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Völkermord an Armeniern: Vertrieben, verhungert, ermordet


Völkermord an den Armeniern
Vertrieben, verhungert, ermordet

Aktualisiert am 02.06.2016Lesedauer: 2 Min.

Bis zu 1,5 Millionen Armenier wurden vor etwa 100 Jahren im Osmanischen Reich getötet. Die Armenier selbst nennen die Ereignisse "Aghet" - die Katastrophe. Die meisten Historiker sprechen von Völkermord.

Doch genau um diesen Begriff gibt es seit Jahren erbitterten Streit: Die Türkei als Rechtsnachfolger des Osmanischen Reichs bestreitet, dass es sich dabei um einen absichtlichen, systematischen Massenmord gehandelt hat und spricht stattdessen von Massakern während des Krieges.

Wer in der Türkei im Zusammenhang der Verfolgung der Armenier von Völkermord spricht, dem droht bis zu ein Jahr Gefängnis.

Wir haben dokumentarisches Material über die lange verschwiegenen Gräueltaten zusammengetragen:

Am 24. April 1915 werden mehr als 200 armenische Intellektuelle festgenommen und deportiert. Ihnen wird vorgeworfen, mit dem verfeindeten Russland zu paktieren. Nur vier Wochen später, am 27. Mai 1915, weist das Tehcir-Gesetz (Deportationsgesetz) die türkischen Sicherheitskräfte an, alle Armenier zu deportieren. Das Militär soll möglichen Widerstand mit äußerster Gewalt unterdrücken.

Die Menschen müssen fliehen - und ihre Häuser, das Vieh sowie das gesamte Hab und Gut zurücklassen. Die türkischen Nachbarn plündern die Gebäude, rauben den Armeniern Geld und Schmuck. Die Übergriffe werden von der Regierung in Istanbul toleriert.

Ein weiteres Gesetz verbietet es, den Flüchtlingen Nahrungsmittel anzubieten. Besonders Kinder und ältere Menschen sterben an den Strapazen der Flucht.

Die Armenier müssen sich an einigen wenigen Orten sammeln - viele werden dort von türkischen Polizisten und Soldaten erschossen. Die übrigen müssen sich auf sogenannte Todesmärsche über das Gebirge in Richtung Aleppo begeben. Die offizielle, zynische Bezeichnung der Türkei für diese Todesmärsche lautet "Umsiedlung".

Doch die Armenier sterben nicht nur durch die anstrengenden Märsche ohne ausreichende Verpflegung: Immer wieder kommt es zu grauenhaften Massakern an den wehrlosen Menschen. So berichten Augenzeugen beispielsweise, dass in Mardin 700 Armenier Nachts aus der Stadt gebracht wurden und "wie die Schafe geschlachtet" worden seien.

Das Vorgehen bei der Vernichtung der Armenier folgt fast immer dem gleichen Muster, analysieren die Experten Jörg Berlin und Adria Klenner: Entwaffnung, Ausschalten der wehrfähigen Männer, Liquidierung der Führungsebene, Enteignung, Todesmärsche und Massaker.

Die Türkei trifft keinerlei Maßnahmen für eine Wiederansiedlung der Vertriebenen an einem anderen Ort. Stattdessen kommen die Deportationen einem Todesurteil gleich.

Bis heute will Ankara nicht von einem systematischen Völkermord sprechen. In türkischen Schulbüchern heißt es: "Mit dem Umsiedlungsgesetz wurden nur jene Armenier aus dem Kriegsgebiet entfernt und in die sicheren Regionen des Landes gebracht, die sich an Aufständen beteiligt hatten. Diese Vorgehensweise hat auch das Leben der übrigen armenischen Bevölkerung gerettet."

Die Regierung der heutigen Kaukasusrepublik Armenien bezeichnet die Massaker als "Genozid". 1987 stufte auch das Europaparlament die Tragödie als "Völkermord" ein, und forderte Ankara auf, diesen anzuerkennen.

Entsprechende Resolutionen verabschiedeten zudem die Parlamente von mehr als einem Dutzend Staaten. Deutschland hatte eine klare Stellungnahme bislang vermieden.

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