Leopard-Lieferungen an die Ukraine Die Panzer-Allianz wächst – und der Druck auf Scholz
Die Rufe nach Lieferungen von Leopard-Panzern an die Ukraine werden lauter. Auch aus der EU kommen entsprechende Forderungen.
Nach der deutschen Zusage von Marder-Schützenpanzern an die Ukraine werden weiter von verschiedenen Seiten Forderungen auch nach Leopard-Kampfpanzern laut. Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz kommt sogar aus den eigenen Reihen der Ampelkoalition. Deutschland müsse seine Blockadehaltung aufgeben, forderte am Wochenende der FDP-Verteidigungsexperte Marcus Faber. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sprach sich für die Lieferung deutscher Leopard-Panzer aus. Russland wolle, dass Europa bei der Ukraine wegschaue. Dies dürfe nicht zugelassen werden.
"Moderne Kampfpanzer sind für die russischen Invasionstruppen eines der überzeugendsten Argumente, die Heimreise anzutreten", sagte Faber der Düsseldorfer "Rheinischen Post". 180 Panzer des Typs Leopard 1 warten Faber zufolge bei der deutschen Industrie auf Exportgenehmigungen in die Ukraine. "Es ist Zeit, vom Zauderer zum Gestalter zu werden", sagte der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Verteidigung der FDP-Bundestagsfraktion. "Den Ukrainern läuft die Zeit davon."
Auch weitere Politiker der Ampelparteien haben sich zu Wort gemeldet. Bei der Zusage für Marder-Schützenpanzer "stehen zu bleiben, wäre falsch", sagte Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montagsausgaben). "Wir sollten alles tun und liefern was möglich ist. Dazu gehören auch Leopard-Panzer."
FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki sagte den Funke-Zeitungen, es könne "vernünftig sein, nicht nur Marder- sondern auch Leopard-Panzer zu liefern". Es sei wichtig, die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine aufrecht zu erhalten. Jeder weitere Schritt der Unterstützung für die Ukraine müsse jedoch eng mit den Nato-Partnern abgestimmt sein. Von einem Alleingang Deutschlands in dieser Frage halte er nichts, sagte Kubicki.
Finnische Politiker rufen Initiative ins Leben
Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag: "Die europäischen Partner warten darauf, dass Deutschland auch bereit ist, einige Kampfpanzer Leopard zu verlegen." Sowohl der Schützenpanzer Marder als auch das Leopard-Modell seien "strategisch wichtig, um zum Beispiel bei den Kämpfen um Bachmut russische Stellungen zurückzudrängen". Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Panzern hätte schon im Herbst beginnen müssen, bemängelte sie.
In Finnland haben die Politiker Anders Adlercreutz und Atte Harjanne eine Interessenvertretung gegründet, deren Aufgabe es ist, die europäischen Regierungen dazu zu bringen, der Ukraine Leopard 2 anzubieten. Das berichtet das dänische "Dagbladet". Gleichzeitig wollen sie die deutsche Regierung dazu bringen, etwaige Angebote zu genehmigen. "Durch eine gemeinsame europäische Anstrengung könnten wir auf möglicherweise entscheidende Weise dazu beitragen, dass die Ukraine in der Lage ist, die Dynamik des Krieges aufrechtzuerhalten", fordern die Politiker.
Der Vorsitzende des finnischen Verteidigungsausschusses, Antti Häkkänen hatte am Freitag dem Fernsehsender "MTV Uutiset" gesagt, dass Finnland der Ukraine Leopard 2-Kampfpanzer geben müsse, wenn dies andere europäische Partner auch täten. Seiner Meinung nach müsse sich dann jedes europäische Land entsprechend seiner Möglichkeiten beteiligen.
Polen erwägt einer Bitte der Ukraine zu entsprechen, seine in Deutschland hergestellten Leopard-Kampfpanzer zu spenden, sagte ein hochrangiger polnischer Diplomat der "Financial Times". "Sie erwägen wirklich, alles zu geben, nur um der Ukraine zu helfen", bestätigte der Zeitung auch ein tschechischer Beamter, der eng an der Unterstützung des Transports westlicher Waffen in die Ukraine beteiligt war.
Klingbeil lehnt Leopard-Lieferungen ab
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil lehnt einem Medienbericht zufolge die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine zunächst ab. Es gehe erstmal darum, sich im internationalen Bündnis abzusprechen, sagt Klingbeil den Sendern RTL/ntv. "Kein Land liefert gerade so schwere Kampfpanzer, wie das der Leopard 1 oder 2 sind." Eine spätere Lieferung des Leopard wolle Klingbeil jedoch nicht ausschließen.
Auch in der deutschen Bevölkerung scheint es keine Mehrheit für Panzerlieferungen zu geben. Laut Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA für "Bild am Sonntag" finden 49 Prozent der befragten Bürger und Bürgerinnen die von der Bundesregierung geplante Lieferung von Marder-Panzern an die Ukraine falsch. 40 Prozent befürworten die Entscheidung, 11 Prozent sind sich unschlüssig oder machen keine Angabe. Die Frage, ob Deutschland der Ukraine auch Kampfpanzer liefern sollte, beantworten 50 Prozent der Befragten mit Nein, 38 Prozent sind dafür. Das Institut hatte im Auftrag der Zeitung am Freitag 1.001 Bürger zu ihrer Meinung befragt.
Die ukrainische Regierung fordert schon seit Monaten Kampfpanzer. Das Verteidigungsministerium scheint jetzt optimistisch zu sein. Auf Twitter fragte es: "Was ist Deine Wette: Abrams or Leopard?" und spielte damit darauf an, ob zuerst amerikanische Abrams-Panzer oder die deutschen Modelle geliefert werden.
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Zunächst werden 40 Marder-Panzer geliefert
Das deutsche Zögern wird immer wieder damit begründet, dass man Russland nicht noch weiter provozieren wolle und Kampfpanzer als aktiver Beitrag zum Krieg gesehen werden könnten. Doch diese Argumente könnten mit der Entscheidung, Marder-Schützenpanzer zu liefern, geschwächt sein. Die Rolle Deutschlands ist dabei von doppelter Bedeutung: Als Herstellerland muss es nämlich auch die Lieferung durch andere Länder genehmigen.
Die Bundesregierung hatte am Donnerstag bekanntgegeben, nun doch Marder-Schützenpanzer und ein Patriot-Flugabwehrsystem an Kiew zu liefern. Laut Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) geht es um "bis zu 40 Marder-Schützenpanzer". Sie sollen aus Beständen der Bundeswehr und der Rüstungsindustrie kommen.
EU-Parlamentspräsidentin Metsola begrüßte die deutschen Hilfen. Es sei wichtig, die militärische Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen, sagte Metsola, die der konservativen EVP-Fraktion angehört, bei einem Besuch der CSU-Landesgruppe im Bundestag im oberbayerischen Kloster Seeon. Sie sei deshalb auch für die von der CSU und Politikern anderer Parteien geforderte Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine.
Metsola sagte, Russland wolle, dass Europa bei der Ukraine wegschaue. Dies dürfe nicht zugelassen werden. Es sei wichtig, dass Europa die Ukrainer politisch, humanitär und auch militärisch weiter unterstütze. Es sei aber auch wichtig, dass Europa seine eigenen Verteidigungskräfte stärke und "eine echte Verteidigungs-Union" werde.
Zustimmung aus Moldau
Auch die moldauische Regierungschefin Natalia Gavrilita begrüßte die Lieferung von Marder-Panzern aus Deutschland. In der Ukraine würden europäische Werte wie Freiheit und Menschenrechte verteidigt, sagte sie am Samstag ebenfalls in Seeon. "Die Ukraine muss in diesem Kampf unterstützt werden." Trotz der direkten Nachbarschaft zur Ukraine fürchtet Moldau laut Gavrilita derzeit keine russischen Angriffe. Solange sich die Kämpfe nicht Richtung Westen verlagerten, halte ihre Regierung die Sicherheitslage für stabil.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt attackierte im Beisein der EU-Parlamentspräsidentin die Bundesregierung scharf. Die deutsche Führungsschwäche sei der Grund, warum Europa insgesamt nicht stark sein könne im Moment. "Eine schwache Bundesregierung ist eine Achillesferse für Europa", sagte der CSU-Politiker.
- Nachrichtenagenturen afp und dpa
- information.dk: "Finske politikere opfordrer Danmark til at diskutere donation af kampvogne til Ukraine" (dänisch)
- ws.com: "U.S., Allies Say Armored Vehicles Will Give Ukraine’s Troops an Edge" (englisch)