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Putin, Assad, Gaddafi: Warum Diktatoren Bunker bauen


Tiefer, größer, dekadenter
Von Stalin bis Putin – Diktatoren und ihre Bunker


Aktualisiert am 13.12.2024Lesedauer: 7 Min.
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Wladimir Putin: Auch der russische Diktator verfügt über Bunkeranlagen. (Quelle: Alexei Druzhinin/Kremlin Pool via www.imago-images.de)
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Ob Stalin, Gaddafi, Putin oder Assad: Bevor ihre Reiche bröckeln, bauen Diktatoren sich Bunker. Hier hofften sie, sich und ihre Regime retten zu können. Ein Blick in die unterirdischen Reiche.

54 Jahre lang herrschte die Assad-Familie über Syrien. In diesem halben Jahrhundert häufte der Clan unglaubliche Reichtümer an. Nach dem Fall von Baschar al-Assad, der seinem Vater in den Diktatorensessel gefolgt war, bestaunt nun die ganze Welt seine riesigen Paläste, erstaunlichen Luxusautos und eine beeindruckende Kunstsammlung.

Aber die Assad-Familie hat das Geld nicht nur für Luxusgüter ausgegeben, sondern mit ihm auch für alle Eventualitäten vorgesorgt. Unter dem Palast von Mahir al-Assad, dem Bruder des gestürzten Syrien-Diktators, wurde nun ein gigantisches Tunnelsystem entdeckt – inklusive Atombunker.

Videoaufnahmen zeigen ein weitverzweigtes System unter dem Palast: schwere Metalltüren, endlose Treppen, ein eigenes Belüftungssystem und ein unübersichtliches Labyrinth an Räumen und Abzweigungen. Ein Gang verfügt über ein Schienensystem. "Riesiger Tunnelkomplex, breit genug, dass Lastwagen mit Captagon und Gold hindurchfahren können", kommentieren die Rebellen ihren Fund.

Captagon, ein süchtig machendes Aufputschmittel, gilt als eine der Haupteinnahmequellen des Assad-Clans. Mahir al-Assad spielte nicht nur als Kommandant der Präsidentengarde eine zentrale Rolle innerhalb des Regimes, sondern soll auch für das Geschäft mit Captagon verantwortlich gewesen sein.

Video | Syrische Rebellen enthüllen Assads Bunker
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Quelle: t-online

Rückzugsorte, wenn das oberirdische Reich bröckelt

Die Diktatoren aus dem Hause Assad sind aber bei Weitem nicht die ersten Diktatoren, die sich ausgedehnte Bunkersysteme leisteten. Die Geschichte zeigt: Je paranoider ein Machthaber wurde, desto mehr Bunker ließ er sich errichten.

Bunker sind ein Symbol sowohl für Macht als auch für Schwäche. Sie sind der Rückzugsort von Tyrannen, besonders wenn sie in die Enge getrieben sind und ihre Reiche und Regime oberirdisch zerbröckeln.

Wladimir Putin

Einen Blick in die Bunker des russischen Machthabers wird man wohl erst nach seinem Tod oder Sturz werfen können – so erging es Gaddafi, so ergeht es nun Assad. Aber schon jetzt ist Wladimir Putin für seine Vorliebe für Bunker bekannt. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie genießt er in Russland den Spitznamen Bunker-Opa. Diesen verdiente er sich, nachdem er sich wochenlang in seiner Residenz in Nowo-Ogarjowo verbarrikadiert hatte.

Seine Paläste und Präsidentensitze lässt Putin von Luftabwehrsystemen überwachen. Ein spezieller gepanzerter Zug ist sein liebstes Fortbewegungsmittel. Und natürlich sind seine Residenzen mit ausgeklügelten Bunkersystemen ausgestattet. Im vergangenen Jahr veröffentlichte die US-Nachrichtenwebsite "Business Insider" Baupläne der unterirdischen Anlage, mit der der berüchtigte Putin-Palast am Schwarzen Meer ausgestattet wurde. Diese Pläne zeigen zwei ausgeklügelte Tunnelsysteme, die unter dem Protzbau direkt an der Küste verlaufen sollen.

Die mit dickem Beton ummantelten Tunnel sind offenbar über einen Aufzug miteinander verbunden, der bis zu 50 Meter unter die Erdoberfläche fährt. Sie sind etwa 40 bzw. 60 Meter lang und 6 Meter breit. Das entspricht einer Fläche von mehreren Hundert Quadratmetern – was mit der Größe von zwei Tenniscourts vergleichbar ist. Die architektonischen Baupläne zeigen, dass die Tunnel mit Frischwasser, Belüftung und anderen Dingen versorgt werden, die ausreichen, um die Bewohner tage- oder wochenlang zu versorgen.

Luftabwehrsysteme ergänzen die Bunker

Eine Luftaufnahme zeigt zwei Ausgänge des Bunkers im kahlen Felsen, auf dem das Anwesen am Schwarzen Meer thront. Direkt unterhalb davon befindet sich ein Strand. Die Küste davor ist gesperrt und wird vom präsidialen Sicherheitsdienst FSO bewacht. Die Tunnel könnten laut "Business Insider" zudem mit einer Straße verbunden sein, über die Vorräte durch einen versteckten Aufzug in den Palastkomplex gebracht werden könnten. Ein ehemaliger Beamter des US-Außenministeriums und heutiger Uni-Professor, Michael C. Kimmage, hält es laut dem Magazin für wahrscheinlich, dass Putin den Tunnel mit dem Gedanken an einen möglichen Überlebenskampf in Auftrag gegeben habe.

Auch Putins Bergvilla in der Nähe des trendigen Skigebiets Rosa Khutor weist unterirdische Bauten auf. Baupläne, die dem Team des in Haft verstorbenen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny vorliegen, verraten: Die Villa verfügt über vier Stockwerke – zwei davon unter der Erde. Wie andere Residenzen wird diese Villa von Luftabwehrsystemen abgeschirmt. Auch in der Nähe seiner Residenz in der Region Waldai steht ein solches System, ebenso unweit seines offiziellen Sitzes in Nowo-Ogorjowo. In Moskau wurden Luftabwehrsysteme auf den Dächern öffentlicher Gebäude aufgestellt. "Sie sind so positioniert, dass der Kreml von allen Seiten beschützt ist", sagt Georgi Alburow, einer der Mitstreiter Nawalnys. "Putin hat wahrhaftig Angst, dass er mit einer Rakete angegriffen wird, während er arbeitet." Und offenbar auch, während er die Annehmlichkeiten seiner Paläste genießt.

Muammar al-Gaddafi

Gaddafi war der am längsten regierende Herrscher Libyens. Mit 42 Regierungsjahren ist er einer der langjährigsten Machthaber der Welt – Monarchen ausgenommen. Sein Land beherrschte er aus einem Komplex im Süden von Tripolis. Bab al-Aziziya war Gaddafis "Prachttor" und gewaltig und provokant.

Die drei Meter dicken, olivgrünen Mauern des ehemaligen libyschen Machtzentrums erstreckten sich kilometerweit am westlichen Rand der Stadt, bewacht von Maschinengewehrstellungen alle 50 Meter. Wie eine mittelalterliche Burg umschlossen diese Verteidigungsanlagen die Innenmauern, die wiederum einen Palast mit den unvermeidlichen Marmorwänden, goldenen Armaturen, Dampfbädern und Whirlpools umgaben.

Unter dem Kitschhaufen auf der Erdoberfläche liegt ein Bunker. Nach dem Sturz von Gaddafi 2011 fanden Rebellen dort Wände aus dickem Beton vor, schwere Metalltüren, überall Gasmasken und Vorräte an Wasser, Cola, Keksen und Thunfischdosen. Manche Räume waren einfache Schlafquartiere mit Betten, kleinen Kühlschränken und Kommoden. Bei anderen handelte es sich um Schutzräume mit dickeren Wänden und kleinen Metallluken. Am Ende eines Gangs fand man das Wrack eines weiß-grünen Golfwägelchens, wie es Gaddafi oft auf dem Gelände des Komplexes benutzt hat.

Josef Stalin

Der sowjetische Diktator war für seine Paranoia berüchtigt. Er vertraute niemandem. Und auch sein engster Kreis war nicht davor sicher, jederzeit verhaftet und hingerichtet zu werden. Im Laufe der Jahre ließ sich Stalin mehrere Bunker errichten.

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Über seinen Bunker im Kreml gibt es nur spärliche Informationen, er soll viel mehr einem Keller gleichen, der zu einem Luftschutzbunker umfunktioniert wurde. Der russische Admiral Iwan Issakow, der Stalins unterirdisches Büro im Kreml im Winter 1941 besuchte, erinnerte sich, dass der Schutzraum dem Büro Stalins sehr ähnelte: "Die gleichen hohen Eichenpaneele, der gleiche Tisch, die gleichen Porträts von Lenin und Marx an den Wänden und sogar die Vorhänge, die die nicht vorhandenen Fenster verdeckten, waren die gleichen. Nur die Fläche war zweimal kleiner als die des oberirdischen Büros", berichtete er. Auch Stalins Tochter Swetlana schrieb in ihren Memoiren über das Vorhandensein eines Luftschutzbunkers im Kreml und dessen Ähnlichkeit mit einer Wohnung. Über den Bunker ist nichts Weiteres bekannt, da es sich immer noch um eine aktive Anlage des Kremls handelt.

Mehr Schutz bot wohl der Bunker in der Moskauer Metro. Das Arbeitskabinett Stalins befand sich etwa 35 Meter unterhalb der heutigen Metrostation Tschistyje Prudy. Auch das Hauptquartier der Luftverteidigung befand sich dort. Die Züge hielten nicht an dieser Station. Der Bahnsteig war durch eine hohe Mauer abgeschirmt. Stalin betrat den Bunker durch einen geheimen Tunnel, der zum Gefechtsstand des Hauptquartiers der Luftverteidigung führte. Bis heute sind einige Abzweigungen der Moskauer Metro gesperrt.

Auch seine Moskauer Datscha ließ Stalin mit einem Bunker ausstatten. Hier lebte der Diktator in den letzten zwei Jahrzehnten seines Lebens bis zu seinem Tod am 5. März 1953. Im Bunker wurden zwei getrennte Gänge angelegt, damit Stalin nicht mit dem Dienstpersonal zusammentreffen musste. Im Inneren waren die Wände von Stalins Kabinett mit Holzpaneelen verziert. Es gab ein Büro mit einem ovalen Eichentisch für die Sitzungen des Verteidigungsrates. Der Bunker verfügte auch über ein kleines Schlafzimmer für Stalin. Es war jedoch nur mit einem Bett und einem Nachttisch ausgestattet. Einigen Gerüchten zufolge war der Bunker über einen geheimen Tunnel und ein Metro-System mit dem Kreml verbunden.

Benito Mussolini

Auch der italienische Diktator Benito Mussolini ließ sich mehrere Luftschutzbunker bauen: unter anderem den Bunker von Villa Torlonia für seine offizielle Residenz und den Bunker von Piazza Venezia unterhalb seiner Kanzlei. Steile Treppen führen in die unterirdischen privaten Schutzräume Mussolinis unter die Villa Torlonia. Die 15 Meter langen Tunnel sind durch eine vier Meter dicke Stahlbetonwand geschützt. Die Außenwände sind 120 Zentimeter dick. Eine Belüftungsanlage sicherte bei Giftgasangriffen frische Atemluft bis zu sechs Stunden für 15 Personen.

Diesen Bunker hat Mussolini aber nie genutzt. Beim Sturz Mussolinis am 25. Juli 1943 war er noch nicht fertiggestellt.

Adolf Hitler

Es war ein Bunker, in dem Adolf Hitler am 30. April 1945 Suizid beging. Um den Schauplatz – den Führerbunker – ranken sich bis heute viele Mythen. Dabei war dieser Tiefbunker nur einer von vielen im ehemaligen Regierungsviertel rund um die Wilhelmstraße und hatte eine weit geringere Kapazität als gewöhnliche öffentliche Luftschutzbunker.

Während des Zweiten Weltkriegs ließ Hitler fast überall, wo er sich länger als ein paar Tage aufhielt, Bunker bauen. Während der NS-Zeit entstanden im Deutschen Reich sowie in den von Hitler okkupierten Territorien rund 20 "Führerhauptquartiere".

Das "Führerhauptquartier Wolfsschanze" war Hitlers meistgenutztes Hauptquartier. Mehr als 800 Tage verbrachte er hier. In mehreren Bauphasen wurden hier bis 1944 etwa 90 Gebäude errichtet. Dazu gehören acht massive und 40 weniger massive Bunker aus Stahlbeton. Zu den massivsten Bunkern mit Wanddicken zwischen fünf und sieben Metern zählen unter anderem der "Führerbunker" Adolf Hitlers, der Bunker für Reichskanzleichef Martin Bormann und der Bunker des Oberbefehlshabers der Luftwaffe, Reichsmarschall Hermann Göring. Hier besprach Hitler die Kriegslage und den Völkermord an den Juden.

Die Ruinen der Bunkeranlage Adlerhorst im Taunus und des "Führerhauptquartiers" Werwolf in einem Kiefernwald nahe Winnyzja in der Ukraine bleiben bis heute weitere düstere Mahnmale.

In Adlerhorst ragten Betonbunker aus dem Boden, verkleidet mit traditionellem deutschen Fachwerk. Werwolf, eine 34-stündige Zugfahrt von Berlin entfernt, bot Blockhütten, jede mit ihrem eigenen Betonbunker. Es gab ein Schwimmbad, ein Kino und ein Teezimmer und sogar einen Gemüsegarten.

Verwendete Quellen

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