Krawalle in Frankreich Polizei erschießt Jugendlichen nach Verkehrskontrolle
Ein junger Mann weigert sich bei einer Polizeikontrolle zu kooperieren. Er fährt "mutwillig" auf einen der Beamten zu. Dieser zieht seine Waffe und verwundet den Fahrer tödlich. Daraufhin eskaliert die Lage im französischen Nantes – es gibt Krawalle in mehreren Stadtteilen.
In der westfranzösischen Stadt Nantes ist es am Dienstagabend nach der Tötung eines jungen Mannes durch die Polizei zu Zusammenstößen gekommen. Wie aus Polizeikreisen verlautete, gab es Auseinandersetzungen zwischen Beamten und mit Molotowcocktails bewaffneten Jugendlichen. Die Unruhen betrafen mehrere als Brennpunkte geltende Stadtteile. Autos wurden angezündet und ein Einkaufszentrum teilweise in Brand gesteckt.
Medienaufnahmen zeigten unter anderem ausgebrannte Autos und beschädigte Geschäfte, mehrere Viertel waren von den Krawallen in der Nacht zum Mittwoch betroffen. "Die Schäden sind erheblich", sagte Präfektin Nicole Klein dem Sender BFMTV. Innenminister Gérard Collomb verurteilte "die Gewalttaten und die inakzeptablen Zerstörungen" und rief zur Ruhe auf, wie sein Ministerium mitteilte.
Erinnerungen an 2005
Die dramatischen Ereignisse wecken Erinnerungen an die Banlieue-Unruhen von 2005. Damals hatten sich zwei Jugendliche auf der Flucht vor der Polizei in einem Transformatorenhäuschen in Lebensgefahr gebracht und einen tödlichen Stromschlag erlitten - der Unfall war Auslöser für wochenlange Jugendrevolten in Vorstädten.
Minister Collomb versprach nun "alle notwendigen Mittel", um "die Situation zu beruhigen und jedem neuen Zwischenfall vorzubeugen". Es sei an der Justiz, die Umstände aufzuklären, die zum Tod des Autofahrers geführt hätten.
Der Staatsanwalt von Nantes, Pierre Sennès, beschrieb die Lage in Breil am Abend als "sehr unruhig und unübersichtlich". Zur Verstärkung wurden in dem Stadtteil weitere Polizeikräfte erwartet. Ein Bewohner von Nantes sagte AFP, er habe "Detonationen" gehört. "Es hat überall gebrannt, sie waren dabei, alles kaputt zu machen."
Gegen Mann lag Haftbefehl vor
Gegen den aus der Region Paris stammenden jungen Mann lag ein Haftbefehl vor, wie Staatsanwalt Pierre Sennès der französischen Nachrichtenagentur AFP sagte. Er sei wegen bandenmäßigen Diebstahls, Hehlerei und krimineller Vereinigung gesucht worden.
Die Nachricht von dem Polizeieinsatz erregte übereinstimmenden Medienberichten zufolge den Zorn zahlreicher Bewohner des Viertels. Manche Jugendliche hätten gesagt, dass sie sich rächen wollten, berichtete der Sender France Bleu Loire Océan. Nach Angaben der Regionalzeitung "Ouest-France" warfen junge Leute Brandsätze auf Polizisten. Die Sicherheitskräfte setzten demnach Tränengas ein.
Die Bürgermeisterin von Nantes, Johanna Rolland, rief die Bewohner der westfranzösischen Stadt zur Ruhe auf. Die Justiz müsse in "vollkommener Unabhängigkeit" aufklären, was passiert sei. Bis zum frühen Mittwochmorgen hatte sich die Lage nach Angaben der Präfektin wieder beruhigt.
Umstände der Tötung werden ermittelt
Zuvor am Abend war laut Polizei ein junger Mann im Alter von 22 Jahren wegen einer Ordnungswidrigkeit bei einer Fahrzeugkontrolle gestoppt worden. Bei der Kontrolle habe er "so getan, als wolle er aus dem Fahrzeug aussteigen", und sei dann "gegen einen Polizeibeamten gefahren", sagte der örtliche Polizeidirektor Jean-Christophe Bertrand. Der Beamte sei leicht am Knie verletzt worden, ein weiterer Beamter habe daraufhin geschossen und den jungen Mann getroffen, der "leider gestorben" sei.
Aus Polizeikreisen verlautete, der junge Mann sei an der Halsschlagader getroffen worden und im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen. Laut Staatsanwaltschaft werden derzeit die "Umstände untersucht, unter denen der Polizist Gebrauch von seiner Schusswaffe machte".
- afp