Kampf gegen Minen Diesen deutschen Panzer könnte die Ukraine dringend gebrauchen
Russische Minenfelder bremsen die Offensive der Ukrainer aus. Ein Spezialfahrzeug der Bundeswehr könnte Abhilfe schaffen. Doch eine Lieferung ist nicht in Planung.
Vor allem eines hindert die ukrainische Armee derzeit an der Befreiung ihres Landes: Minenfelder. Hunderttausende, wenn nicht Millionen der tückischen Sprengfallen hat die russische Armee entlang der gesamten Front verlegt, um schnelle Durchbrüche der Ukrainer zu verhindern. So müssen die ukrainischen Truppen jetzt vor jedem Angriff zunächst eine Schneise durch vermintes Gelände schlagen – eine mühevolle und gefährliche Arbeit.
Zwar haben Verbündete wie die USA und Deutschland der Ukraine spezielle Minenräumfahrzeuge wie den Wisent geliefert, aber offenbar nicht genug: "Wenn der Feind einen Leopard-Panzer und einen Minenräumer sieht, zerstört er zuerst den Minenräumer", sagte der ukrainische Offizier Oskar kürzlich der "Washington Post".
"Denn ohne das Spezialfahrzeug vorneweg kommen die Fahrzeuge dahinter nicht mehr weiter. Und in den ersten Tagen der Offensive wurden mehrere Minenräumer mitsamt ihren Besatzungen zerstört", berichtete der Soldat weiter. Ob darunter auch welche der vier von Deutschland gelieferten Wisente waren, ist unklar.
"Minenräumer können das Blatt wenden"
Mit Aufklärungsdrohnen hielten die Russen gezielt Ausschau nach den "großen, lauten und einfach zu treffenden Minenräumern", so Oskar. Daher räumten inzwischen hauptsächlich Pioniere Schneisen durch die Minenfelder. Die kommen aber nur langsam voran, da sie nachts arbeiten müssen, ohne zusätzliches Licht, um nicht entdeckt zu werden.
Auch Metalldetektoren helfen den Soldaten kaum, da die verminten Gebiete oft schon übersät sind mit Granatsplittern. Manche Minen bestehen auch nur aus Plastikteilen, sodass die Pioniere den Boden Zentimeter für Zentimeter mit Metallstangen absuchen müssen.
"Wir haben uns vorbereitet, aber das haben die Russen auch getan", sagte kürzlich Oleksij Resnikow, der ukrainische Verteidigungsminister. "Sie haben verstanden, dass Spezialgerät wie die Minenräumfahrzeuge das Blatt gegen sie wenden können und wollen diese als Erstes zerstören. Ich habe alle unsere Verbündeten in einem Brief noch mal auf dieses Problem hingewiesen", so Resnikow. Mehr zu den russischen Verteidigungsanlagen in der Ukraine lesen Sie hier.
Keiler zerstört 98 Prozent aller Minen
Die Bundesregierung will der Ukraine 38 weitere Wisente liefern, insgesamt 42 Stück soll Kiew erhalten. Beim Wisent handelt es sich um ein Pionierfahrzeug auf dem Chassis des Leopard 1, der für unterschiedliche Zwecke mit verschiedenen Aufbauten versehen werden kann. Minen räumt der Wisent mit einem großen Schildpflug an der Front und erzeugt so eine Schneise in der Breite eines Panzers. Den gesicherten Bereich markiert der Wisent zudem mit einer Fahrbahnmarkierung. Außer dem Wisent hätte die Bundeswehr noch ein weiteres bewährtes Minenräumfahrzeug im Bestand – den sogenannten Keiler.
Dieser basiert auf dem Fahrgestell des US-Kettenpanzers M48 Patton. 24 Keiler hatte die Bundeswehr in den 90er-Jahren beschafft, zuletzt wurden diese sogar modernisiert. Und anders als der Wisent, der die Minen mit dem Pflug zur Seite schiebt, zerstört der Keiler die Sprengsätze zugleich. An einem schwenkbaren Gestell an der Vorderseite fräsen sich 24 rotierende Metallklöppel in 25 Zentimetern Tiefe durch den Boden. Jeder der "Elefantenfuß" genannten Klöppel wiegt 25 Kilogramm. Berührt einer der "Elefantenfüße" eine Mine, explodiert sie – in sicherem Abstand zum Fahrzeug.
Berlin hält Wisent für die bessere Lösung
Mit den rotierenden Klöppeln kann der Keiler in zehn Minuten eine 120 Meter lange und fast fünf Meter breite Schneise durch ein Minenfeld schlagen. 98 Prozent aller Antipanzer- und Antipersonenminen werden dabei zerstört, heißt es von der Bundeswehr. Ein Video, das den Keiler in Aktion zeigt, sehen Sie oben.
Aus Sicht des Bundesverteidigungsministeriums ist der Wisent allerdings besser zur Minenräumung geeignet als der Keiler, wie t-online auf Anfrage erfuhr. Zumal Kiew keine bestimmten Fahrzeuge, sondern Fähigkeiten anfordere, heißt es. Eine Lieferung von Keilern sei daher nicht geplant.
Dabei zählt für die Ukraine nicht nur die Effektivität der einzelnen Minenräumer, sondern auch ihre schiere Anzahl: "Im Krieg wird auch solches Spezialgerät zerstört, das lässt sich nicht verhindern", so Armeechef Walerij Saluschnyj in der "Washington Post". "Darum brauchen wir viele davon." Bislang seien aber erst 15 Prozent der von Kiew erbetenen Spezialfahrzeuge eingetroffen.
- washingtonpost.com: "The biggest obstacle to Ukraine’s counteroffensive? Minefields" (englisch; Stand: 3. August)
- armyrecognition.com: "Germany delivers two more Wisent 1 MC tanks to boost Ukraine's Mine-Clearing capabilities" (englisch; Stand: 3. August)
- bundeswehr.de: "Ein Keiler mit Ketten und 'Elefantenfüẞen'" (Stand: 3. August)
- Telefonat mit einer Sprecherin des Verteidigungsministeriums am 3. August