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Streubomben: Lieferung aus USA an die Ukraine soll bevorstehen


Umstrittene Munition
Können diese Waffen der Ukraine wirklich helfen?

Von t-online, wan

Aktualisiert am 07.07.2023Lesedauer: 3 Min.
Der Mehrfachraketenwerfer Himars in der Ukraine im Einsatz (Archivbild): Die Raketenwerfer können auch Streubomben abfeuern.Vergrößern des Bildes
Der Mehrfachraketenwerfer Himars in der Ukraine im Einsatz (Archivbild): Die Raketenwerfer können auch Streubomben abfeuern. (Quelle: imago-images-bilder)

Die USA sollen Berichten zufolge die Lieferung von Streubomben an die Ukraine erwägen. Diese sind umstritten – und bergen eine große Gefahr.

Die USA wollen der Ukraine Medienberichten zufolge umstrittene Streumunition für die Gegenoffensive gegen Russland liefern. Der Radiosender NPR und die Zeitung "New York Times" berichteten am Donnerstag unter Berufung auf US-Regierungsvertreter; eine entsprechende Ankündigung dürfte bald erfolgen. Der Nachrichtensender CNN sprach von einer für Freitag erwarteten Bekanntgabe.

Doch dieser Typ von Munition ist umstritten und in vielen Ländern – darunter Deutschland – verboten. Die USA besitzen mehrere Typen von Munition, die als Streubombe eingesetzt werden kann. Sie werden in der Regel von Haubitzen oder Raketenwerfern abgefeuert. Da noch keine offizielle Entscheidung aus dem Weißen Haus vorliegt, ist unklar, welche Typen zum Einsatz kommen. Für die in der US-Armee üblichen 155-mm-Haubitzen kämen zwei Modelle infrage, die sich im Arsenal der USA befinden.

88 Granaten in einer Patrone

Die "M483A1 Dual Purpose Improved Conventional Munition" ist nach Angaben der Militärwebseite globalsecurity.org eine eher veraltete Technologie. Sie kann bis zu 88 Granaten enthalten, die sowohl Panzerungen durchschlagen als auch Menschen töten. Sie besteht aus einem Aluminiumkörper, der zwei verschiedene Sprengladungen haben kann: Eine sorgt nur für die Verteilung der Granaten, eine andere lässt sie sogleich explodieren. Es können unterschiedliche Typen geladen werden: "M42", die sich sehr groß verteilen und "M46", die etwas schwerer sind und meist direkt zu Boden fallen.

Die "M864"-Munition ist für größere Reichweiten gedacht. Sie kann bis zu 29 Kilometer weit schießen und dann 72 Granaten auswerfen, heißt es auf der Fachwebseite. Ein sogenanntes "Base Bleed System" sorgt durch eine Verringerung des Bodensogs des Geschosses dafür, dass die Granate längere Strecken fliegen kann. Diese Munition kann ebenfalls von 155mm-Haubitzen abgefeuert werden.

Auch deutsche Haubitzen können die Streumunition abschießen

Die Artillerie-Kanonen werden der Ukraine unter anderem aus Deutschland geliefert – so wurde im vergangenen Jahr der Verkauf von 18 Artilleriesysteme des Typs RCH 155 an Kiew genehmigt. Auch die deutsche Panzerhaubitze 2000, die in der Ukraine eingesetzt wird, hat das 155mm-Kaliber. Aus den USA wurden die dort gebauten M177-Haubitzen nach Kiew und dann an die Front gebracht.

Statt Haubitzen können ebenso Mehrfachraketenwerfer eingesetzt werden, um Streumunition abzufeuern. Derzeit sind bereits die Himars-Modelle im Einsatz, die der ukrainischen Artillerie Reichweitenvorteile verschafft haben. Diese können mit "M26"-Raketen bestückt werden, von denen jede bis 644 Schrapnelle tragen kann.

Fast 4.000 Geschosse auf einem Quadratkilometer

Nach Angaben von "Human Rights Watch", die den Einsatz von Streumunition verurteilen, verstreut eine solche Rakete ihre Ladung in einem 200 mal 100 Meter großen Bereich. "Jede Trägerrakete trägt zwölf kleinere 'M26'-Raketen. Eine Salve von sechs Raketen würde 3.864 Submunitionen über ein Gebiet mit einem Radius von 0,6 Meilen (ein Kilometer) abfeuern", beschreiben die Menschenrechtler die Wirkung. Allerdings ist unklar, ob die USA diese Geschosse noch im Arsenal oder bereits vernichtet haben.

Streubomben könnten der Ukraine nach Ansicht von Militärexperten bei ihrer Gegenoffensive gegen russische Truppen helfen, die sich unter anderem in Schützengräben verschanzt haben. Allerdings gilt Streumunition international als geächtet.

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Viele Projektile bleiben im Boden stecken

Ein Grund liegt darin, dass viele Sprengkörper nicht explodieren und im Boden liegen bleiben. Sie können also noch lange nach ihrem Abwurf Menschen töten oder verletzen und sind deswegen eine besondere Gefahr für die Zivilbevölkerung. In vielen Ländern, darunter im Kosovo, in Laos und Kambodscha und im Tschad. Das "Internationale Rote Kreuz" zählt 21 Länder, die noch immer von früheren Kriegen und Auseinandersetzungen betroffen sind.

Ein Pentagon-Sprecher sagte laut Nachrichtenagentur Reuters, die Biden-Regierung erwäge den Versand dieser Munition in die Ukraine, allerdings nur solche, deren Ausfallrate unter 2,35 Prozent liege.

"Die von Russland und der Ukraine eingesetzte Streumunition hat Zivilisten getötet und verletzt und wird den Bewohnern auch in den kommenden Jahren weiterhin Schaden zufügen. Die USA sollten nicht durch den Transfer weiterer Streumunition in die Ukraine zu diesen Risiken beitragen", kommentierte Ida Sawyer, Direktorin von "Human Rights Watch", die aktuelle Entwicklung auf Twitter.

Ein 2010 in Kraft getretenes internationales Abkommen – das sogenannte Oslo-Übereinkommen – verbietet Herstellung, Lagerung, Einsatz und Weitergabe von Streumunition. Allerdings sind weder die USA, noch die Ukraine dem Abkommen beigetreten, ebensowenig wie Russland und China. Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine setzen beide Kriegsparteien Streumunition ein.

Verwendete Quellen
  • faz.net: "Die Ukraine bekommt bessere deutsche Artillerie"
  • hrw.org: "Cluster Munition Questions and Answers: The M26 Rocket" (englisch)
  • globalsecurity.org: "M864 Base Burn DPICM" (englisch)
  • icrc.org: "Cluster Munition Victims" (englisch)
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