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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Geschichte Ein verhängnisvoller Fluch: Fliegender Holländer
Ein Schiff gerät in einen Sturm. Die Mannschaft ist in Panik und fleht den Kapitän an, einen sicheren Hafen anzusteuern. Doch der denkt nicht daran, aufzugeben. Im Gegenteil: Lautstark verflucht er die Naturgewalten - und zieht prompt den Zorn Gottes auf sich. Fortan ist er dazu verdammt, bis zum jüngsten Tag auf dem Meer herumzuirren.
Spätestens seit dem 18. Jahrhundert gibt es Berichte über den Kapitän, der sich Sturm und See nicht beugen will, der Gott herausfordert und dafür grausam bestraft wird. Seitdem geistert der "Fliegende Holländer" über die Weltmeere, wurde Stoff für Erzählungen und eine Oper.
Alles bloß Seemannsgarn? Was steckt hinter den Berichten vom Fliegenden Holländer?
Eine der größten Gefahrenstellen der Seefahrt
Eine erste Eingrenzung legt nahe, dass die Legende ihren Ursprung im 17. Jahrhundert zur Zeit der Ostindienfahrer hatte und wohl in den Gewässern am Kap der Guten Hoffnung spielen dürfte. Diese Region ist bei Seefahrern gefürchtet, denn allein in der Tafelbucht liegen mehr als 300 Wracks.
Berüchtigt sind die Winde am Kap. Von Oktober bis April wehen die gefürchteten Southeaster. Die alten Segelschiffe waren aufgrund ihrer Konstruktion kaum in der Lage, Raum gegen den Wind zu gewinnen. Das führte oft zu einem wochenlangen, zermürbenden Kreuzen gegen den Wind. Am Kap selbst ragt der Tafelberg direkt aus dem Meer über 1000 Meter empor und erzeugt gefährliche Fallböen.
Dazu treffen zwischen Cape Point und Kap Agulhas der kalte Benguelastrom aus dem Südatlantik und der warme Agulhasstrom des Indischen Ozeans aufeinander. Die See ist aufgewühlt und rauh - hohe Wellen bremsten die schwerfälligen Segler noch zusätzlich aus.
Kampf gegen widrige Bedingungen
Darüber hinaus verwechselten die von Osten kommenden Segelschiffe häufig Cape Hangklip mit Cape Point. So segelten einige Kapitäne viel zu früh wieder nordwärts, direkt hinein in die Bucht zwischen den Kaps - und zerschellten dann gnadenlos an den Felsen.
So mancher Kapitän wird daher am Kap der Guten Hoffnung über Wind und Welle geflucht haben - ähnlich wie es beim "Fliegenden Holländer" beschrieben ist.
War Fokke mit dem Teufel im Bund?
Möglicherweise gibt es sogar ein konkretes historisches Vorbild. Bernard Fokke lebte zu Beginn des 17. Jahrhunderts und war ein niederländischer Ostindienfahrer. Fokke war bekannt für die unglaublichen Geschwindigkeiten, mit denen er von den Niederlanden nach Jakarta fuhr. 1678 soll er für die Strecke nur 90 Tage benötigt haben - etwa die Hälfte der üblichen Reisedauer. Wie konnte das angehen? Neidische Seeleute konnten sich sein Tempo nicht erklären und sagten, er sei mit dem Teufel im Bund.
Bekannt ist, dass der Holländer fast immer mit vollen Segeln unterwegs war, egal wie stark der Wind blies. Fokkes Geheimnis: Erlauben konnte er sich das durch eine entscheidende Veränderung im Mast. Er nutzte eiserne Querstangen am Mast, die zwar schwerer waren, aber kaum brachen. Dadurch konnte Fokke auch bei starkem Wind seine Segel noch stehen lassen, wenn andere Schiffe ihre Segelfläche bereits deutlich verkleinert hatten.
Ein bekannter Hitzkopf
Darüber hinaus war Fokke außergewöhnlich groß und muskulös. Zeitgenossen sprechen von seinem abschreckenden Äußeren und rohen Benehmen. Ein Hitzkopf, der bei geringsten Anlässen fürchterlich fluchen und jähzornig werden konnte.
Als Fokke von einer Fahrt nicht zurückkehrte, hieß es, der Teufel habe ihn geholt - und er müsse nun auf ewig über die Meere kreuzen.
Geisterschiffe gibt es bis heute
Ob Bernard Fokke tatsächlich Anlass für die Sage war, ist unklar. Fokke ist heute weitgehend unbekannt. Die Legende vom "Fliegenden Holländer" jedoch, das Schiff, das auf ewig über die Meere fahren muss, wurde weltberühmt. Und es ist keineswegs der einzige Bericht von einem Geisterschiff.
Alle Segel gesetzt, der dampfende Kaffee noch auf dem Tisch - aber von der Mannschaft keine Spur. Oder: Ein völlig intaktes Schiff, doch die gesamte Mannschaft tot, ohne Anzeichen von Verletzungen. Immer wieder werden Schiffe entdeckt, deren Schicksal Rätsel aufgeben.
Logische Ursachen - meistens
Teilweise lassen sich die Gründe für solche Unglücksfälle später auf logische Ursachen zurückführen. Ein Beispiel: Pest, Skorbut und Seuchen rafften in der Vergangenheit ganze Schiffsbesatzungen dahin. Aus Angst vor Ansteckung wurden solche Seuchenschiffe in keinem Hafen aufgenommen. Die noch lebenden Mannschaftsmitglieder konnten vorbeifahrende Schiffe um Hilfe anrufen, doch meistens suchten diese eilig das Weite.
Schließlich, wenn alle gestorben waren, trieb ein solches Schiff auf unbestimmte Zeit kreuz und quer über die Meere. Eine unheimliche Erscheinung für jeden, dem es begegnete.
Doch manchmal ist bis heute mysteriös, was sich auf einem Schiff zugetragen haben mag.