Nach Fischsterben 2022 Wieder tote Fische in der Oder – Politiker kritisiert Polen und die EU
Die Fischbestände in der Oder sind noch immer gezeichnet von der Katastrophe im vergangenen Jahr. Nun wurden erneut tote Tiere entdeckt.
Eine größere Zahl toter Fische im Oberlauf der Oder an Polens Grenze zu Tschechien hat Unruhe ausgelöst. Auf Höhe des Ortes Chalupki habe man etwa 30 Kilogramm verendeter Fische geborgen, teilte die polnische Umweltbehörde am Dienstagabend mit. Gewebe- sowie Wasserproben müssten nun analysiert werden. Die toten Fische würden seit mehreren Tagen im Wasser auftauchen, es sei wahrscheinlich, dass sie von dem auf tschechischer Seite verlaufenden Teil der Oder flussabwärts trieben.
"Aus unserer Sicht handelt es sich nicht um eine Havarie", sagte eine Sprecherin der tschechischen Wasserbehörde Povodi Odry nach Angaben der Agentur CTK. Eine sofortige Kontrolle der Daten einer Analysestation habe keine Hinweise auf Probleme, zum Beispiel mit dem Sauerstoffgehalt, ergeben.
Es sei möglich, dass die Fische bereits vor einiger Zeit auf natürliche Weise gestorben und erst mit den jüngsten Regenfällen hinausgeschwemmt worden seien. Angesichts der Größe des Flusses seien 30 Kilogramm tote Fische eine "vernachlässigbare Menge", hieß es auf tschechischer Seite.
Nach Katastrophe 2022 fehlen noch immer Fische
Hoher Salzgehalt, Niedrigwasser, hohe Temperaturen und das Gift der Algenart Prymnesium parvum, die auch Goldalge genannt wird, gelten als Ursachen für das massenhafte Fischsterben im Sommer 2022. Ein Jahr nach der Umweltkatastrophe in der Oder fehlen in dem Fluss laut Analysen mehr als die Hälfte der Fische.
Nach Angaben des IGB-Forschers Christian Wolter verendeten laut Schätzungen rund 1.000 Tonnen Fisch in dem Fluss. Die Zahlen liegen höher als bisher angenommen, denn viele Fische konnten nicht vom Ufer abgesammelt werden, da sie etwa auf den Flussgrund sanken, wie es hieß.
Abgeordneter fordert "drastische" Reaktion
Der Brandenburger Linken-Bundestagsabgeordnete Christian Görke fordert mit Blick auf die neuen Meldungen eine "drastische" Reaktion gegenüber Polens Regierung und eine gemeinsame Übereinkunft zur Nutzung des Flusses. "20 Jahre nach dem Beitritts Polen zum Abkommen von Schengen muss endlich eine Übereinkunft darüber her, ob und wie beide Seiten den Fluss für Tourismus und Erholung, aber auch für wirtschaftliche und industrielle Interessen perspektivisch nutzen werden", erklärte Görke.
Auch die EU-Kommission muss seiner Ansicht nach reagieren. "Es braucht sofort effektive Maßnahmen, um das Algenwachstum zu stoppen. Gleichzeitig muss auf der polnischen Seite endlich die Einleitung vieler Salze aus der Industrie über das Abwasser in den Fluss gestoppt werden."
Nach der Umweltkatastrophe vom vergangenen Sommer werden auch weiterhin stark überhöhte Salzfrachten im Fluss gemessen, bislang ist ein erneutes Massensterben jedoch ausgeblieben.
- Nachrichtenagentur dpa