Astro-Alex berichtet aus dem All "Das hat sofort funktioniert mit dem Schweben"
Hinter Alexander Gerst liegen aufregende Monate. Nach seiner Rückkehr auf die Erde erzählt er ausführlich von seiner Zeit auf der ISS. Ob er nochmal fliegt?
Als Astronaut Alexander Gerst die Halle des Europäischen Astronautenzentrums in Köln betritt, hat er einen schweißtreibenden Teil seines Tages bereits absolviert. "Ich habe heute schon zweieinhalb Stunden Sportprogramm hinter mir", sagt er, sichtlich gut gelaunt. Er muss wieder zu Kräften kommen, nach fast 200 Tagen in der Schwerelosigkeit des Alls.
Daran wird sich auch in den nächsten Tagen wenig ändern. Nicht einmal an den Weihnachtstagen, die Gerst mit seiner Familie verbringen kann. Es werde "Liegestütze unter dem Weihnachtsbaum" geben, sagt Gerst. "Einfach, damit ich fit bleibe."
Seit Donnerstag zurück auf der Erde
"Astro-Alex" ist seit Donnerstag zurück von seiner zweiten Weltraummission auf der Internationalen Raumstation ISS. Als erster Deutscher hatte er dort als Kommandant fungiert. Zudem ist er nun der Deutsche mit der längsten Weltraumpraxis: 166 Tage verbrachte er 2014 im All und 197 weitere Tage in diesem Jahr. Kurzum: Gerst ist schon jetzt eine historische Figur. Als er am Samstag in Köln erstmals ausführlich von seiner Mission berichtet, ist das Interesse riesig.
Der zweite ISS-Einsatz sei für ihn tatsächlich leichter gewesen als der erste, sagt er. "Das hat sofort funktioniert mit dem Schweben, also das war absolut sofort wieder da", berichtet der 42-Jährige. Seine Füße hätten sich zum Beispiel instinktiv erinnert, wo auf der ISS Fußläufe sind, um sich einzuhaken.
Die Arbeit als Kommandant sei gleichwohl etwas Besonderes gewesen. Gerst vergleicht sie mit der eines Expeditionsleiters, der den Blick für das große Ganze haben muss – daher habe er sich für die ISS verantwortlich gefühlt. Etwa nach der täglichen Arbeit. "Dann schwebt man nochmal durch die Module und schaut: Ist hier alles in Ordnung?"
Fehlstart der Nachfolger veränderte alles
Die Umstände auf der ISS waren auch aus einem anderen Grund besonders. Nach dem Fehlstart einer Sojus-Rakete Mitte Oktober musste Gerst lange auf Verstärkung warten. Als er die Nachricht bekam, hatte er eigentlich schon Orangensaft für die Crew kaltgestellt.
"Man weiß plötzlich: Die nächsten zwei, drei Monate wird sich alles komplett ändern", beschreibt er rückblickend den Moment. Man musste Arbeit umorganisieren. Neben Überstunden sei es darum gegangen, die Crew zusammenzuhalten – etwa mit gemeinsamen Filmabenden. Er freue sich, zurück zu sein, aber er vermisse auch seine Freunde auf der ISS, sagt Gerst. "Freundschaften, die man da schließt, die halten. Ich bin mir sicher: Die halten ein Leben lang."
Es gilt zwar als höchst wahrscheinlich, dass der 42-Jährige noch einmal ins All fliegt. Er selbst hält sich bislang aber bedeckt. "Ich bin nach wie vor im Astronautenkorps." Er stehe also zur Verfügung. Aber das sei nicht seine persönliche Entscheidung. "Ich habe ja auch noch weitere Kollegen, die jetzt auch erstmal wieder dran sind."
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Seine nahe Zukunft ist dagegen schon geplant. Gerst will bei seiner Familie Weihnachten feiern und freut sich, dass ihm dafür etwas Luft im täglichen Programm aus Rehabilitation, Sport und wissenschaftlichen Experimenten verschafft wurde. Ein klitzekleines Problem gibt es allerdings. "Alle Geschenke habe ich tatsächlich schon – nämlich keine", sagt Gerst. In diesem Jahr habe er aber eine ziemlich gute Ausrede: die fehlende Zeit. "Aber mir ist versichert worden: Darauf kommt es dieses Jahr auch nicht an."
- Nachrichtenagentur dpa