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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Auslöser war Dürre Als Australien einen Krieg gegen Emus führte – und verlor
1932 zog Australien in den Krieg gegen Emus. Bis heute ist die Auseinandersetzung das wohl kurioseste Kapitel der australischen Militärgeschichte.
"Emu-Kriegsminister. Schickt ihn zu seinen Emus zurück", spottete Senator Dunn aus Sydney im australischen Parlament am 18. November 1932. Gemeint war der damalige australische Verteidigungsminister George Pearce. Zwei Wochen zuvor hatte ein von Pearce angeordneter Einsatz begonnen. Er hatte das australische Militär in den Krieg geschickt – gegen Emus.
Im Westen Australiens hatten aufgrund großer Trockenheit etwa 20.000 Emus riesige Herden gebildet. Die Herden zogen durchs Land, fraßen die Weizenfelder leer und trampelten nieder, was übrig blieb. Dieser Umstand bedrohte die Existenzgrundlage vieler Landwirte der Region, da der Weizenpreis zu der Zeit ohnehin niedrig war. Daher beschwerten sich die Landwirte bei der Regierung von Western Australia. Sie forderten, mit Maschinengewehren bewaffnet zu werden, um sich des Problems selbst anzunehmen.
Der Ernteausfall hätte für ganz Australien schwerwiegende Folgen gehabt. Wütende Landwirte zu bewaffnen, schien der australischen Regierung allerdings die falsche Lösung zu sein. Als Reaktion schickte das australische Verteidigungsministerium daher drei Soldaten.
Der Einsatz beginnt
Ihr Auftrag: Unter Führung von Major C. W. P. Meredith sollte die Zahl der Emus deutlich reduziert werden. Außerdem sollte die Truppe nach Ende des Einsatzes 100 Emuhäute mit nach Hause bringen. Diese wollte man dazu nutzen, um die Hüte der leicht bewaffneten Kavallerie mit Federn zu schmücken.
Am 1. November 1932 startete der Einsatz. Erste Tageszeitungen berichteten am 3. November von Schüssen und nutzten fortan den Begriff "Emu War" (zu Deutsch: Emukrieg) für die kuriosen Geschehnisse im Westen des Landes.
Ein erster strategischer Einsatz fand am 4. November statt. Major Meredith hatte sich mit seinen Männern an einer Wasserstelle verschanzt. Man wollte die durstigen Emus dort abfangen und so viele wie möglich erlegen. Doch die Emus ließen sich stundenlang nicht blicken. Erst als sich der Sonnenuntergang näherte, begaben sich die Tiere langsam in Richtung Wasserstelle.
Nach wenigen Sekunden ist alles vorbei
Als sie nur noch 100 Meter von den Soldaten entfernt waren, starteten die mit Maschinengewehren bewaffneten Einsatzkräfte den Angriff. Zehn Kugeln pro Sekunde feuerten die Männer auf die Tiere, Salve um Salve. Federn wirbelten durch die Luft und die Emus sprangen wild umher.
Nach nur wenigen Sekunden war alles vorbei. Die Herde mit etwa 1.000 Tieren hatte sich in alle Windrichtungen verstreut. Emus können auf der Flucht Geschwindigkeiten bis zu 70 km/h erreichen. Major Meredith und seine Soldaten blieben erstaunt zurück. Die Bilanz: Von den 1.000 Tieren erlegte man nur etwa ein Dutzend.
So ähnlich verliefen auch die weiteren Einsätze. Der Munitionsverbrauch war hoch, der Ertrag gering. Während man am 13. und 14. November etwa 40 Emus erlegen konnte, gelang den Soldaten am 15. November nicht ein einziger Abschuss. Denn nicht nur die Soldaten entwickelten neue Taktiken, auch die Emus passten sich der Situation an.
Emus entwickeln eigene Taktik
So konnte beobachtet werden, wie einzelne Tiere zurückblieben und das Gelände beobachteten. War Gefahr in Verzug, stießen sie ein Warnsignal aus. In Windeseile hatte sich die Herden dann wieder aus dem Staub gemacht. Und es gab weitere Probleme für die Soldaten.
Einige Kugeln drangen lediglich in die Fettschichten der Tiere ein und töteten diese nicht unmittelbar. Manche Tiere erlagen zwar zu einem späteren Zeitpunkt ihren Verletzungen, andere aber konnten die Schüsse überleben.
Am 10. Dezember 1932 wurde der Einsatz beendet. Major Meredith legte seinen Bericht vor. Demnach habe man pro Woche etwa 100 Tiere erlegen können. Insgesamt nennt er 986 tote Emus und vermutet, dass etwa 2.500 Tiere später an den Folgen ihrer Verletzungen verendet sind. Einige inoffizielle Quellen nannten allerdings deutlich geringere Zahlen.
Sieg für die Emus bis heute spürbar
Bei aller Spekulation um die wahren Zahlen ist eines sicher: Die Emus haben diesen Krieg gewonnen. Man konnte das Problem nicht lösen. Daher forderten Landwirte der Region auch in den Jahren 1934, 1943 und 1948 militärische Einsätze – vergeblich. Stattdessen entschied man sich dafür, einen Zaun zu bauen, um die Emus von den Feldern fernzuhalten.
So bleibt der Emukrieg als ein kompletter Misserfolg und kurioses Kapitel der australischen Geschichte in Erinnerung. Der Einsatz konnte das Emuproblem nicht lösen, man verschoss Unsummen an Munition und blamierte sich bis auf die Knochen. Auch der Ruf von Verteidigungsminister Pearce war im Spätherbst seiner politischen Karriere komplett ruiniert.
Der Zaun, der die Emus fernhalten soll, steht bis heute und wird stets erneuert und verbessert. Ursprünglich war er 217 Kilometer lang. Mittlerweile wurde der "State Barrier Fence" auf 1.170 Kilometer verlängert. Umweltschützer kritisieren den Zaun allerdings regelmäßig. Er gefährde die Biodiversität des Landes und trenne zusätzlich eine 300 Quadratkilometer große Fläche von den ökologisch bedeutsamen Great Western Woodlands ab, heißt es. Der Streit um den Umgang mit den Emus ist also nicht beendet.
- The Canberra Times: "Over the Speaker's Chair" (Ausgabe: 19.11.1932, englisch, australisches Nationalarchiv)
- spiegel.de: "Piep, piep, piep, wir sind im Krieg"
- The Canberra Times: "Machine Guns Sent Against Emu Pest" (Ausgabe: 03.11.1932, englisch, australisches Nationalarchiv)
- The Daily News: "First Shot in Emu War" (Ausgabe: 03.11.1932, englisch, australisches Nationalarchiv)
- The Canberra Times: "Elusive Emus: Too quick for machine guns" (Ausgabe: 05.11.1932, englisch, australisches Nationalarchiv)
- Eigene Recherche