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Italien: Kloster soll Luxusresidenz werden – Mönche planen Hausbesetzung


Kloster soll Luxusresidenz werden
Rebellen-Mönche planen Hausbesetzung

Von t-online, sbi

Aktualisiert am 25.03.2025 - 18:49 UhrLesedauer: 3 Min.
The Basilica di Santo Spirito (Holy Spirit) in Florence, ItalyVergrößern des Bildes
Die Kirche Santo Spirito in Florenz (Archivbild): Verliert der Ort bald seinen ursprünglichen Charme? (Quelle: IMAGO / Pond5 Images)
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In Italien fühlen sich mehrere Mönche über den Tisch gezogen. Teile ihrer bescheidenen Klosteranlage sollen offenbar in eine luxuriöse Seniorenresidenz umgebaut werden. Die Glaubensbrüder planen den Aufstand.

Pater Giuseppe Pagano ist wütend. Der 65-jährige Augustinermönch und seine drei Mitbrüder, die ihr Leben dem stillen Gebet im Kloster Santo Spirito in Florenz (Italien) gewidmet haben, bereiten sich auf einen Kampf vor. Dieser richte sich gegen Pläne, auf dem Gelände der Glaubensgemeinschaft ein Luxus-Seniorenheim zu eröffnen. Das Kloster im Stadtteil Oltrarno ist der Renaissancekirche La basilica di Santa Maria del Santo Spirito angeschlossen.

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"Wir konnten nicht länger schweigen", sagte Pagano dem US-amerikanischen Fernsehsender CNN. "Und wir sind bereit, das Gelände zu besetzen", fügte er hinzu. Damit wollen die Mönche beginnen, sobald die Umbauarbeiten spruchreif würden. "Eine Geldstrafe und eine Gefängnisstrafe sind ein geringer Preis dafür, dass wir standhaft bleiben", erklärte Pagano die Motivation der Mönche.

Michelangelo lebte einst in dem Kloster

Das Kloster wurde 1397 für Einsiedlermönche gegründet, die ihr Leben dem heiligen Augustinus gewidmet hatten. Es steht seit Jahrhunderten unter der Obhut des Augustinerordens. Einst lebte und studierte hier der italienische Maler und Bildhauer Michelangelo (1475 bis 1564). Der Komplex – gegenüber dem historischen Zentrum von Florenz am anderen Ufer des Arno gelegen – beherbergt bis heute das hölzerne Kruzifix, das der Renaissancemeister für die Basilika geschnitzt hatte.

Doch das Areal ist teilweise Eigentum des italienischen Verteidigungsministeriums. Im Jahr 1866 beschlagnahmte der damalige italienische Staat die oberen Räume und verbannte die Mönche in die unteren Bereiche.

Geht es nach dem Willen des Ministeriums, soll nun eine Militärkaserne, die sich ebenfalls auf dem Gelände befindet, geschlossen und in ein luxuriöses Altersheim umgewandelt werden. Mit Balkonen, deren Blick sich auf einen abgeschiedenen Innenhof richtet – und der werde von den Mönchen genutzt. Die Vorstellung, dass Gäste aus den Fenstern im Obergeschoss in den Innenhof blicken könnten, "erscheint uns als Eingriff in unsere Privatsphäre", erklärte Pagano.

Mönche erfuhren durch Zufall, worum es geht

Den Zuschlag für die Renovierung hatte nach einer Ausschreibung eine Firma namens FastPOL Multiservice SNC erhalten, ein Spezialist für luxuriöse Seniorenresidenzen und Hotels mit Sitz in Mailand. Laut CNN gab das Ministerium zwar damit den Bauträger bekannt. Zum aktuellen Streit mit den Mönchen wollte es sich bislang jedoch nicht äußern.

Die Mönche ihrerseits behaupteten, sie seien über den Plan weitgehend im Dunkeln gelassen worden. "Wir wussten seit Jahren, dass die Armee aus dem Kasernenkomplex abziehen wollte, und baten sie, uns auf dem Laufenden zu halten", sagte Pagano. Doch dann hätten sie durch Zufall erfahren, dass das Verteidigungsministerium die Höfe ausgeschrieben hatte. Pagano ist sich sicher: "Das Unternehmen, das den Zuschlag erhalten hat, spricht von einem Seniorenheim. Aber wir vermuten, dass es eher einem Fünf-Sterne-Hotel ähneln wird." Dann verwies er auf das Budget und die Spezialisierung des Bauträgers.

Offener Brief an den Bürgermeister

Inzwischen hat Pagano die Unterstützung von "Salviamo Firenze" (auf Deutsch: Rettet Florenz) in Anspruch genommen. Die Gruppe setzt sich dafür ein, Florenz vor übermäßigem Tourismus zu schützen, und hat angekündigt, sich den Protesten der Mönche anzuschließen, die sich notfalls im Kloster verbarrikadieren wollen, sobald die Arbeiten beginnen. Die Anfrage an das Verteidigungsministerium, ob es zu einem Gespräch mit den Ordensbrüdern bereit sei, soll bis heute unbeantwortet geblieben sein. Eigentlich wollten die Mönche bei dem Treffen einen Alternativplan vorstellen. Dieser sehe ein Gemeindezentrum für die Menschen in Florenz vor, unter anderem mit einer Bibliothek, einem Konferenzraum sowie einem Gästehaus für Studenten.

Weil sich diesbezüglich vom Ministerium bisher niemand regte, habe Pagano schließlich einen offenen Brief an den Bürgermeister von Florenz geschrieben, der in der italienischen Presse veröffentlicht wurde.

Lorenzo Calvani, der Anwalt der Augustiner, sagte, sie hätten eine Klage vorbereitet, falls das Projekt tatsächlich umgesetzt werde. "Wir werden nicht tatenlos zusehen", betonte der Jurist. Zudem wachse in der Stadt die Solidarität mit den Brüdern von Santo Spirito. Laut Eike Schmidt, dem ehemaligen Direktor der Uffizien in Florenz, sei der eigentliche Skandal, dass in aller Stille mit der Übertragung der Gebäude an Privatpersonen begonnen wurde. Die Mönche haben derweil nur einen Wunsch: "Möge dieser Ort weiterbestehen, ohne seine Identität zu verlieren", fasste Pagano zusammen.

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