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Angriff auf eine Synagoge in Pittsburgh: Täter droht Todesstrafe


Elf Tote bei Angriff auf Synagoge
Weltweites Entsetzen über antisemitischen Anschlag in Pittsburgh

Von t-online, dpa, dru

Aktualisiert am 29.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Menschen trauern vor der Synagoge in Pittsburgh, in der am Samstag elf Menschen getötet und sechs weitere verletzt wurden.Vergrößern des Bildes
Menschen trauern vor der Synagoge in Pittsburgh, in der am Samstag elf Menschen getötet und sechs weitere verletzt wurden. (Quelle: John Altdorfer/reuters)
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Die Synagoge in Pittsburgh war voll mit Menschen, als ein schwer bewaffneter Mann hereinstürmte und um sich schoss. Der mutmaßliche Täter hatte sein Verbrechen im Internet angekündigt.

Es ist der wohl tödlichste antisemitische Gewaltakt der US-Geschichte: Ein schwer bewaffneter Angreifer hat am Samstag in einer Synagoge in Pittsburgh um sich geschossen und mindestens elf Menschen getötet. Sechs weitere Menschen wurden verletzt, darunter vier Polizisten, wie die örtlichen Behörden mitteilten. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen. Das Attentat löste international Entsetzen aus.

Der Angreifer hatte während einer Zeremonie zur Namensgebung für ein Baby am Sabbat-Tag das Feuer eröffnet. Dabei soll er Medienberichten zufolge "Alle Juden müssen sterben!" gebrüllt haben. Nach Behördenangaben war er mit einem Sturmgewehr und mindestens drei Handgranaten bewaffnet. Nach einem Schusswechsel mit der Polizei wurde er festgenommen und in ein Krankenhaus eingeliefert.

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Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um den 46-jährigen Robert Bowers aus Pittsburgh. Die Bundesstaatsanwaltschaft erhob noch in der Nacht Anklage in insgesamt 29 Punkten gegen den Mann. Nach Angaben von US-Justizminister Jeff Sessions könnte ihm die Todesstrafe drohen.

Wendell Hissrich, der Direktor für öffentliche Sicherheit in Pittsburgh, sprach von entsetzlichen Bildern im Innern der Synagoge. "Es gehört zum Schlimmsten, was ich je gesehen habe. Und ich habe viel gesehen, auch Flugzeugabstürze", sagte er. "Es ist sehr schlimm." Der Angriff, so Hissrich, werde als rassistisches Verbrechen behandelt. Das FBI habe die Ermittlungen übernommen.

Der mutmaßliche Täter soll der Verfasser einer Serie von antisemitischen Botschaften sein, die vor allem in einem rechtsgerichteten Portal veröffentlichte wurden. In einem Eintrag, der von Bowers stammen soll und nur wenige Stunden vor dem Attentat gepostet wurde, wird die jüdische Flüchtlingshilfeorganisation Hias angegriffen: "Hias holt gerne Eindringlinge, die unsere Leute töten. Ich kann nicht sitzen bleiben und zusehen, wie meine Leute abgeschlachtet werden. Scheiß auf Eure Sichtweise, ich gehe rein."

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Gläubige verbarrikadierten sich

Zum Zeitpunkt der Attacke soll das Gebäude voller Menschen gewesen sein. Die Polizei erhielt nach eigenen Angaben zahlreiche Notrufe von Betroffenen, die sich in der Synagoge verbarrikadiert hätten. In der Gegend um das Gotteshaus leben viele Menschen jüdischen Glaubens.

Stephen Weiss, der während des Angriffs in der Synagoge war, sagte dem Nachrichtenportal "Trib Live": "Wir hielten unseren Gottesdienst ab, als wir aus der Eingangshalle großen Krach hörten. Es kam mir vor wie Schüsse." Er hätte sich mit anderen im hinteren Teil des Gebetsraums versteckt, berichtete Weiss. Durch einen Hinterausgang hätten sie aus der Synagoge fliehen können.

Fernsehbilder zeigten, wie in der Umgebung um das Gotteshaus ein großes Polizeiaufgebot auffuhr. Menschen wurden von Feuerwehrleuten und Polizeibeamten in Sicherheit gebracht.

"Bösartige antisemitische Attacke"

US-Präsident Donald Trump rief nach den ersten Berichten über die Schießerei in Pittsburgh Anwohner dazu auf, in ihren Häusern zu bleiben und vorsichtig zu sein. "Gott schütze Sie", schrieb er auf Twitter.

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Trump betonte: "Diese bösartige antisemitische Attacke ist ein Angriff gegen die Menschheit." Das "tödliche Gift des Antisemitismus" müsse bekämpft werden. Trump forderte zudem schnellere Todesurteile für Mörder. "Sie sollten wirklich den ultimativen Preis zahlen. Sie sollten nicht Jahre über Jahre darauf warten." Vizepräsident Mike Pence schloss sich der umstrittenen Auffassung an.

Der Präsident sprach sich zudem für bewaffnete Sicherheitsleute bei Gottesdiensten aus. "Ein Verrückter ging hinein und sie hatten keinen Schutz", sagte Trump. "Bewaffnete Posten hätten ihn sofort stoppen können." Er ordnete am späten Samstagabend an, die US-Flagge an allen öffentlichen Gebäuden auf Halbmast zu setzen.

In Pittsburgh und auch vor dem Weißen Haus in Washington kamen am Abend spontan Menschen zusammen und trauerten gemeinsam um die Opfer.

Jüdische Gemeinde erschüttert

Die "Tree-of-Life"-Synagoge gilt als ein konservatives jüdisches Gotteshaus, das jedoch offen für Neuerungen sei, wie der Präsident der jüdischen Gemeinde im Großraum Pittsburgh, Jeff Finkelstein, am Ort des Geschehens sagte. Normalerweise finden sich dort am Samstagmorgen rund 50 bis 60 Gläubige ein. Auch in anderen Gegenden der USA wurden sofort die Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen erweitert.

In Squirrel Hill leben seinen Angaben zufolge rund 50 Prozent der im Großraum Pittsburgh ansässigen Juden. Finkelstein zeigte sich erschüttert: "So etwas sollte nicht passieren, nicht in einer Synagoge, nicht in unserem Viertel."

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu verurteilte die Schüsse scharf. "Mein Herz ist gebrochen und ich bin angewidert von der mörderischen Attacke auf eine Synagoge in Pittsburgh", sagte Netanjahu in einem Video-Statement. "Das gesamte israelische Volk trauert mit den Familien der Toten."

Auch der Jüdische Weltkongress (WJC) äußerte sich schockiert. WJC-Präsident Ronald Lauder sprach von einem "abscheulichen Terrorakt" und ergänzte: "Das war ein Angriff nicht nur auf die jüdische Gemeinde, sondern auf ganz Amerika." Seine Gedanken und Gebete seien mit den Opfern, ihren Familien und allen Menschen in Pittsburgh.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und UN-Generalsekretär António Guterres verurteilten die Tat ebenfalls mit scharfen Worten. "Wir alle müssen uns dem Antisemitismus entschlossen entgegenstellen – überall", schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert im Auftrag der Kanzlerin auf Twitter.

Juden immer wieder Ziel von Anschlägen

Die Schüsse von Pittsburgh sind der vorläufige Höhepunkt einer Reihe antisemitischer Straftaten in den vergangenen Jahren. In Europa gab es in den vergangenen beiden Jahrzehnten mehrere Anschläge auf jüdische Einrichtungen. Bei einem Terroranschlag auf eine Synagoge im tunesischen Djerba wurden 2002 21 Menschen getötet, darunter zwölf Deutsche.

2012 griff ein Mann eine jüdische Schule in Toulouse an und ermordete drei Kinder, einen Lehrer und drei Soldaten. Der Angreifer starb dann im Kugelhagel der Polizei. Er hatte sich selbst als Al-Kaida-Anhänger bezeichnet. 2014 verübte ein Islamist einen Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel, vier Menschen kamen ums Leben. In Paris tötete ein Islamist 2015 vier Menschen in einem jüdischen Supermarkt.

Verwendete Quellen
  • dpa
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