"Explosive Intensivierung" Deshalb war Hurrikan "Otis" so verheerend
Ein Hurrikan der höchsten Stufe hat an der Pazifikküste für Verwüstung gesorgt. "Otis" hatte innerhalb kurzer Zeit extrem an Stärke zugelegt.
Innerhalb von nur zwölf Stunden hat sich der Tropensturm "Otis" über dem Pazifik zu einem Hurrikan der Stufe 5 gewandelt. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) sprach gar von einer "explosiven Intensivierung". "Otis" übertraf damit auch den Rekordhurrikan "Patrizia" aus dem Jahr 2015.
Laut Experten ist die schnelle Intensivierung der Wirbelstürme auf den Klimawandel zurückzuführen. Weil die Oberflächentemperaturen der Meere steigen, können Hurrikane nicht nur mehr Wasserdampf aufnehmen, sondern dies auch immer schneller tun.
An der mexikanischen Westküste traf der Wirbelsturm auf Land. Am größten war der Schaden in dem beliebten Badeort Acapulco. Dort sei kein einziger Strommast stehen geblieben, beschrieb Präsident Andrés Manuel López Obrador die Lage. Mindestens 27 Menschen starben.
Wie schwer "Otis" in Mexiko wütetet und warum die Vorhersagemodelle erst kurz vor dem Auftreffen auf Land Alarm schlugen, erfahren Sie im Video oben oder hier.
Das ist Koschaks Klima-Kosmos
Venedigs Kanäle trocknen aus, Sandstürme nehmen Menschen die Luft zum Atmen, in Touristengebieten tauchen blutrote Seen auf, die Hitze nimmt zu und beherrscht uns. Ist das noch Wetter oder schon Klima? Welche Phänomene stecken dahinter? Müssen wir uns jedes Mal Sorgen machen – und was kann der Mensch tun? t-online-Kolumnistin Michaela Koschak nimmt aktuelle Nachrichten und Bilder sowie generelle Phänomene zum Anlass, um zu erklären, was hinter ihnen steckt – in "Koschaks Klima-Kosmos".
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Liebe T Online User, heute geht es in Coachs Klima Kosmos um den Hurrikan "Otis", der ja im Südwesten Mexikos heftige Schäden angerichtet hat. Ja, dieser Hurrikan ist ein außergewöhnlicher Hurrikan, denn er hat sich innerhalb von zwölf Stunden von einem Tropensturm in einen Hurrikan der höchsten Kategorie fünf entwickelt und ist dann mit Windgeschwindigkeiten, mit Mittel-Windgeschwindigkeiten von 270 Kilometer pro Stunde und Windspitzen von zum Teil 330 Kilometer pro Stunde auf die Küste Mexikos gestoßen, hat Acapulco getroffen. Diese Stadt wurde, seit 1866 gibt es Statistiken, noch nie von einem Hurrikan erwischt und dann gleich so heftig. Und da das Ganze so schnell ging, konnte auch nicht groß vorgewarnt werden. Was ja normalerweise bei Hurrikans ganz gut funktioniert: dass über Tage hinweg die Leute gewarnt werden, dass sie die Küstenregion verlassen sollen, weil eigentlich die Modelle sehr gut solche Hurrikans erfassen. In dem Fall hat das nicht funktioniert. Die Modelle haben das komplett unterschätzt. Und auch wir Wissenschaftler überlegen, woran es wohl lag. Die Wassertemperatur im Pazifik lag in etwa bei 30 Grad. Mindestens 26 Grad sind nötig, damit sich ein Hurrikan überhaupt bilden kann. Aber die Modelle haben wahrscheinlich diese Oberflächenwassertemperatur unterschätzt. Und wenn dann so ein tropisches System wie ein Tropensturm kritische Punkte übertrifft, dann entwickelt es eine Eigendynamik und das können dann die Modelle überhaupt nicht sehen. Das passiert wirklich selten. In dem Fall ist es passiert. Das heißt, die Modellschrauber von so Modellen müssen jetzt ganz viel analysieren, dass das nicht noch mal passieren wird. Insgesamt ist das ja so, dass die Atmosphäre ein chaotisches System ist. Das heißt, nur schon ein Flügelschlag von einem Schmetterling in Brasilien kann zum Beispiel in Texas einen Orkan auslösen. Das ist die Chaostheorie, die in der Atmosphäre herrscht. Das heißt, es gibt eine Rückkopplung, es gibt Verstärkung, kleine anfangs Veränderungen können große Wirkung haben. Und in dem Fall war es auch wirklich so, dass eine kleine Veränderung, die die Modelle nicht gesehen haben, dazu führte, dass dieser Hurrikan so stark geworden ist. Das ist wirklich außergewöhnlich. Eigentlich sind die Wettermodelle da schon sehr weit, aber in diesem Falle hat es nicht richtig funktioniert.
Michaela Koschak hat an der FU Berlin Meteorologie studiert und ist vielen Menschen aus dem Fernsehen bekannt. Die 45-Jährige hat unter anderem für Sat.1, MDR und NDR das Wetter präsentiert. Außerdem ist sie Buchautorin. Seit 2019 arbeitet Michaela Koschak auch als Kolumnistin für t-online, kommentiert und erklärt bei uns regelmäßig Wetter- und Klimaphänomene.
- Mit Material der dpa