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Oberst bei Illner: "Wir sind mehr oder weniger nackt"


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"Maybrit Illner" zur Ukraine
Oberst: "Wir sind mehr oder weniger nackt"


Aktualisiert am 20.01.2023Lesedauer: 4 Min.
Oberst André Wüstner sieht Risiken bei der Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine.Vergrößern des Bildes
Oberst André Wüstner sieht Risiken bei der Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine. (Quelle: IMAGO / Christian Ditsch)
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Lieferungen von Leopard-2-Panzern an die Ukraine stoßen bei Bundeswehroberst Wüstner auf Ablehnung. Bei "Maybritt Illner" warnen auch andere Experten.

Die Bundeswehr will "auf keinen Fall" Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine abtreten, betonte André Wüstner, Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes, am Donnerstag bei "Maybrit Illner", und "sie kann es auch nicht". "Wir sind mehr oder weniger nackt", sagte der Oberst unter Verweis auf die "prekäre" Lage der Truppe. Der Leopard 2 dürfte aber bei den Ukraine-Gesprächen am Freitag ein entscheidender Faktor werden. "Wenn das morgen schiefgeht, dann haben wir einen Scherbenhaufen in der Allianz", warnte Außenexperte Thomas Kleine-Brockhoff.

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Am heutigen Freitag treffen sich auf der US-Militärbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz Vertreter der Nato-Staaten und anderer Länder, welche die Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg unterstützen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Die Gäste

  • André Wüstner, Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes
  • Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär
  • Serap Güler (CDU), Verteidigungspolitikerin
  • Carlo Masala, Militärexperte
  • Thomas Kleine-Brockhoff, Außenexperte
  • Anna Sauerbrey, "Die Zeit"

"Ich glaube, dass wir morgen in Ramstein an einen wesentlichen Wendepunkt geraten", erwartete Kleine-Brockhoff. Der Vizepräsident der US-Denkfabrik "German Marshall Fund of the United States" warnte: "Putin wird sich die Hände reiben. Deshalb darf das morgen nicht schiefgehen." Nach seiner Auffassung steht nicht nur die Glaubwürdigkeit der deutschen Außenpolitik auf dem Spiel, sollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Leopard-Lieferungen verhindern.

"Dann wird niemand deutschen Panzer kaufen"

"Es wird morgen um die Zukunft der deutschen Rüstungsindustrie gehen", unterstrich der Redenschreiber des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. "Denn wenn morgen Nein gesagt wird, dann wird ja niemand mehr einen deutschen Panzer kaufen. Die Polen wollen das ja schon jetzt nicht tun." Der Ex-USA-Korrespondent der "Zeit" warnte: "Deutschland darf nicht die Verhinderungsmacht sein."

Nach Ansicht von Wüstner ist der Ernst der Lage auch für die Bundesrepublik durch den russischen Angriffskrieg noch nicht allen bewusst geworden. "Wir müssen vom Worst Case aus denken", drängte der Oberstleutnant und meinte das schlimmste Szenario. "Ich will nicht den Menschen Angst machen, aber damit alle mal den Schuss hören, was da gerade passiert", sagte er und verwies unter anderem auf die Mobilmachung in Russland und die laufende Munitionsproduktion. Unterdessen seien Munition oder auch Ersatzteile für den Leopard 2 in Europa Mangelware. "Die Politik hat teilweise den Schuss noch nicht gehört", kritisierte Wüstner und warnte: "Dieser Krieg wird nicht in ein oder zwei Jahren vorbei sein."

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Der Bundeswehrvertreter forderte eine Zeitenwende auch in der Industrie. "Es ist noch nicht verstanden worden, dass wir in eine Art Kriegswirtschaft müssen", stellte Wüstner fest. "Ich sage nicht, dass Siemens statt Kühlschränken Munition produzieren muss. Aber wir müssen jetzt mit Blick auf die Industrie beschleunigen." Zwei Jahre Genehmigungsverfahren für eine Munitionsfabrik in Sachsen seien einfach zu lang. Beim LNG-Terminal habe es mit den schnellen Entscheidungen ja auch geklappt.

Kritik an Bundesregierung

Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München warf der Bundesregierung vor, bei der Sicherheits- und Verteidigungspolitik noch so wie in Friedenszeiten zu agieren. Die für Krisen nötigen Strukturen seien schlicht nicht vorhanden, sogar fast ein Jahr nach Beginn des Krieges noch nicht, erklärte er Illner die Versorgungsengpässe. Hier sei es die Aufgabe des neuen Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD), auch verteidigungspolitisch eine Zeitenwende einzuläuten.

Masala drängte auf eine rasche Leopard-Entscheidung. Die ukrainische Armee sei dezimiert, während Russland aufrüste. Sollte die Ukraine weiter geschwächt werden, bringe auch der Leopard nichts mehr. Aktuell habe aber nur dieser Kampfpanzer "die Qualität, der russischen Quantität entgegenzutreten" und Gegenoffensiven zu ermöglichen, um besetztes Gebiet zurückzuerobern.

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Genau dazu soll die Ukraine laut SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert mithilfe der deutschen Unterstützung in die Lage versetzt werden: "Dabei werden wir sie weiterhin unterstützen." In Ramstein wird es aber nicht nur um den Leopard 2 gehen, betonte Kühnert. Der Kampfpanzer sei keine Wunderwaffe, die den Krieg entscheiden werde. "Natürlich ist der Leo kein Gamechanger", sagte Serap Güler, die für die CDU im Verteidigungsausschuss des Bundestages sitzt, über die Panzer. "Aber sie schützen die Menschen vor Ort. Das darf man nicht vergessen." Für Kleine-Brockhoff wäre das grüne Licht aus dem Kanzleramt auch ein wichtiges Zeichen an den Kreml, "dass der Westen nicht klein beigeben wird".

Scholz als "Verunmöglicher"?

Aber "verunmöglicht" Scholz womöglich eine Einigung in Ramstein, weil er die Lieferung von Leopard 2 angeblich nur erlauben wird, wenn die Amerikaner ihren Kampfpanzer Abrams liefern, wollte Illner wissen. Die USA hatten dies bislang zurückgewiesen, weil der Abrams ihrer Ansicht nach nicht für den Einsatz in der Ukraine geeignet ist. "Warum mauert man sich ein und kettet sich an die Option der Abrams-Panzer?", fragte Anna Sauerbrey, Koordinatorin der Außenpolitik bei der "Zeit".

Dieses Verhalten des Bundeskanzlers passt nach Ansicht der Journalistin jedoch zu einer seiner Charaktereigenschaften, die sie als "persönliche Bockigkeit" bezeichnete. Scholz bestehe darauf, sich von niemandem "treiben" zu lassen und habe deswegen erst so spät Pistorius als neues Kabinettsmitglied präsentiert. "Scholz hat damit auch dem neuen Verteidigungsminister einen Bärendienst erwiesen", befand Güler. Pistorius hätte schon vergangene Woche ernannt werden müssen, um sich so besser auf das Ramstein-Treffen vorbereiten zu können.

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Sie wünschte sich vom neuen Verteidigungsminister, sich – wenn nötig – auch gegen Scholz und Kabinettskollegen wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) oder Finanzminister Christian Lindner (FDP) durchzusetzen und sie auf Linie zu bringen. "Die müssen alle an einem Strang ziehen. Und das muss endlich ankommen und Teil der Zeitenwende werden", verlangte die CDU-Politikerin.

Verwendete Quellen
  • "Maybrit Illner" vom 19. Januar 2023
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