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Loveparade-Fans bei Techno-Spektakel in Berlin: "Es ist wie früher"


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Feier-Veteran bei Loveparade-Nachfolger
"Da herrschte noch Chaos"

Von Katharina Weiß, Berlin

Aktualisiert am 10.07.2022Lesedauer: 4 Min.
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Neue Technoparade: Trotz Regen feierten in Berlin Zehntausende. (Quelle: reuters)

Tausende Feiernde ziehen bei einem Techno-Umzug durch Berlin. Organisiert vom Gründer der Loveparade. Kommt auch das alte Feeling wieder auf?

"Together again", das ist das Motto der in Berlin als Demonstration angemeldeten Neuauflage der Loveparade. Aus rechtlichen Gründen heißt diese jetzt "Rave the Planet". Unter der Schirmherrschaft des Gründers Dr. Motte zogen am Samstag etwa 200.000 Menschen vom Kurfürstendamm zur Siegessäule. Ein Ansturm: 25.000 waren erwartet worden.

Eine große Party also, nach zwei Jahren Pandemie und 20 Jahren Berlin-Abstinenz des Techno-Umzugs. Wir begleiteten die Heimkehr des Hauptstadt-Events mit einem, der bereits in den 90er Jahren die Anfänge der Großveranstaltung erlebt hat.

Loveparade-Veteran: "Ich fühle das Prickeln"

Marc Amman erinnert sich: "Die Loveparade ist für mich mit ganz vielen wichtigen Sachen in meinem Leben verbunden. Ich habe die Szenen noch im Kopf: Musik, tanzen, frei sein, verliebt sein, anders sein dürfen, alles rauslassen."

Heute ist der 50-Jährige aus dem Prenzlauer Berg als Veteran der Liebesparade zum Kurfürstendamm gekommen. Er hat sich in Schale geschmissen, trägt rosa Shorts, Tube Socks, getönte Brille. Seine Art und Weise, der Loveparade auch an einem regnerischen Tag ein warmes Willkommen zu bereiten. "Ich fühle das Prickeln", sagt er mit Blick auf die Umstehenden. "Ich merke, dass sich mein inneres Wesen eigentlich überhaupt nicht verändert hat. Sondern nur der Körper außen rum. Die Lust auf verrückte Menschen und die Musik ist ungebrochen. Ich fühle mich absolut nicht zu erwachsen, um Spaß auf der Straße zu haben und da hinterherzutanzen."

Regen dämpft Euphorie der Technofans

Er hat sich mit Freunden verabredet, die wie er Veteranen der Loveparade sind. Aber auch viele jüngere Bekannte und Kollegen des Buchhalters begegnen uns und verlieren sich auf dem Weg wieder. Der Umzug rollt zwar etwas verspätet los, dafür fallen pünktlich zum Beginn die ersten Regentropfen.

Auch wenn sich viele mit Regencapes über den Raver-Outfits vorbereitet haben, dämpft der intensive Schauer die Anfangseuphorie. Doch kurz danach beginnen sich alle pudelnass und mit Hüfteinsatz über die wummernden Trucks zu freuen, denn tanzen hält schließlich warm. "Das wird gut", sagt Amman, als er die Menschen um sich bestaunt. "Ein Fest für Jung und Alt."

Und tatsächlich: Die Altersgruppen und Milieus sind sehr gemischt. Es gibt Feiernde in sehr wenig Klamotten und mit sehr opulenten Kostümen. Aber auch viele Familien und Flaneure laufen hinter den Wagen mit Namen wie "Freak de L‘Afrique" hinterher. Die Musik motiviert auch die zum Wippen, die eigentlich nur zum Zusehen da sind.

Amman erinnert sich an Berlin vor 29 Jahren

In die Vorfreude mischt sich auch immer wieder die Nostalgie: "Ich war 21, es muss ungefähr das Jahr 1993 gewesen sein. Nach all den Jahren spielt die Erinnerung manchmal verrückt“, erinnert sich Amman an seine allererste Loveparade. "Es war mein zweiter Besuch in Berlin und ich war aus Lüneburg angereist, mit meinen Freunden Sonja und Mario. Seine Schwester wohnte in Berlin, in einem Hinterhaus der Torstraße. Da herrschte noch Chaos, alles war heruntergekommen", sagt er, eher mit roher Bewunderung als Abneigung in der Stimme.

Vor Kurzem spazierte Amman durch Mitte, auf der Suche nach dem Gebäude. "Ich habe es nicht wiedergefunden, alles luxussaniert und zugebaut." Doch kurz nach der Wende zog es viele nach Berlin, die dem Ruf des wilden Ostens folgten, um ein freies und günstiges Leben in der wiedervereinten Hauptstadt zu beginnen.

Erste große Liebe auf der Loveparade gefunden

Auch deshalb wirken die Anfänge der Loveparade im Nachgang wie ein Zeichen der Zeit: "Friede, Freude, Eierkuchen" – unter diesem Motto meldete Dr. Motte am 1. Juli 1989 einen Umzug bei der Berliner Versammlungsbehörde an. Nicht gegen etwas, sondern für viel Gutes sollte das Event sein: Frieden – für Abrüstung, Freude – durch Musik als Mittel der Kommunikation, Eierkuchen – für gerechte Nahrungsmittelverteilung.

Nur wenige Monate, bevor die Berliner Jugend auf der anderen Seite der Mauer den Fall ebendieser herbeidemonstrierte, drückte sich der Zeitgeist am Westberliner Kurfürstendamm durch eine Jugendbewegung unter dem Schirm der gerade entstehenden elektronischen Musik aus.

Als das Kleinstadtkind Marc Amman dazustieß, erreichte die Loveparade bereits das 100.000-Besucher-Level. Doch eigentlich gab es nur einen einzigen Menschen für ihn, der wirklich wichtig war: "Es war ein Bomben-Sommertag. Ich trug einen schwarzen Body und Plateau-Turnschuhe. Wir sind stundenlang ausgelassen den Wägen hinterhergetanzt – und an diesem Tag habe ich mich auch in Mario verliebt. Er wurde dann mein erster Freund, meine erste große Liebe."

Rückblick auf Loveparade 1999 in Berlin: "Einfach nur irre"

Ein paar Stunden später musste das Trio inklusive der zwei frisch verliebten Turteltäubchen die Spreemetropole wieder verlassen. "Auf dem Rückweg hat Sonja sich verfahren und wir standen irgendwann bei Rostock an der Ostsee und haben uns am Wasser totgelacht."

Berlin und das Freiheitsgefühl hinter sich zu lassen, fiel Amman schon damals schwer. Immer wieder besuchte er hier Freunde, bis er im Jahr 2001 ganz hierherzog. Im Jahr 1999, als unglaubliche 1,5 Millionen Menschen unter der Siegessäule und dem Brandenburger Tor feierten, erlebte er die Loveparade noch als Besucher.

"Das war einfach nur irre", sagt Amman kurz und knapp. Nach diesem Höhepunkt, kurz vor der Jahrtausendwende, begann der Abstieg der Loveparade: Die Stimmung kippte zuungunsten des Events. Dr. Motte und seinem Team wurde der Demonstrationsstatus aberkannt, weshalb die Veranstalter für die Sicherheit der Feiernden und der Säuberung nun selbst aufkommen mussten. 2004 wurde die Loveparade in Berlin dann final eingestampft. Bis zum gestrigen Samstag.

Erwartungen vor Neuauflagen waren nicht groß

Als sich die ersten Wägen am Kurfürstendamm in Bewegung setzten, spüren einige die Gänsehaut. "Ich habe trotzdem keine großen Erwartungen, weil man nach 20 Jahren nie weiß, wie die Lage ist. Und wie die Leute mit dem Mythos klarkommen und was die alten und neuen Besucher heute daraus machen."

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Ein paar Stunden voller Technobeats später ist er sich schon sicher: "Es ist wie früher. Zumindest im Gefühl."

Was für Amman schön zu sehen ist: Die Menschen quatschen sich gegenseitig an und kommen ins Gespräch. Ein Mann stellt sich als Fabian vor, er ist in Ammans Alter und war ebenfalls leidenschaftlicher Loveparade-Besucher. "Früher war die Musik aber lauter", sagt er. Und Amman pflichtet ihm bei. "Dafür ist die Liebe immer noch da", zieht Amman sein Zwischenfazit und verschwindet tanzend in der Menge.

Verwendete Quellen
  • Reporterin vor Ort
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