Groß-Razzia gegen 'Ndrangheta Beamte sollen Geheimnisse an Mafia verraten haben
Eklat bei den europaweiten Anti-Mafia-Ermittlungen: Auch deutsche Beamte sollen Teil des kriminellen Netzwerks sein. Unter den Verdächtigen sind Polizisten.
Die weitreichenden Ermittlungen gegen die kalabrische Mafia-Gruppierung 'Ndrangheta erstrecken sich in Nordrhein-Westfalen auch auf Beamte. Es werde gegen fünf Beschuldigte wegen Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt, sagte eine Sprecherin der Duisburger Staatsanwaltschaft.
Duisburg ist eine Hochburg der Clans
Dabei handele es sich um zwei Polizisten, eine Regierungsbeschäftigte der Polizei, eine Mitarbeiterin der bei Köln gelegenen Stadt Wesseling und eine ehemalige Mitarbeiterin der Stadt Duisburg. Sie alle sollen illegal Informationen an mutmaßliche Mitglieder der 'Ndrangheta oder deren Helfer weitergegeben haben. Dafür sollen sie "behördliche Auskunftssysteme" genutzt haben. Nach bisherigem Stand hätten sie keine finanzielle Gegenleistung erhalten. Welche Informationen die Beschuldigten mutmaßlich weitergaben, geben die Ermittler bislang nicht preis.
Duisburg gilt seit den spektakulären Morden im Jahr 2007 bundesweit als Hochburg der kalabrischen Clans, die den weltweiten Kokainhandel dominieren. Bei der europaweiten Anti-Mafia-Razzia mit dem Decknamen "Pollino" war Nordrhein-Westfalen am Mittwoch deswegen einer der Schwerpunkte. Eine weitere mit dem Verfahren zusammenhängende Operation der Ermittlungskommission "Falabella" bei der Polizei Köln führte zu sieben Festnahmen. Auch hier hatte die Polizei nach jahrelanger Ermittlungsarbeit mutmaßliche 'Ndranghetisti im Visier. Insgesamt führten die Aktionen "Pollino" und "Falabella" bundesweit zu Dutzenden Festnahmen. Allein in NRW seien 18 Menschen verhaftet worden, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul.
Lob für deutsche Gesetzesreformen aus Italien
Nach der Razzia lobte der italienische Staatsanwalt Giovanni Bombardieri Neuerungen in der deutschen Gesetzgebung: "Deutschland rüstet sich", sagte er in Anspielung auf die verbesserten Möglichkeiten, auf das Vermögen der Mafia zuzugreifen. Solche rechtliche Handhabe müsse in ganz Europa geschaffen werden. Die Ermittlungen hätten der 'Ndrangheta zwar einen Schlag versetzt, es werde aber nicht ihr Ende sein.
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Einer der Hauptverdächtigen wurde in Pulheim bei Köln festgenommen. Es handelte sich um einen 45-jährigen Gastwirt. Den Tatverdächtigen im Kölner Verfahren werden bisher mindestens 23 Transporte von jeweils 80 Kilo Kokain aus den Niederlanden nach England zur Last gelegt. Zudem sollen ein Teil der Beschuldigten über Strohleute ein bundesweites Firmengeflecht für Betrugsdelikte aufgebaut haben. Bei den europaweiten Durchsuchungen im "Pollino"-Verfahren des Bundeskriminalamts wurden mehr als 4 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Gegen Dutzende Beschuldigte in Deutschland wird ermittelt.
- eigene Recherchen
- Mitteilung der Polizei Köln
- Nachrichtenagentur dpa