Porträt Physik, Salsa und Sirtaki: Nobelpreisträger Parisi
Rom (dpa) - Immer auf der Suche nach neuen Phänomenen, hat der italienische Physiker Giorgio Parisi sein Leben der Erforschung komplexer Systeme verschrieben.
Dabei trieb ihn die Neugier auf neue Entdeckungen an - planen ließen sich diese aber nicht. Man könne versuchen, mit all den Formeln und wissenschaftlichen Kniffen in die Zukunft zu blicken, sagte er im Jahr 2018 bei einer Vorlesung. Aber es gebe da eine viel grundlegendere Regel: "Die Zukunft wird euch immer überraschen."
Am Dienstag erging es dem emeritierten Professor nicht anders, als er einen Anruf aus Schweden bekam. Der 73-Jährige wurde zusammen mit zwei anderen Wissenschaftlern mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. "Ich freue mich, ich habe das nicht erwartet", sagte Parisi in einer ersten Reaktion, "...aber ich hatte das Telefon immer bei mir."
Der am 4. August in Rom geborene Wissenschaftler lernte unter dem renommierten italienischen Physiker Nicola Cabibbo. Er spezialisierte sich danach auf die Erforschung von Elementarteilchen, widmete sich aber auch anderen Gebieten wie der Entwicklung von Supercomputern und komplexen Systemen. "In der Physik geht es vor allem darum, neue Phänomene zu entdecken", sagte er Anfang des Jahres in einem Interview. "Aber um dieses "Neue" im Flug aus der Luft zu schnappen, musst du das Bewusstsein haben für alles, was du weißt, und alles, was du erwartest."
Auch als Lehre aus Corona hat Parisi einen Traum: ein globales Institut für die Erforschung von Pandemien. "Wir haben gelernt, dass die Welt zusammenhalten muss und dass kein Land eine Insel ist."
Italien reagierte voller Stolz auf die Bekanntgabe der Ehrung. Staatspräsident Sergio Mattarella sprach von einer "großen Genugtuung", Regierungschef Mario Draghi nannte Parisi einen "intellektuellen Bezugspunkt für Generationen von Studierenden und Forschern und für das ganze Land".
Anfang dieses Jahres hatte Parisi den Wolf-Preis, eine weitere bedeutende wissenschaftliche Ehrung erhalten. Danach erzählte er der "Repubblica", dass die Physik nicht seine einzige Leidenschaft ist; in der geliebten Heimatstadt Rom erfreue er sich auch an der Unterhaltung und am Tanz. Vor vielen Jahren habe er mit Salsa und Bachata angefangen, später kam dann auch noch der Sirtaki dazu.