Alemannia Aachen Neuer Fan-Trend? Zerstörte Stadion-Klos sorgen für Ärger

Gästefans von Hansa Rostock haben die Toilettenanlage im Aachener Stadion zerstört. Bei 1860 München und in Nürnberg gab es ähnliche Vorfälle. Ein neuer Trend in der Fanszene?
Zerstörte Toiletten, herausgerissene Türen und Waschbecken: Verstörende Bilder verwüsteter Stadion-Sanitärräume lösten in den vergangenen Monaten immer wieder Kopfschütteln und Wut aus. Fast scheint es, als sei das Demolieren von Klos im Gästebereich zu einer neuen Sportart einiger Fans geworden.
In Aachen randalierten Anhänger des FC Hansa Rostock, bei 1860 München Fans von Energie Cottbus und in Nürnberg Fans der SpVgg Greuther Fürth: Diese Fälle sind nur drei von zuletzt mehreren Beispielen für Vandalismus rund um Fußballspiele. Sie sorgen für Frust und hohen finanziellen Schaden.
Wieso kommt es immer wieder zu solchen Verwüstungen?
Fan-Forscher Jonas Gabler vermutet vor allem einzelne Fans hinter der Zerstörungswut, keine im großen Rahmen geplanten Aktionen. "Vandalismus gehört zu keiner Fankultur dazu. Sicherlich gibt es in der Fußballfankultur – wie in anderen jugendlich und männlich geprägten Szenen – teilweise eine höhere Akzeptanz für Gewalt und auch Gewalt gegen Dinge", sagte Gabler der Deutschen Presse-Agentur. Einen Wettstreit zwischen radikalen Fangruppen, wer größeren Schaden anrichtet, halte er für unwahrscheinlich. Er halte es für plausibler, "dass es sich um Einzelpersonen, maximal kleine Cliquen von Personen" handle.
"Sinnlose Sachbeschädigung können wir nicht erklären", teilte auch die Fan-Interessenvertretung "Unsere Kurve" auf dpa-Anfrage mit. "An den Standorten und in den Szenen, wo dies geschieht, kann man aber davon ausgehen, dass diese Probleme in den vorhandenen Gesprächsformaten angesprochen werden und nach einem entsprechenden Umgang gesucht wird."
Warum ist Klo-Vandalismus so schwer zu überwachen?
Im Gegensatz zu anderen Stadionbereichen sind Toiletten aufgrund der dort geschützten Privatsphäre nicht von Kameras überwacht. Für Sicherheitskräfte ist es also häufig schwierig, rechtzeitig einzuschreiten oder Täter später zu identifizieren.
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Nicht nur für Sicherheitspersonal – auch unter den eigenen Fans. "Anders als bei Vandalismus im Fanblock oder im Rahmen von Fan-Märschen werden Zerstörungen in den Sanitärbereichen maximal von den wenigen zum Zeitpunkt der Tat anwesenden Personen wahrgenommen und entziehen sich so weitgehend der sozialen Kontrolle innerhalb der Fanszene", sagte Fan-Forscher Gabler.
Nehmen die Vorfälle zu?
Gabler hat zwar beobachtet, dass zuletzt häufiger darüber berichtet wurde, ihm sind aber keine Zahlen bekannt, ob dieses Phänomen häufiger auftritt. Der öffentliche Fokus auf den Taten könnte eine Rolle spielen. "Die Berichterstattung über solche Akte des Vandalismus könnte zu Nachahmung in anderen Fanszenen führen", vermutete Gabler.
Zudem sei die Zahl der jüngeren Auswärtsfahrer bei vielen Vereinen gestiegen. Und manche darunter seien nicht in die etablierten Strukturen in der Fanszene integriert. Einzelne dieser Fans hielten sich möglicherweise nicht an die ansonsten üblichen Normen, dass so etwas ein Tabu sei, mutmaßte Gabler.
Bundesweite Erfassungen dieser Vorfälle gibt es nicht. Die Versicherungskammer Bayern, die mit Schäden in Stadien im Profi- und Amateurbereich befasst ist, sah zuletzt keinen anwachsenden Trend. Die Kammer könne keinen Anstieg in den Zahlen feststellen, hieß es auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks (BR).
Wie reagieren die Vereine?
Mit Ärger und teils deutlichen Worten. "Es kotzt mich bzw. uns einfach nur noch an, dass wir fast wöchentlich mit Themen wie zerstörten Toilettenanlagen oder anderem Inventar beschäftigt sind", sagte etwa Hansa Rostocks Aufsichtsratsvorsitzender Sebastian Eggert in einer Vereinsmitteilung, nachdem Hansa-Fans im März beim Auswärtsspiel in Aachen randaliert hatten.
Wie schützen sich Vereine vor Vandalismus?
Neben Appellen an die Vernunft der Fans gibt es immer wieder auch andere Ansätze, um Randale zu verhindern. So brachte Hansa Rostock für die Drittliga-Partie bei Rot-Weiss Essen am 6. April eigene Ordner mit – auch um die Toiletten im Gästeblock zu schützen. Zudem beschränkte der Club den Verkauf von Auswärtstickets auf Vereinsmitglieder.
Schon im vergangenen Jahr hatte ein Hersteller mobiler Toiletten eine kreative Idee. Vor dem Spiel des FC St. Pauli gegen Rostock, bei dem auf dem Hamburger Stadiongelände solche mobilen Toiletten eingesetzt wurden, lobte er unter dem Motto "Toiletten für Toleranz" eine Prämie aus. Für jedes Klo, das von den Fans nicht zerstört werde, wollte das Unternehmen 100 Euro an die Jugendabteilung des FC Hansa spenden.
Welche Rolle spielen dabei die Fanszenen selbst?
Wie bei manch anderen Themen rund um ihre Anhänger hoffen Vereine auch auf Zivilcourage und Selbstregulation innerhalb ihrer Fanszenen. "Es wird nicht nur darauf ankommen, wie die offiziellen Gremien des Vereins dieses Problem angehen, sondern vor allem darauf, wie die Fanszene darauf reagiert und diesem Mist ein Ende bereitet", sagte Rostocks Aufsichtsratsvorsitzender Eggert, der früher Vorsänger bei den Ultras war.
Einen ähnlichen Ansatz sieht auch Fan-Forscher Gabler. "Neben den Mitteln der Strafverfolgung – es handelt sich ja hierbei um Sachbeschädigungen – hat vor allem die soziale Kontrolle innerhalb der Fanszene die größten Chancen auf Erfolg." Den Tätern müsse verständlich gemacht werden, dass sie nicht im Interesse der Fanszene handeln, wenn sie sich so verhalten.
- Nachrichtenagentur dpa