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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Brände in Los Angeles Die Katastrophe trägt eine eindeutige Handschrift
Rund um Los Angeles toben verheerende Brände. Wüstenwinde treiben die Flammen in die Stadt. Gibt es einen Schuldigen für das Inferno?
Menschen sterben, Existenzen werden vernichtet. Flammen fressen sich durch ganze Straßenzüge und lassen nichts übrig als Schutt und Asche. Die Feuerwehr sucht mit Leichenspürhunden nach Opfern.
Ganze Stadtviertel von Los Angeles brennen – und immer wieder lodern neue Feuer auf. Noch ist unklar, ob einige der Feuer absichtlich von Brandstiftern gelegt wurden, wie das in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen ist, oder ob sie durch Unachtsamkeit oder möglicherweise auch andere Ursachen wie marode Stromleitungen entstanden sind. Experten machen derweil aber noch einen ganz anderen Schuldigen aus: den Klimawandel.
"Es ist das ganze Jahr über Brandsaison"
Waldbrände in Kalifornien sind nicht neu. Früher traten sie meist zwischen Mai und Oktober auf. Jetzt brennt es im Januar. Die Western Fire Chiefs Association, eine Vereinigung von Feuerwehrchefs, schreibt dazu: "Aktuelle Daten zeigen, dass die Saison aufgrund steigender Temperaturen und sinkender Niederschläge jedes Jahr früher beginnt und später endet, sodass sie einer ganzjährigen Brandsaison gleichkommt."
Oder wie es Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom formuliert: "Es gibt keine Brandsaison mehr. Es ist das ganze Jahr über Brandsaison."
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Dürre in Kalifornien: Der Feuerwehr ging schon das Löschwasser aus
Ausschlaggebend sind Hitze, Dürre und starke Winde. Der Klimaforscher Mojib Latif erklärt: "Höhere Temperaturen führen zu mehr Verdunstung und lassen die Böden schneller austrocknen." Bei den gegenwärtigen Bränden sei vor allem die außergewöhnliche Trockenheit von Bedeutung: "Es hat seit Mai nicht mehr geregnet, und die Menschen wünschen sich im Winter nichts mehr als Regen, damit die Speicher aufgefüllt werden", erläutert Latif in einer Mail an t-online.
Wie massiv die Wasserknappheit in diesem Jahr ist, wird auch dadurch deutlich, dass die Feuerwehr beim Löschen der Waldbrände am Mittwoch zeitweise auf dem Trockenen saß: Aus den Hydranten im Nobelvorort Pacific Palisades kam kein Tropfen mehr. Die Stadt rief die Einwohner zum Wassersparen auf: Dies gelte nicht nur für die Bürger in den Brandgebieten, sondern für alle Menschen, die ans städtische Versorgungssystem angeschlossen sind.
"Alles das dient nun als Brennstoff für die Brände"
Auf einen weiteren Aspekt verweist die Diplom-Meteorologin Michaela Koschak. Es klingt zunächst paradox, aber: Dass die Dürre, unter der Kalifornien seit nunmehr zwei Jahrzehnten fast dauerhaft leidet, bis Anfang 2024 rund zwei Jahre lang eine vorübergehende Auszeit genommen hatte, verschärfe die aktuelle Lage noch zusätzlich, sagt sie.
Denn während der regenreicheren Zeit hat sich die Natur erholt. Dass in den vergangenen Monaten dann die Dürre zurückkehrte und es in Kalifornien erneut staubtrocken wurde, bedeutet laut Koschak: "Alles, was durch den Regen wieder üppig gewachsen ist, dient nun als Brennstoff für die Brände."
Wüstenwinde und Waldbrände fallen häufiger zusammen
Gespalten sind die Experten in der Frage, ob die berüchtigten Santa-Ana-Winde, die die Feuer anfachen, durch den Klimawandel stärker geworden sind. Laut Koschak ist dies der Fall; der US-Klimaforscher Daniel Swain von der University of California ist hingegen vorsichtiger: Für diese Annahme gebe es "kaum Belege", zitierte ihn die "Los Angeles Times".
Außer Frage steht für ihn allerdings, dass der Klimawandel dazu beiträgt, dass die Wüstenwinde zunehmend auf Waldbrände treffen. Denn die auch Teufelswinde genannten Fallwinde wehen vorwiegend in der kühleren Jahreszeit – in der es anders als vor 50 Jahren jetzt auch häufiger brennt.
Das Risiko extremer Brände hat sich mehr als verdoppelt
Die Santa-Ana-Winde entstehen über dem Great Basin, einem riesigen Hochplateau in den US-Bundesstaaten Nevada, Utah und Idaho. Der Druckunterschied lässt die Luftmassen Richtung Pazifik ziehen. Auf dem Weg durchqueren sie die Mojave-Wüste, müssen durch enge Canyons und werden so beschleunigt.
Dies sind regionale Bedingungen, die die Feuer in Kalifornien noch gefährlicher machen. Aber den Experten zufolge führt der Klimawandel auch weltweit zu erhöhter Waldbrandgefahr. Koschak zitiert eine im Juni im Wissenschaftsmagazin "Nature Ecology & Evolution" erschienene Studie: Demnach habe sich zwischen 2003 und 2023 das Risiko extremer Brände global mehr als verdoppelt. "Sechs der stärksten Brandjahre innerhalb des Untersuchungszeitraums lagen in den vergangenen sieben Jahren", betont Koschak.
"Die Brände zeigen: Es kann jede und jeden treffen"
Auch danach habe sich dieser Trend weiter fortgesetzt. Dies zeige eine Studie vom vergangenen August: In der zurückliegenden Waldbrandsaison, also von März 2023 bis Februar 2024, lagen die durch Brände verursachten CO2-Emissionen demnach um 16 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt. "Besonders hart traf es Kanada, wo mehr als 232.000 Menschen vorsorglich zum Schutz vor Feuer und Rauch evakuiert werden mussten", sagt Koschak. "Das Risiko schwerer Buschbrände hat sich dort durch den Klimawandel annähernd verdreifacht."
Der ZDF-Meteorologe Özden Terli ist sich ebenfalls sicher: "Extremwetter werden in Anzahl und Intensität zunehmen." Das sei Physik mit weitreichenden Folgen. Die Brände würden zeigen: "Es kann jede und jeden treffen."
Die aus seiner Sicht Verantwortlichen benennt Terli ebenfalls: "Eine Fossilklientel verbreitet seit Jahrzehnten Desinformationen und trägt so dazu bei, dass Klimaschutz nicht adäquat umgesetzt wird", schreibt er auf Anfrage von t-online. "Die rasanten Veränderungen sind über Generationen nicht umkehrbar. Im Gegenteil: Sie werden immer krasser."
- Anfragen an Mojib Latif, Michaela Koschak und Özden Terli
- wfca.com: "California Fire Season: In-Depth Guide" (Englisch)
- latimes: Palisades fire: "Worst is ‘yet to come’ as winds gain speed, ground aircraft" (Englisch)
- deutschlandfunk.de: "Was sind die Santa-Ana-Winde, die in Kalifornien die Waldbrände anfachen?"
- nature.com: "Increasing frequency and intensity of the most extreme wildfires on Earth" (Englisch)
- essd.copernicus.org: "State of Wildfires 2023–2024"