Das geschah in der Nacht Selenskyi: "Überall bringen wir die ukrainische Flagge zurück"
Das russische Militär lässt immer mehr Orte in den besetzten Gebieten evakuieren. Die Ukraine verkündet dagegen Erfolge im Osten. Ein Überblick.
Die ukrainische Armee hat bei ihrer Gegenoffensive im Osten des Landes nach eigenen Angaben Erfolge zu verzeichnen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach am Freitagabend von mehr als 30 zurückeroberten Siedlungen in der Region Charkiw. "Überall bringen wir die ukrainische Flagge und den Schutz für unser Volk zurück", sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. Sowohl im Donbass im Osten der Ukraine als auch im Süden des Landes dauerten die "erbitterten Kämpfe" jedoch an, sagte der Präsident.
Nach mehr als einem halben Jahr Krieg sind die ukrainischen Truppen bei ihren Gegenoffensiven zuletzt im Gebiet Charkiw sowie im Gebiet Cherson im Süden vorgerückt. Erst am Donnerstag hatte Selenskyj die Rückeroberung der Kreisstadt Balaklija im Gebiet Charkiw bestätigt. Die Vorstöße zielen weiter auf die Stadt Kupjansk, über die mehrere Eisenbahn- und Straßenlinien führen. Die Kleinstadt gilt daher als strategisch wichtig für den Nachschub der russischen Truppen, die im Norden auf den Donbass zumarschieren.
Derweil kündigten die russischen Besatzer die Evakuierung weiterer Orte im Gebiet Charkiw an. Zunächst sollen Isjum und Kupjansk geräumt werden, wie der Chef der von Russland eingesetzten Militärverwaltung, Witali Gantschew, laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass sagte. Auch der Ort Welykyj Burluk stehe unter Beschuss, dort solle die Zivilbevölkerung ebenfalls an sichere Orte gebracht werden. In Regionen im Süden und Osten der Ukraine gab es in der Nacht Luftangriffe. Was ansonsten in der Nacht in der Ukraine geschah? Ein Überblick.
EU-Länder billigen weitere Milliardenhilfen für Ukraine
Die Ukraine kann bald weitere fünf Milliarden Euro an Krediten von der EU erhalten. Am Freitag befürworteten die Finanz- und Wirtschaftsminister der EU-Länder die Milliardenhilfe, wie die tschechische Ratspräsidentschaft mitteilte. Das neue Darlehen soll für den laufenden Betrieb des Staates verwendet werden und um sicherzustellen, dass kritische Infrastruktur des Landes wie Schulen und Krankenhäuser weiter laufen könne, sagte der tschechische Finanzminister Zbynek Stanjura.
Das Geld ist Teil eines im Mai angekündigten Hilfspakets über insgesamt neun Milliarden Euro. Vor der Auszahlung der fünf Milliarden Euro muss noch das Europaparlament zustimmen, was allerdings als Formalie gilt. Eine Milliarde Euro wurde bereits Anfang August ausgezahlt.
Ukrainischer Gaskonzern klagt gegen Gazprom
Der ukrainische Staatskonzern Naftogaz hat den russischen Gaskonzern Gazprom wegen weggefallener Transitgebühren verklagt. "Wir fordern von Gazprom, in vollem Umfang zu bezahlen", schrieb Naftogaz-Chef Jurij Witrenko am Freitag bei Facebook. Das russische Unternehmen habe seit Mai seinen Transit reduziert und daher weniger überwiesen. Der 2019 unterzeichnete Vertrag sehe jedoch in einer Klausel eine Mindesttransitmenge vor. Diese müsse unabhängig vom realen physischen Transport bezahlt werden.
Der Gerichtsstandort ist Zürich. 2019 hatte Naftogaz in einem ähnlichen Fall bereits umgerechnet über drei Milliarden Euro von Gazprom vor einem schwedischen Schiedsgericht erstritten.
Polen hat Interesse an mehr Atomstrom aus der Ukraine
Angesichts der hohen Strompreise in Europa könnte Polen schon bald deutlich mehr Atomstrom aus der benachbarten Ukraine beziehen. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bedankte sich am Freitag in Kiew beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für die Bereitschaft, Energie aus dem AKW Chmelnyzkyj zu liefern. Selenskyj habe damit gezeigt, dass er die Situation Polens sehr gut verstehe, sagte er nach Angaben der Agentur PAP.
Seit Mitte März ist die Ukraine an den europäischen Stromverbund angeschlossen und sollte am Freitag nach Angaben von Ukrenergo 210 Megawattstunden Strom nach Polen liefern. Der EU- und Nato-Mitgliedstaat Polen mit seinen mehr als 38 Millionen Einwohnern verfügt selbst über kein aktives Atomkraftwerk.
- Nachrichtenagentur dpa