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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Tragödie am Ballermann "Wenn man ein Gebäude nicht pflegt, stürzt es ein"
Am Donnerstagabend ist ein Gebäude in Mallorca eingestürzt. Unter den Todesopfern sind auch Deutsche. Die Menschen vor Ort zeigen sich bestürzt.
8 Uhr morgens, Schinkenstraße: Mit einem Tanklaster und Hochdruckreinigern wird die deutsche Feiermeile auf Mallorca gereinigt. Die letzten Nachtschwärmer gehen mit Sonnenbrille, die vermutlich dicke Augenringe verbergen, heim. Viele werden beim Blick auf das Handy wohl zahlreiche Nachrichten von Bekannten und ihren Familien bekommen haben. "Geht es euch gut?", "Ihr wart nicht vor Ort, oder?" dürfte da drin stehen.
Keine anderthalb Kilometer entfernt stehen an die 100 Schaulustige vor dem Medusa Beach Club, der am Abend zuvor eingestürzt ist. Sie gestikulieren wild mit den Händen und zeigen ungläubig auf die dicken Löcher, wo eigentlich eine Decke und ein Boden sein sollte. "Wenn man ein Gebäude nicht pflegt, stürzt es ein", erzählt ein älterer spanischer Herr mit Hut einer Frau, die mit ihrem kleinen Hund auf dem Mäuerchen sitzt. Das Haus ist abgesperrt. Die Trümmer liegen noch im Eingang.
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Die Polizei bestätigte bislang vier Todesopfer, neun Personen sind schwer verletzt, weitere sieben sehr schwer. "Da sind alle möglichen Haut- und Haarfarben dabei. Von der Liste der Namen her sind die meisten wohl Ausländer", sagte Eder García, Chef der Feuerwehr von Palma. Am Freitagvormittag identifizierte die Polizei die Opfer und bestätigte, dass auch zwei deutsche Frauen im Alter von etwa 20 und 30 Jahren darunter sind. Bei den zwei anderen Verstorbenen handelt es sich um einen 44-jährigen Senegalesen und eine 23-jährige Spanierin. Bei den Verletzten handelt es sich um zehn Holländer, drei Deutsche und einen spanische Mitarbeiter des Lokals. Es sind acht Männer und sechs Frauen im Alter zwischen 24 und 34 Jahren. Nun Menschen befanden sich am Freitagabend immer noch im Krankenhaus.
Die erste Vermutung zur Unfallursache: ein zu hohes Gewicht im ersten Stock der Bar, die als Chillout-Lounge genutzt wurde. Zwei Architekten der Stadt untersuchen die Ruine.
Der deutsche Anwohner Stefan, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte, sitzt auf dem Mäuerchen gegenüber, das den Strand von der Promenade trennt. "Vor einer Woche habe ich das 'Medusa' noch angefragt, ob sie einen DJ brauchen", sagt er etwas ungläubig. Zum Glück für ihn war das nicht der Fall. "Ich arbeite ein paar Blocks weiter und kannte die Angestellten flüchtig."
Die durch die Sendung "Goodbye Deutschland" bekannten Mallorca-Auswanderer Caro und Andreas Robens kannten das senegalesische Opfer. "Er war seit zehn Jahren Kunde bei uns im Fitnessstudio und passt auf unser Gym auf, wenn wir nicht da sind", sagt Caro Robens. "Er arbeitet eigentlich in einer Disko, wo es rund um die Uhr drunter und drüber geht."
Es ist vor allem Fassungslosigkeit, die sich unter die deutschen Schaulustigen breitmacht. "Ich habe gestern Abend nichts davon mitbekommen", sagt eine deutsche Anwohnerin, die am Strandhäuschen 6, dem famosen Ballermann, eine Wohnung hat. "Erst als mir Freunde geschrieben haben, ob es mir gut geht, habe ich die Nachrichten gesehen." Angst habe sie nun keine, in ein Restaurant oder eine Kneipe zu gehen. "Wenn ich vor allem Angst hätte, könnte ich gar nicht mehr das Haus verlassen. Ich habe auch schon ein hohes Alter."
- Reporter vor Ort