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Italien: Venedig von Rekord-Hochwasser heimgesucht: "Apokalyptische Zerstörung"


"Apokalyptischen Zerstörungen"
Spektakuläre Aufnahmen zeigen Jahrhunderflut in Venedig

Von dpa, ds, aj

Aktualisiert am 14.11.2019Lesedauer: 3 Min.
Ein Ladenbesitzer schaut aus seinem Geschäft auf den überfluteten Markusplatz.Vergrößern des Bildes
Ein Ladenbesitzer schaut aus seinem Geschäft auf den überfluteten Markusplatz. (Quelle: dpa)

Gondeln werden fortgerissen, Gebäude zerstört, Hotels und der Markusdom geflutet: Venedig erlebt ein katastrophales Hochwasser. Schuld daran ist nicht nur der Klimawandel.

Untergangsszenarien gibt es für Venedig seit jeher. Jetzt sind die Bewohner der Unesco-Welterbestadt in Italien eindrücklich daran erinnert worden, wie fragil die wohl schönste Stadt der Welt ist. Seit Dienstag wird die Stadt von einem verheerenden Hochwasser heimgesucht. Gepeitscht von starkem Wind und nach Dauerregen stieg das Wasser so hoch wie zuletzt vor 53 Jahren. "Wir haben es mit apokalyptischen Zerstörungen zu tun", befand der Präsident der Region Venetien, Luca Zaia. Mindestens ein Mensch kam ums Leben. Von einer "Katastrophe" sprach Bürgermeister Luigi Brugnaro und machte den Klimawandel dafür verantwortlich. Er wollte den Notstand ausrufen.

Der italienische Zivilschutz warnte am Donnerstag vor neuen Unwettern mit starkem Wind in der Region Venetien. Der Wasserstand sollte allerdings bei weitem nicht das Rekord-Niveau erreichen. Das Kulturministerium will am Donnerstag den Markusdom auf Schäden prüfen. Ministerpräsident Giuseppe Conte kündigte bei einem Besuch in der Lagunenstadt an, dass die Regierung den Notstand für die Unesco-Welterbestadt ausrufen wird. Gestritten wurde wieder heftig um das skandalgeplagte Flutschutzprojekt. Schulen und Kindergärten sollten auch am Donnerstag geschlossen bleiben, der Schiffsverkehr war extrem eingeschränkt.

Es sind erschreckende Bilder

Wasserbusse schleuderte der starke Wind ans Ufer und versenkte einige, mindestens 60 Schiffe wurden beschädigt. Gondeln und Boote wurden aus Vertäuungen gerissen und trieben durch Kanäle. Hotels wurden überschwemmt. Wasser flutete auch den Markusdom, bis zu 1,10 Meter hoch soll es gestiegen sein. Die Krypta glich einem Schwimmbad. Auch das Opernhaus "La Fenice" stand laut Medien in Teilen unter Wasser.

Auf dem Markusplatz – einer der bekanntesten Touristenattraktionen der Welt – stiefelten am Dienstag noch schaulustige Besucher durch das hüfthohe Wasser. Doch dann wurde es zu gefährlich, Polizisten fuhren mit Booten über den Platz.

Ein Mensch starb beim Versuch, die Entwässerungspumpe in seinem überfluteten Haus wieder in Gang zu setzen, meldete die Nachrichtenagentur Ansa. Ein weiterer Bewohner der Insel sei tot in seinem Haus gefunden worden; eine natürliche Todesursache werde aber nicht ausgeschlossen.

Auch Bürgermeister Brugnaro watete durch die Wassermassen. Er ist wütend. Wütend und besorgt, dass die Stadt den Wassermassen bald nicht mehr gewachsen sein wird. "Venedig wurde in die Knie gezwungen. Der Markusdom hat schwere Schäden abbekommen, genauso wie die ganze Stadt und die Inseln", sagte er. Er macht den Klimawandel für die Katastrophe verantwortlich.

Um kurz vor Mitternacht war das Wasser - angetrieben durch starken Wind - auf 187 Zentimeter über dem normalen Meeresspiegel gestiegen. Das sei der höchste Wert seit der verheerenden Überschwemmung im Jahr 1966, als 194 Zentimeter erreicht wurden, teilte die Gemeinde mit.

"Venedig werden wir verlieren"

Wissenschaftler warnen seit langem vor den Folgen der Erderwärmung für die Welterbestadt, die in einer Lagune an der Adria liegt. Schmelzen Eis und Gletscher, so erhöht sich der Meeresspiegel. Je mehr der Meeresspiegel steigt, desto höher ist das Risiko von Überflutungen. Auch sackt der Boden in Venedig ab. Ein Großteil der Gebäude wurde auf Pfählen gebaut. Ebbe und Flut und Wellenbewegungen durch Schiffe gefährden die Bauten. Kritiker machen zudem das Ausbaggern von Fahrrinnen für große Schiffe für das Absacken verantwortlich.


"Venedig werden wir verlieren, das ist nicht umstritten", sagte vor einem Jahr Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die Frage sei nur wann. "Es kann Jahrhunderte dauern." Die Entwicklung sei langsam aber "unaufhaltsam". Es gebe zwar Anpassungsmöglichkeiten. Diese müssten jedoch sehr groß angelegt sein.

In Venedig entstehen elektronische Barrieren in der Lagune, die bei Hochwasser ausgefahren werden können. Das Projekt namens "Mose" hat sich allerdings unter anderem durch einen Korruptionsskandal verzögert. Einige Bewohner sehen aber genau in dem Projekt, das sie schützen soll, den Untergang. "Dieses Hochwasser ist von Menschen gemacht", sagte Petra Reski, deutsche Journalistin, die seit 30 Jahren in Venedig lebt, der Deutschen Presse-Agentur. "Das größte Problem ist, dass das Wasser sehr schnell reinkommt, aber nicht abfließt. Wegen des "Hochwasserschutzes" kommt das Wasser schneller rein und fließt schlechter ab."


Brugnaro dringt darauf, das skandalgeplagte Flutschutz-Vorhaben fertigzustellen. Er ist der Meinung, dass Katastrophen wie das jetzige Hochwasser mit "Mose" vermieden werden können. Regierungschef Conte erklärte nun, der Bau sei zu "92 bis 93 Prozent" fertig. "Venedig ist ein Kulturerbe Italiens und der Menschheit. Es ist notwendig, dass eine Serie von historischen Problemen gelöst wird."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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