Bestechungsvorwürfen zurückzutreten. Und seine Ausflüchte sind durchschaubar.

Ist das furchtbar dumm, als Bürgermeister mit einem abgelehnten Bewerber über ein Schweigegeld von über 16.000 Euro zu verhandeln, damit der nicht dagegen klagt, dass der Job schon unter der Hand an einen Parteifreund weggegangen ist? Oder ist es einfach nur skrupellos? Die Frage mag jeder für sich beantworten. Eines aber steht fest: Was sich der Grünen- Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte geleistet haben soll, ist Grund für einen sofortigen Rücktritt.

Und dass es jetzt ausgerechnet ein Politiker der Grünen ist, der wegen Vetternwirtschaft aufgeflogen ist, macht den Fall so brisant. Im rot-rot-grün-regierten Berlin hat sich die Partei den Ruf erworben, sie sei die Speerspitze der "Woken". Ein Politiker, der Schmiergeld anbietet, um zu verdecken, dass er die Richtlinien der Stellenvergabe ausgehebelt hat, passt nicht in dieses Bild.

Eine Hand wäscht die andere

Stephan von Dassel ist Bezirksbürgermeister in Berlin-Mitte, und er hat dafür gesorgt, dass ein Parteifreund einen hoch dotierten Leitungsposten in seinem Bezirksamt bekam. Na und, werden jetzt einige sagen. Unter Parteifreunden ist das doch üblich. Eine Hand wäscht die andere. Und in diesem Fall hatte der Wunschkandidat den Bezirksbürgermeister vorher im Wahlkampf unterstützt.

Der Deal unter Amigos drohte jedoch zu platzen, als ein zweiter Bewerber gegen die Vergabe klagte. Ein Mann, der sich ungerecht behandelt fühlte, weil er sich selbst als besser qualifiziert einstufte und mehr Berufserfahrung vorweisen konnte. Das ist sein gutes Recht. Auch im Öffentlichen Dienst gilt das Prinzip der Bestenauslese.

PR-Desaster für die Grünen

Wenn jemand klagt, müssen die Karten neu gemischt werden. Der Bezirksbürgermeister aber dachte gar nicht daran, das Vergabeverfahren neu aufzurollen. Er soll mit dem unterlegenen Kandidaten stattdessen über eine Zahlung von mehr als 16.000 Euro verhandelt haben, um ihn von einer Klage abzubringen.

Es ist ein PR-Gau für die Grünen. Denn es dauerte nicht lange, da forderten nach der CDU auch ihre Koalitionspartner, die Linke und die SPD, den Rücktritt des Bezirksbürgermeisters. Hatten sie anfangs noch versucht, die Affäre herunterzuspielen, sind sie unter dem Druck der anderen Parteien eingeknickt. Die Sache habe ein "wahnsinniges Geschmäckle", hieß es jetzt bei den Grünen. Erst schloss sich die Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) der Forderung nach einem Rücktritt des Bezirksbürgermeisters an. Am Ende kippte auch noch der Landesverband um.

Mehr als nur ein "Geschmäckle"

Dass Dassel bestreitet, dem Kandidaten Geld angeboten zu haben, nimmt ihm kaum noch einer ab. Dabei hat der Bürgermeister inzwischen "Fehler" eingeräumt. Er habe nur geprüft, ob die Klage durch eine Geldzahlung über das Bezirksamt abzuwenden sei, damit sein Wunschkandidat den Posten bekam.

Diese Aussage deckt sich mit dem, was der abgelehnte Bewerber der "Berliner Zeitung" gesagt hat. Danach hatte ihm von Dassel zunächst in einem persönlichen Gespräch als "Ausgleich" drei Monatsgehälter angeboten, dann aber wörtlich in einer SMS gefragt, ob man sich auch "als Privatpersonen" einigen könne. Denn über den Bezirkshaushalt, habe von Dassel zu bedenken gegeben, ließe sich das Geld wohl nicht abrechnen.

Abwahl à la OB Feldmann?

Die Tage des Bezirksbürgermeisters sind gezählt. Die Frage ist nicht mehr, ob er sein Büro im Rathaus räumen muss, sondern wann. Sicherheitshalber hat er gegen sich selbst ein disziplinarrechtliches Verfahren eingeleitet, um die gegen ihn erhobenen Vorwürfe aufklären lassen. Von einem Willen zu Transparenz zeugt das aber nicht. Es ist vielmehr der Versuch, auf Zeit zu spielen.

So ein disziplinarrechtliches Verfahren kann sich monatelang hinziehen. Der Schaden für die Grünen wäre beträchtlich. Jeder Tag, den der Bürgermeister weiter im Amt bliebe, würde er den politischen Gegnern neue Munition liefern.

Wollen die Grünen von Dassel früher loswerden, müssten sie zusammen mit den anderen Parteien in der BVV seine Abwahl beantragen, und wie viel das kostet, zeigt gerade der Fall des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann (SPD). Im November müssen die Bürger über dessen Zukunft entscheiden. Dass er nach Korruptionsvorwürfen nicht freiwillig zurücktritt, kostet die Steuerzahler 1,6 Millionen Euro.

Hintergrund zum Beitrag

In einer früheren Version dieses Artikels war die Rede davon, dass von Dassel mit dem abgelehnten Bewerber per SMS über ein Schweigegeld von über 16.000 Euro verhandelt habe. Die entsprechende Textstelle wurde mittlerweile geändert.

Verwendete Quellen
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