Proteste auch in Bulgarien Polen droht mit Blockade ukrainischer Getreideeinfuhr
In Polen und Bulgarien wächst der Widerstand gegen vergünstigte Getreideimporte aus der Ukraine. Die Länder fürchten um ihre eigene Landwirtschaft.
Polen will die Einfuhr ukrainischen Getreides deutlich verringern. "Wir fordern den Einsatz aller ordnungspolitischen Instrumente – Quoten, Zölle –, die die Einfuhr ukrainischen Getreides nach Polen begrenzen oder blockieren", sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Mittwoch an die Adresse der Europäischen Union gerichtet. Die Importe aus der Ukraine würden den polnischen Getreidemarkt destabilisieren.
Die Ukraine ist einer der weltweit größten Getreideexporteure. Eigentlich fördert der Westen gerade im Zuge der russischen Invasion ukrainische Getreideexporte, die zu den wichtigen Einnahmequellen des Landes gehören. Doch nicht nur in Polen regt sich Protest: Auch bulgarische Getreideproduzenten bemängeln Verluste infolge der zollfreien Agrarimporte.
Bulgarische Landwirte blockieren Grenzübergänge
Mit Dutzenden Landwirtschaftsmaschinen blockierten Getreideerzeuger aus dem ganzen Land am Mittwoch für zwei Stunden die Zufahrtsstraße zur Donaubrücke nach Rumänien bei der bulgarischen Stadt Russe. Vorübergehend blockiert wurde auch die E79 bei der Donaustadt Widin, wo eine Brücke nach Rumänien führt sowie ein weiterer Grenzpunkt im Nordosten Bulgariens, wie das bulgarische Staatsradio berichtete.
"Wir sind hier, weil Brüssel unsere Stimme nicht hört", sagte ein Vertreter des südbulgarischen Thrakischen Verbands der Getreideproduzenten, Radoslaw Hristow, während der Blockade bei Russe. Die bulgarischen Getreideproduzenten fordern seit Wochen, dass die viel preisgünstigeren Importe von Agrarerzeugnissen aus der Ukraine – etwa von Weizen und Sonnenblumenkernen – eingestellt werden. Allein die Verluste durch nicht abgesetzte Sonnenblumenkerne beliefen sich Erzeugerangaben zufolge auf umgerechnet gut 400 Millionen Euro.
Bulgarien will Hilfe aus der EU
Agrarminister Jawor Getschew sagte zu den Protestierenden bei Widin, dass Bulgarien von der EU Hilfsmaßnahmen fordern werde. Die Getreideerzeuger wollten am Donnerstag mit Staatschef Rumen Radew zusammentreffen. Den aktuellen Protesten der Getreideproduzenten schlossen sich jetzt auch Obstanbauer und Schafzüchter an. Die Aktionen sollen in den nächsten Tagen weiter gehen.
Erst vor rund zehn Tagen hatten Russland und die Ukraine das von den Vereinten Nationen und der Türkei vermittelte Getreideabkommen verlängert. Es sieht vor, dass die Ukraine trotz des Krieges durch Korridore im teilweise von der russischen Flotte kontrollierten Schwarzen Meer Getreide verschiffen kann. Große Mengen des Agrarproduktes kann die Ukraine nur über den Seeweg exportieren. Die Ausfuhrmöglichkeiten per Lkw oder Bahn sind begrenzt.
- Nachrichtenagenturen Reuters und dpa