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Italien: Drei Menschen totgefahren – Deutsche will sich an nichts erinnern


Ermittlungen in Italien
Drei Menschen totgefahren – keine Bremsspuren erkennbar

Von dpa
10.07.2023Lesedauer: 3 Min.
Trauer in Santo Stefano di Cadore: Eine Frau fuhr in eine Familie, drei Menschen starben.Vergrößern des Bildes
Trauer in Santo Stefano di Cadore: Eine Frau fuhr in eine Familie, drei Menschen starben. (Quelle: dpa)

War es Absicht oder ein Unfall? Nach dem Tod von drei Menschen in Italien ermittelt die Polizei gegen eine Deutsche. Sie erinnert sich nach eigener Aussage an nichts.

In dem kleinen Örtchen Santo Stefano di Cadore herrscht immer noch Fassungslosigkeit. Wie konnte es dazu kommen, dass eine deutsche Autofahrerin drei Fußgänger – einen Zweijährigen, dessen Vater und die Großmutter – so in den Tod riss? Nach der Kollision vom Donnerstag in Norditalien bleibt die Frau aus Niederbayern vorerst in Untersuchungshaft, wie eine Haftprüfungsrichterin am Montag laut Nachrichtenagentur Ansa entschied.

Die 31-jährige Deutsche wurde demnach via Videokonferenz aus dem Krankenhaus von Venedig befragt. Auf die dortige psychiatrische Station war sie am Sonntagabend gebracht worden – zuvor war sie im Frauengefängnis Giudecca in Venedig inhaftiert.

Weder vom Pflichtverteidiger noch vom Gericht gab es zunächst auf Anfrage eine offizielle Stellungnahme. Für Dienstag wurde eine Pressekonferenz des zuständigen Staatsanwalts Paolo Luca in der norditalienischen Stadt Belluno angekündigt, schrieb Ansa.

Absichtlich überfahren?

In Santo Stefano in den Dolomiten hatte der Bürgermeister für Montag einen Trauertag ausgerufen. Dort, wo wenige Tage zuvor auf der Via Udine die drei Familienmitglieder starben; wo an der Unfallstelle nun Blumen, Kerzen und Kuscheltiere liegen. Und wo seitdem über einen schrecklichen Verdacht getuschelt wird: Hat die Deutsche die Fußgängergruppe womöglich absichtlich überfahren?

"Wir müssen mit empirischen Daten arbeiten", sagte Staatsanwalt Luca dem "Corriere della Sera" am Sonntag und ergänzte: "Zu diesem Zeitpunkt ist es sinnlos, Rekonstruktionen anzustellen, die sich als irreführend erweisen könnten. Ich kann sagen, dass wir nichts ausschließen, solange wir nicht alle Elemente zusammengefügt haben."

Lange Haftstrafe droht

Als gesichert gilt, dass die Frau mit hoher Geschwindigkeit in die Familie raste, die auf dem Bürgersteig lief. Die beiden Erwachsenen wurden ebenso wie der Zweijährige, der in einem Kinderwagen saß, voll erfasst und meterweit durch die Luft geschleudert. Der Vater und die Großmutter starben noch an der Unfallstelle. Das Kleinkind wurde in ein Krankenhaus geflogen, konnte aber nicht gerettet werden. Die Mutter wurde nicht lebensgefährlich verletzt. Der Großvater, der wohl mit etwas Abstand zur Gruppe spaziert war, erlitt laut Berichten einen Herzinfarkt und wurde ebenfalls in ein Krankenhaus gebracht.

Der Deutschen droht bei einer Verurteilung wegen mehrfacher Tötung im Straßenverkehr – einem Straftatbestand in Italien – eine möglicherweise lange Haftstrafe.

Giuseppe Triolo, der Pflichtverteidiger der Frau, berichtete am Wochenende laut "Corriere", dass sich seine Mandantin an nichts erinnere. "Ich bin in einem Abgrund", soll die Frau immer wieder gesagt haben, heißt es in dem Medienbericht. Vom Unfall wisse sie gar nichts, schilderte Triolo, "so, als sei sie nicht dabei gewesen".

Keine Bremsspuren

Bilder einer in einer Werkstatt angebrachten Überwachungskamera, die publik gemacht und den Ermittlern übergeben worden waren, zeigten zwar nicht den Aufprall, aber das Unfallauto wenige Augenblicke vor der Kollision um kurz vor 15.15 Uhr. Die Aufnahmen lassen erahnen, dass der Wagen viel zu schnell im Ortskern unterwegs war. Laut Medien könnte die Frau bis zu 90 Kilometer pro Stunde schnell gefahren sein. Der Aufprall war im Video zu hören.

Auf der Straße seien keine Bremsspuren erkennbar gewesen. Dies könnte theoretisch dafür sprechen, dass die Deutsche eventuell absichtlich in die Leute raste – oder dass sie abgelenkt war, etwa durch ein Handy. Die Polizei überprüft ihr Smartphone und die Mobilfunkdaten.

Dazu sind Zeugenaussagen und frühere Vorkommnisse zu bewerten. Laut Ansa berichtete jemand aus dem Dorf, dass die Deutsche kurz vor dem Unfall in einen lautstarken Streit verwickelt war, ehe sie plötzlich in ihr Auto stieg und davonraste. Zudem hieß es, sie sei schon Wochen zuvor in Bozen mit aggressivem Verhalten in der Öffentlichkeit aufgefallen. Italienische Medien durchforsteten zudem die Profile der Frau in Sozialen Netzwerken. All das werden die Ermittler nun prüfen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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