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Ausbruch des Vesuv 79: Die Opfer starben grausam


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Ausbruch des Vesuv im Jahr 79
Gekochtes Blut, geborstene Schädel


Aktualisiert am 26.11.2018Lesedauer: 4 Min.
Ausbruch des Vesuv: Der Vulkan zerstörte die römischen Städte Pompeji, Stabiae und Herculaneum.Vergrößern des Bildes
Ausbruch des Vesuv: Der Vulkan zerstörte die römischen Städte Pompeji, Stabiae und Herculaneum. (Quelle: Pierre-Henri de Valenciennes/ullstein-bild)
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Tausende starben 79 nach Christus bei der Eruption des Vesuv. Forscher haben nun ermittelt, wie grausam manche umkamen. Ihre Erkenntnisse sind hochaktuell. Denn der Vulkan ist weiter aktiv.

Im Herbst des Jahres 79 nach Christus bahnte sich die Hölle am Golf von Neapel den Weg an die Oberfläche. Zunächst spürten die Menschen ein Zittern unter ihren Fußsohlen. Die Erde bebte und ächzte unter dem Druck der gewaltigen Lavamassen des Vesuv. Die Häuser in den Städten und Dörfern in der Nähe des Vulkans bekamen Risse.

In Pompeji, Herculaneum oder Stabiae fielen Steinbrocken aus den Wänden, Stützbalken neigten sich, ganze Dächer kollabierten, als ob der Boden unter dem Fundament der Häuser sich verflüssigte. Wasserleitungen barsten, aus Rissen und Löchern in den oberirdischen Leitungen tropfte das Wasser auf den heißen Boden, wo es schnell verdampfte.

Tod aus der Tiefe

Dazu kam der unerträgliche Gestank. Die aufquellenden Gase – Schwefel und Kohlendioxid – krochen aus den Ritzen und Spalten im Boden, überall in den Gassen und Straßen, auf den Feldern und in den Weinbergen roch es übel nach verfaulten Eiern.

Dann, eines Vormittags, löste sich der Gesteinspropfen im Schlot des Vesuv und das glühende Magma schoss in einer hohen Fontäne empor wie Sekt aus einer kräftig geschüttelten Flasche. Über dem Vulkan wuchs eine bis zu 30 Kilometer hohe Säule aus Gas, Asche und flüssigem Gestein. Die ersten Opfer gab es in Pompeji. Sie starben, als die Dächer ihrer Häuser unter der immer schwerer werdenden Schicht aus heißen Gesteinsbrocken einbrachen und sie begruben.

Als sich dann gegen Nachmittag die chemische Zusammensetzung des Auswurfes änderte, konnte die Säule sich nicht mehr halten – es kam zu sogenannten "pyroklastischen Strömen": Glutaschewolken, die mit hoher Geschwindigkeit an den Hängen des Vesuv herabrasten. Sie brachten einen furchtbaren Tod mit sich. Die Menschen, über die der heiße Atem des Vulkans hinwegfegte, verdampften.

Merkwürdige Verfärbung

Wie schrecklich die Sekunden ihres Todes waren, haben Forscher des neapolitanischen Universitätskrankenhauses Federico II nun zeigen können. Sie untersuchten die Skelette von rund 300 Opfern des Vulkanausbruchs, die versucht hatten, in den Bootshäusern von Herculaneum, rund sieben Kilometer vom Vesuv entfernt, Schutz zu finden.

Zunächst war den Wissenschaftlern aufgefallen, dass an vielen der Knochen eine rötlich-schwarze Verfärbung klebte. So sehen üblicherweise Knochen aus, neben denen bei den Verwesungsprozessen Münzen, Waffen oder Schmuckstücke aus Eisen lagen. Das rötliche Eisenoxid, das dabei entsteht, ist für diese Verfärbung verantwortlich. Doch die roten und schwarzen Verfärbungen auf den Knochen aus Herculaneum waren viel zu großflächig, um so erklärt werden zu können.

Laboruntersuchungen bestätigten jedoch, dass die klebrigen Reste tatsächlich einen hohen Anteil an Eisen und Eisenoxid enthielten. Allerdings stammte es nicht von Waffen oder Schmuck – sondern aus dem eigenen Blut der Opfer. Es handelte sich um sogenanntes Häm-Eisen, zweiwertiges Eisen (Fe2+), das an den Porphyrinring des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin gebunden ist. Es verleiht den Knochen diese typische Färbung – wenn Blut unter extrem hohen Temperaturen verdampft.

Gewaltiger Druck

Eine ähnliche Geschichte erzählen die Schädel der Toten. Viele von ihnen sind regelrecht geborsten, ein großer Druck muss von innen heraus auf die stabilen Schädelknochen gewirkt haben. Er entstand, schreiben die Anthropologen in ihrem Aufsatz in der internationalen Onlinefachzeitschrift "PLOS ONE", als das Gehirn in der Hitze der pyroklastischen Ströme verdampfte.

Im Inneren dieses Höllenatems können leicht Temperaturen von 400–500 Grad Celsius herrschen. Selbst in den Randbereichen sind 200–300 Grad durchaus noch üblich – genug, um ein Gehirn zu vaporisieren und damit im Schädelinneren so viel Druck aufzubauen, dass er explodiert. Dafür spricht ebenfalls, dass die Ausgräber viele der Schädel mit der feinen Asche des pyroklastischen Stroms gefüllt vorfanden.

Sie müssen folglich offen gestanden haben und leer gewesen sein, als die Asche sich setzte. Ein intakter Schädel hätte Jahre gebraucht, um unter der dicken Ascheschicht so weit zu vergehen, dass Asche hineingelangen konnte. Bis dahin aber war die Schicht bereits so verfestigt, dass von ihm am Ende nur ein Hohlraum geblieben wäre.

Grausamer, schneller Tod

4.000 bis 5.000 Menschen kamen insgesamt beim Ausbruch des Vesuv im Jahr 79 nach Christus in Herculaneum ums Leben, in Pompeji waren es rund 20.000. Doch der Tod hatte für sie unterschiedliche Gesichter. Pompeji lag etwas weiter entfernt. Wer hier nicht durch herunterstürzende Deckenbalken oder kollabierende Hauswände erschlagen wurde, erstickte meist an den heißen Gasen.

Im näher am Vesuv gelegenen Herculaneum dagegen verdampften die Opfer. Es mag ein grausamerer Tod gewesen sein – aber er kam auch schneller. Die pyroklastischen Ströme begannen nicht als warmer Windhauch, der sich langsam zum Inferno steigerte, sondern donnerten mit einer Geschwindigkeit von 100 bis 300 Kilometer pro Stunde über die Landschaft hinweg. Bevor die Menschen in den Bootshäusern am Strand eine Veränderung der Luft überhaupt wahrnehmen konnten, war ihr Gehirn schon nicht mehr vorhanden.


Sowohl die Archäologen als auch die Geologen sind sich sicher, dass ein größerer Vesuv-Ausbruch mit ziemlicher Regelmäßigkeit etwa alle 2.000 Jahre vorkommt. Der letzte war im Jahr 79 nach Christus – es ist also wieder an der Zeit. "Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, bei Ausgrabungen auch bioanthropologische und taphonomische Aspekte zu untersuchen", mahnen die Forscher denn auch am Ende ihres Aufsatzes, "besonders im Gebiet des Vesuv vor dem Hintergrund des Hochsicherheitsrisikos für die drei Millionen Menschen, die heute in der Nähe des Vulkans leben."

Verwendete Quellen
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