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Bernsteinzimmer: Wo befindet sich die größte Beute der Nazis?


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Legendäres Bernsteinzimmer
Wo befindet sich die größte Beute der Nazis?

Von Angelika Franz

17.07.2022Lesedauer: 5 Min.
Das Bernsteinzimmer: Bis heute wird nach dem sogenannten achten Weltwunder gesucht.Vergrößern des Bildes
Das Bernsteinzimmer: Bis heute wird nach dem sogenannten achten Weltwunder gesucht. (Quelle: Keystone/ullstein-bild)
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Die Deutschen raubten 1941 in Russland das sagenhafte Bernsteinzimmer. Bei Kriegsende verlor sich die Spur des Kunstschatzes, dem sogar ein Fluch angedichtet wird.

Kinder teilen bekanntlich nicht immer den Geschmack der Eltern. Und so fand denn auch König Friedrich Wilhelm I. ziemlich scheußlich, was sein Vater, Friedrich I., 1701 als Dekoration in Auftrag gegeben hatte: eine Wandvertäfelung für ein gesamtes Zimmer nur aus baltischem Bernstein. Was sollte der wenig an Kunst interessierte Friedrich Wilhelm mit dem Krempel anfangen?

Stattdessen hegte der König eine ganz andere Leidenschaft: hochgewachsene Soldaten, deren Arme lang genug waren, um problemlos die langen Läufe der modernen Vorderlader-Musketen handhaben zu können, und stark genug, um die schweren Waffen beim Zielen ruhig zu halten.

Bernstein für Soldaten

Als der russische Zar Peter I. 1716 zu Besuch kam, schlug er ihm ein Tauschgeschäft vor. Für 250 "lange Kerls" könne Peter das angestaubte Zimmer, von dem dieser schwärmte, er habe es sich "schon lange gewünscht", gleich mitnehmen. Die Staatsyacht "Die Krone" legte Friedrich Wilhelm noch obendrauf und der Handel war perfekt.

In St. Petersburg packte Peter die Kisten allerdings nicht aus, sondern in die Kunstkammer – und vergaß sie. Erst seine Tochter Elisabeth erinnerte sich an das Mitbringsel ihres Vaters aus Preußen. Sie mochte den warmen Glanz der Wandpaneele und ließ sie im Winterpalast einbauen. Wenig später allerdings entschied sie bereits, dass das Zimmer doch besser in die Sommerresidenz, den Katharinenpalast, passe.

Allerdings war der neue Saal etwa sechsmal so groß, die Lücken ließ Elisabeth kurzerhand mit Gold und Spiegeln auffüllen. Jahrhundertelang blieben die Wandpaneele im Palast hängen. Sie blieben unberührt hängen, als der Erste Weltkrieg und der Sturz des Zaren Russland erschütterten. Oder zumindest fast: Ist Bernstein der Luft ausgesetzt, beginnt er zu trocknen und porös zu werden. Während Europa im Chaos versank, bröckelte das Bernsteinzimmer also still und leise vor sich hin.

Bis im September 1941 die deutsche Wehrmacht das in Leningrad umbenannte St. Petersburg umzingelte und blockierte. Die Soldaten brauchten Unterkünfte – und zogen in den Katharinenpalast ein. Die Kuratoren hatten noch halbherzig versucht, die Bernsteinwände mit Pappe abzudecken, um sie vor Munitionssplittern und Diebstahl zu schützen.

Verbrannt oder gestohlen?

Doch schnell erkannten die Besatzer, was da hinter den schmuddeligen Pappen hing. Vom Einsatzstab-Reichsleiter Rosenberg, der für die Nationalsozialisten Kulturgüter und Kunstschätze in den eroberten Gebieten "sicherte", kam der Befehl, die Paneele in Kisten zu verpacken und schnellstmöglich nach Königsberg zu schaffen. Schon bald konnten die Königsberger das erbeutete Zimmer im Südflügel des Schlosses bewundern.

Doch nur drei Jahre später rückte die Rote Armee vor gen Ostpreußen. Im März 1944 wurde das Bernsteinzimmer abgebaut und erneut in Kisten verpackt, damit es bei den bevorstehenden Kampfhandlungen nicht zu Schaden komme. Eine sinnvolle Maßnahme, denn einige Monate später legten britische Bomber Königsberg in Schutt und Asche. Als die Königsberger nach Weltkriegsende mit den Aufräumarbeiten begannen, war das Bernsteinzimmer verschwunden.

Was war passiert? Die naheliegende Vermutung ist, dass es zusammen mit dem Rest der Stadt in Flammen aufging. Bernstein ähnelt in seiner chemischen Zusammensetzung der Braunkohle und ist leicht entzündlich. Doch die Theorie hat einen Haken: Es gibt keine Berichte über einen ungewöhnlichen Geruch bei der Bombardierung von Königsberg. Den aber hätten über sechs Tonnen brennender Bernstein unweigerlich verströmt, denn zündet man ihn an, duftet das Millionen Jahre alte Harz stark aromatisch nach Fichtenwald.

Was also passierte mit den bernsteingefüllten Kisten? Bis heute träumen Schatzsucher davon, die Wandpaneele zu finden. Besonders, seit 1997 bei einer Auktion tatsächlich ein Mosaik auftauchte, das eindeutig dem Bernsteinzimmer zuzuordnen war. Die Polizei rückte an und beschlagnahmte das Kunstwerk, doch die Spur erwies sich als Sackgasse. Das Mosaik, gab der Besitzer an, habe er von seinem Vater geerbt.

Auf der Jagd nach dem Nazi-Schatz

Der habe bei der Wehrmacht gedient und sei während des Krieges in den Besitz des Kunstwerks gekommen. Über die Umstände aber habe er zeit seines Lebens geschwiegen. Tatsächlich fehlte genau dieses Wandstück auf den letzten historischen Aufnahmen des Bernsteinzimmers – was die Geschichte glaubhaft machte.

Kurze Zeit später gab es eine neue Spur. Sie führte ins Erzgebirge. Hier liege das Bernsteinzimmer in einem stillgelegten Bergwerk, behauptete der deutsch-amerikanische Schatzjäger Helmut Gaensel, zusammen mit 1,9 Tonnen Nazigold, dem Nachlass des Hitler-Getreuen Martin Bormann, Gemälden sowie Diamanten von Häftlingen aus dem Konzentrationslager Theresienstadt.

Ein ehemaliger SS-Offizier habe ihm in Brasilien von dem Versteck erzählt. Doch Gaensel war nicht der Einzige, der von dem angeblichen Nazi-Schatz Wind bekommen hatte. Zeitgleich versuchte, angepeitscht von der Presse, die das Wettbuddeln sensationslüstern auskostete, der Bürgermeister des Ortes Deutschneudorf, Heinz-Peter Haustein, sich von anderer Stelle her zu dem Stollen durchzugraben. Das Bernsteinzimmer fand allerdings keiner von beiden, ebenso wenig wie Gold oder Diamanten.

An mehr als 130 Orten haben Schatzsucher bereits nach den Wandpaneelen des Zaren gesucht. Mal sollten sie in einer trüben Lagune nahe der litauischen Stadt Neringa liegen, mal in einem Zug voller Nazigold in geheimen Tunneln im polnischen Wałbrzych, mal in einem Bunker in Mamerki im Nordosten Polens. Auch Wuppertal war im Gespräch, die Heimatstadt Erich Kochs, Reichskommissar für das Reichskommissariat Ukraine, zu dessen äußerstem Rand auch Königsberg gehörte.

Koch hatte Dank seines Amtes unermessliche Reichtümer in die eigene Tasche geschaufelt – es wäre nicht weiter erstaunlich gewesen, wenn unter dem Raubgut auch das Bernsteinzimmer aufgetaucht wäre. Vielleicht liegt das Bernsteinzimmer aber auch längst wieder da, wo der Bernstein ursprünglich herkam: auf dem Grund der Ostsee. Zu Beginn des Jahres 1945 versuchten viele Deutsche, über die Danziger Bucht zu fliehen.

Ist ein Fluch im Spiel?

Dabei versenkte unter anderem am 30. Januar ein sowjetisches U-Boot den ehemaligen Luxusliner "Wilhelm Gustloff" mit über 10.000 Menschen an Bord. Noch im April erlitt der Frachter "Karlsruhe" mit 1.100 Flüchtlingen ein ähnliches Schicksal. Auf beiden Schiffen, munkelt man, hätten sich jedoch nicht nur Königsberger und Ostpreußen auf der Flucht vor der Sowjetarmee befunden, sondern auch die 28 Kisten mit dem Bernsteinzimmer.

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Möglicherweise ist es aber auch gar keine gute Idee, nach dem verschollenen Schatz zu suchen. Denn auf dem auch als achtem Weltwunder bezeichneten Bernsteinzimmer, so heißt es, liege ein Fluch. Als Ersten ereilte er angeblich Alfred Rohe, Bernsteinexperte und Museumsdirektor des Königsberger Schlosses, der die Wandpaneele 1944 in Kisten verpackt hatte. Kurz nach dem Krieg starben er und seine Frau an Typhus. Ein weiteres Opfer könnte der russische Geheimdienstoffizier Yuri Gusev sein, der kurz nach einem Gespräch mit Journalisten über das Bernsteinzimmer bei einem Autounfall ums Leben kam.

Und noch im August 1987 wurde der Obstbauer Georg Stein aus Stelle bei Hamburg, der jahrelang intensiv nach dem Bernsteinzimmer gesucht hatte, in einem Wald in Bayern gefunden – nachdem er eine Pressekonferenz zu einer "sensationellen Entdeckung" angekündigt hatte. Nackt lag er da, Messerstiche in der Brust, der Bauch aufgeschlitzt. Angeblich dampfte die Leiche noch, als Spaziergänger sie fanden.

Die Kriminalpolizei untersuchte den Fall. Sie kam zu dem wenig überzeugenden Schluss, dass Stein sich mithilfe von zwei Scheren, einem Skalpell und einem großen Brotmesser, die neben dem Toten lagen, selbst das Leben genommen habe.

Verwendete Quellen
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