Kampf gegen Aids Forscher erklären vierten HIV-Patienten für geheilt
Erfolg in der Aids-Forschung: Ein vierter Patient gilt als genesen. Doch immer noch sterben jährlich Hunderttausende Menschen an den Folgen der Krankheit.
Nach Angaben von Aids-Forschern ist ein vierter Patient mit HIV von dem Virus geheilt worden. Bei dem 66-jährigen Patienten des "City of Hope"-Krebszentrums im US-Bundesstaat Kalifornien konnte nach einer Knochenmarktransplantation zur Behandlung seiner Leukämie eine vollständige Heilung festgestellt werden, wie Forscher am Mittwoch im Vorfeld der am Freitag im kanadischen Montréal beginnenden internationalen Aids-Konferenz bekannt gaben.
Der "City of Hope"-Patient ist demnach bereits der zweite HIV-Patient, der in diesem Jahr vollständig geheilt werden konnte. Im Februar hatten Forscher eine als New Yorker Patientin bekannte US-Bürgerin für genesen erklärt. Lesen Sie hier mehr dazu. Zuvor konnten schon Patienten aus London und Berlin geheilt werden.
"Ich bin unendlich dankbar"
Der vierte Patient, der anonym bleiben möchte, teilte in einer Erklärung des kalifornischen Krebszentrums mit: "Als bei mir 1988 HIV diagnostiziert wurde, glaubte ich, wie viele andere damals auch, es wäre mein Todesurteil. Ich hätte niemals gedacht, dass ich den Tag erleben würde, an dem ich kein HIV mehr habe. Ich bin unendlich dankbar."
Bei dem "City of Hope"-Patienten wurde 2019 eine Leukämie diagnostiziert. Daraufhin erhielt er – wie auch die beiden HIV-Patienten aus London und Berlin – eine Knochenmarktransplantation mit Stammzellen eines nicht verwandten Spenders mit einer seltenen Mutation, bei der ein Teil des CCR5-Gens fehlt. Menschen ohne dieses Gen kann der Erreger der Immunschwächekrankheit Aids nichts anhaben.
Nach der Corona-Impfung im März 2021 setzte der Patient die antiretroviralen Medikamente ab und gilt seither als vollständig geheilt. Der Patient war 31 Jahre lang mit dem HI-Virus infiziert, länger als die anderen Menschen, die vollständig geheilt werden konnten.
Ältester der vollständig geheilten Patienten
Jana Dickter, Spezialistin für Infektionskrankheiten am Krebszentrum "City of Hope" (Stadt der Hoffnung), sagte der Nachrichtenagentur AFP, er sei der älteste der vollständig geheilten HIV-Patienten, und sein Erfolg sei vielversprechend für andere ältere HIV-Patienten, die ebenfalls an Krebs leiden.
Die Chemotherapie mit reduzierter Intensität habe bei dem Patienten geholfen und könne auch anderen älteren HIV-Patienten mit Krebs eine Behandlung ermöglichen, sagte Dickter. Allerdings sei es eine komplizierte Behandlung mit starken Nebenwirkungen, die für die meisten HIV-Patienten keine Option sei.
Kampf gegen Aids weltweit ins Stocken geraten
Trotz dieses Erfolgs ist der Kampf gegen Aids einem UN-Bericht zufolge weltweit ins Stocken geraten. In den vergangenen beiden Jahren hätten – auch angesichts der Corona-Pandemie und anderer Krisen – deutlich weniger Mittel als zuvor zur Bekämpfung von HIV und Aids zur Verfügung gestanden, hieß es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht des UN-Programms für den Kampf gegen Aids (UNAIDS). In einigen Regionen, in denen die Zahl der Neuinfektionen zuvor gesunken war, stiegen sie nun wieder; Millionen von Leben seien bedroht.
Weltweit hätten sich im vergangenen Jahr rund 1,5 Millionen Menschen neu mit dem HI-Virus infiziert. Damit sei die Zahl der Neuinfektionen im Vergleich zum Vorjahr zwar immer noch gesunken, allerdings nur noch um 3,6 Prozent – so wenig wie seit 2016 nicht mehr. Unter anderem in Osteuropa, Teilen Asiens, Lateinamerika, dem Nahen Osten und Nordafrika sei die Zahl der Neuinfektionen gestiegen. Im Osten und Süden Afrikas sei der Fortschritt ins Stocken geraten. Einen Rückgang der Infektionen habe es beispielsweise in West- und Zentralafrika sowie in der Karibik gegeben.
650.000 Menschen starben 2021 an Folgen von Aids
Relativ gesehen besonders hoch sei die Zahl der Neuinfektionen bei jungen Frauen und weiblichen Jugendlichen gewesen, hieß es in dem Bericht. Alle zwei Minuten habe es 2021 in dieser Gruppe eine Neuinfektion gegeben. Insgesamt lebten inzwischen weltweit mehr als 38 Millionen Menschen mit HIV. Rund 650.000 Menschen seien im vergangenen Jahr an den Folgen von Aids gestorben. "Diese Zahlen zeigen, dass der weltweite Kampf gegen Aids in Gefahr ist", sagte UNAIDS-Chefin Winnie Byanyima.
Von Freitag an wollen Tausende Experten und Interessierte bei der 24. Welt-Aids-Konferenz im kanadischen Montreal über Wege und Strategien im Kampf gegen die Epidemie diskutieren. 2020 hatte die Konferenz wegen der Corona-Pandemie nur digital stattgefunden, diesmal soll es zum Treffen in Montreal auch digitale Angebote geben. Die 1985 erstmals durchgeführte Konferenz gilt als das weltweit größte wissenschaftliche Treffen zum Thema Aids.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa