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Neuer Plan: Deutschland braucht zig Milliarden Euro


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Tagesanbruch
Dieser Plan könnte alles verändern

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 03.04.2024Lesedauer: 7 Min.
Regierungschefs Macron, Scholz, Tusk vor zwei Wochen im Kanzleramt.Vergrößern des Bildes
Regierungschefs Macron, Scholz, Tusk vor zwei Wochen im Kanzleramt. (Quelle: imago images)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

wer heute nach Amerika schaut, bekommt das kalte Grausen: Im Wahlkampf der mächtigsten Demokratie stehen sich ein tyrannischer Lügner und ein altersschwacher Polit-Dino gegenüber; das Land ist in zwei verfeindete Lager gespalten und scheint seinen außenpolitischen Kompass verloren zu haben. Weitere Unterstützung für die verzweifelten Ukrainer wird verweigert, dafür hagelt es aus dem rechten Lager Drohungen gegen die Europäer: Wartet nur, sobald wir wieder im Weißen Haus sitzen, erlebt ihr euer blaues Wunder!

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Man kann sich fürchten vor diesem Amerika. Es ist innen aggressiv und außen unberechenbar, es gewichtet Parteitaktik über Bündnisstrategie, es verhält sich trotz seiner alternden Spitzenpolitiker wie ein pubertierender Teenager: mal kraftvoll und herausfordernd, im nächsten Augenblick labil und provozierend. Für die europäischen Demokratien wird es immer schwieriger, mit dieser wankenden Weltmacht umzugehen, auch hierzulande warnen Politiker, Unternehmer und Intellektuelle vor künftigen Bedrohungen aus Washington.

Welch ein Kontrast zur Vergangenheit! Wie stark sich das Verhältnis zwischen Amerika und Europa verändert hat, verdeutlicht ein bahnbrechendes Ereignis, das mit dem heutigen Datum verbunden ist, dem 3. April. Für die Entwicklung Westeuropas, Deutschlands, der EU war es wichtiger als die meisten anderen Entscheidungen der vergangenen Jahrzehnte: Am 3. April 1948, drei Jahre nach dem Ende des schlimmsten Krieges in der Menschheitsgeschichte, verabschiedete der US-Kongress mit großer Mehrheit den "Foreign Assistance Act". Präsident Harry S. Truman unterschrieb ihn noch am selben Tag und setzte ihn in Kraft.

Der Titel sagt Ihnen womöglich nichts, die gängigere Bezeichnung des Gesetzes vermutlich schon: Der Marshallplan legte den Grundstein für den Wiederaufbau Europas, für wirtschaftlichen Wohlstand und politische Stabilität. Dass Sie und ich heute in einem Land leben, das zu den führenden Wirtschaftsmächten der Welt zählt, dass wir keine Not leiden und uns halbwegs sicher fühlen können, ist wesentlich dem Marshallplan zu verdanken, dessen Namensgeber George C. Marshall, damals US-Außenminister, sein Kernanliegen so zusammenfasste:

"Es ist nur logisch, dass die Vereinigten Staaten alles tun, was in ihrer Macht steht, um die Wiederherstellung gesunder wirtschaftlicher Verhältnisse in der Welt zu fördern, ohne die es keine politische Stabilität und keinen sicheren Frieden geben kann. Unsere Politik richtet sich nicht gegen irgendein Land oder irgendeine Doktrin, sondern gegen Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos."

Ein großes Versprechen. Die Amerikaner haben es damals eingelöst. Mit dem Marshallplan (und der Gründung der Nato ein Jahr später) haben sie Europa den Neuanfang ermöglicht und Abermillionen Menschen eine bessere Zukunft beschert.

  • Geld: Rund 13 Milliarden US-Dollar – nach heutiger Kaufkraft weit über 100 Milliarden Dollar – flossen in den Wiederaufbau der kriegszerstörten europäischen Wirtschaft. Neue Straßen, Brücken, Wohnhäuser, Fabriken, Wirtschaftszweige und Forschungsfelder entstanden.
  • Stabilität: Das Programm stärkte Währungen wie die D-Mark, zog weitere Investitionen an, hielt die Inflation gering. Zugleich stabilisierte es die jungen europäischen Demokratien, dämmte kommunistische und rechtsextremistische Umtriebe ein.
  • Handel: Die Amerikaner bauten Geschäftsbarrieren ab und legten die Basis für den integrierten europäischen Markt. So entstand die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Vorläuferin der heutigen OECD. Zugleich banden die USA die Westeuropäer als dauerhafte Partner an sich – eine Verbindung, die acht Jahrzehnte lang florierte.

Eine enorme Leistung, für die den Amerikanern großer Dank gebührt, selbst wenn ihre heutige Außenpolitik oft verstörend wirkt.

Bei Dank sollte man es aber nicht belassen. Der Marshallplan kann eine Blaupause für die Wiederbelebung Europas sein. Denn der Kontinent ist gegenwärtig in keiner guten Verfassung. Den europäischen Demokratien fällt es schwer, sich der Bedrohung durch Putins Verbrecherregime zu erwehren, ihre Armeen zu vernetzen, Desinformationskampagnen zu kontern, die Ukraine dauerhaft zu unterstützen. Sie leiden unter hohen Energiepreisen, veralteter Infrastruktur, erschreckenden Rückständen bei der Digitalisierung und modernen Technologien. In vielen Schlüsselbranchen drohen sie den Anschluss zu verlieren. Es fehlt ihnen eine große Idee, die so unterschiedliche Länder wie Frankreich und Polen, Holland und Ungarn, Schweden und Italien jenseits der Sonntagsreden verbindet, und natürlich fehlt es allerorten auch an Geld, nicht nur in Berlin. Diese strukturellen Mängel werden von den täglichen Krisenschlagzeilen überdeckt, könnten jedoch eine noch viel größere Krise auslösen: Europa droht künftig zwischen den Machtblöcken China und Amerika zerrieben zu werden. Die Gefahr ist groß, dass der Kontinent abgehängt wird und auf die zunehmenden Konflikte durch Nationalismus und Wohlstandsverlust, Klimawandel und Massenmigration nicht mehr adäquat reagieren kann.

Die gute Nachricht ist: Es gibt einen Ausweg aus diesem Dilemma – einen neuen Marshallplan. Ein gemeinsames Großprojekt, das die europäischen Demokratien zusammenschweißt, stärker und innovativer macht. Neben Einigkeit und Solidarität würde es viele Milliarden Euro erfordern, die sich nur durch eine gemeinsame Schuldenaufnahme der Staaten aufbringen ließen. Aber auch dafür gibt es ein Vorbild: den Corona-Wiederaufbaufonds aus dem Februar 2021, der die wirtschaftlichen Schäden der Pandemie in den EU-Ländern mit einem 750 Milliarden Euro großen Pflaster verarztete.

Der neue Marshallplan sollte jedoch nicht Schäden der Vergangenheit kitten, sondern in Wachstumsfelder investieren, die morgen unseren Wohlstand sichern. Genau genommen sind es fünf Technologien, die das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben revolutionieren werden – nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern in den kommenden Jahren.

1. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen: Die Entwicklung intelligenter Systeme, die lernen, vorhersagen und autonom handeln, wird nahezu jeden Aspekt der Arbeitswelt verändern – von der Gesundheitsversorgung über die Produktherstellung bis zur Publizistik. Wer sich als Arzt, Ingenieur oder Journalist heute nicht intensiv mit KI beschäftigt, läuft Gefahr, bald ohne Job dazustehen.

2. Synthetische Biologie: Dank der Genschere CRISPR-Cas9 werden viele Volkskrankheiten bald heilbar sein. Ob Krebs oder Demenz: Patienten erhalten individuell zugeschnittene Medikamente und Vorsorgepräparate; Gesunde können ihren Körper dauerhaft optimieren. 100 Jahre lang fit und fröhlich zu leben, wird keine Ausnahme bleiben.

3. Quanten-Computing: Neuartige Rechner können Aufgaben lösen, die für herkömmliche Geräte unlösbar sind; bald werden sie aus dem Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken sein. Wann muss in Shanghai eine Kiste in einen Container geladen werden, damit ein Medikament exakt 14 Tage, 7 Stunden und 3 Minuten später in einem Operationssaal in Erlangen das Leben eines Organempfängers retten kann? Quantencomputer werden es berechnen und die Lieferkette so optimieren, dass der Transfer auch dann noch klappt, wenn im Suezkanal plötzlich ein Schiff feststeckt. Dasselbe gilt für Autobatterien, Düngemittel, Turnschuhe und alle anderen Güter.

4. Erneuerbare Energien: Nachhaltige Energiequellen sind der Schlüssel zur Bewältigung der Klimakrise. Schon jetzt ist ein globaler Wettlauf um Solartechnik, Wasserstoff und neue Speichertechnologien entbrannt. Wer ihn gewinnt, wird die Weltwirtschaft beherrschen.

5. Nanotechnologie: Winzige Materialteilchen revolutionieren die Herstellung von Produkten. Nanopartikel könnten das globale Wasserproblem lösen, indem sie Keime eliminieren. Oder das Plastik in den Weltmeeren auflösen. Oder jede beliebige Oberfläche ungefährlich mit der exakt benötigten Menge Strom versorgen: Handy auf den Küchentisch legen – zack, schon aufgeladen.

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Zum Schluss

Was gibt es Schöneres als ein herzhaftes Lachen? Bischof Stephan Oster ist diesbezüglich ein Fachmann.

Ich wünsche Ihnen einen fröhlichen Tag.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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