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Prozessbeginn: Apotheker soll Krebsmedikamente gepanscht haben


Apotheker panscht Krebsmedikamente
"Grenzenlose Menschenverachtung und eiskaltes Gewinnstreben"

Von dpa, afp, t-online, jmt

Aktualisiert am 13.11.2017Lesedauer: 2 Min.
Der angeklagte Apotheker Peter S.: Der 47-Jährige soll fast 62.000 Krebsmedikamente gepanscht haben.Vergrößern des Bildes
Der angeklagte Apotheker Peter S.: Der 47-Jährige soll fast 62.000 Krebsmedikamente gepanscht haben. (Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa)
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Jahrelang soll ein Apotheker aus Bottrop teure Krebsmedikamente aus Profitgier zu gering dosiert haben. Tausende Patienten in sechs Bundesländern sind betroffen. Nun hat der Prozess vor dem Landgericht Essen begonnen.

Nicht nur unter großem Medienandrang begann der Prozess gegen den Apotheker. Auch viele Patienten erschienen zum Prozessauftakt in Essen. "Ich möchte leben und kämpfe dafür, dass es ein gerechtes Urteil geben wird", sagte ein 56-Jährige aus Bottrop. Sie ist an Krebs erkrankt und bezog Medikamente von dem nun angeklagten Apotheker. Ebenso wie tausende andere Patienten.

Schaden in Höhe von 56 Millionen Euro

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 47-jährigen Peter S. vor, von 2012 bis 2016 fast 62.000 Medikamente gepanscht zu haben. Der 47-Jährige betrieb eine alteingesessene Apotheke in der Bottroper Innenstadt. Angeschlossen war ein Speziallabor für die Herstellung krebshemmender Medikamente. Dort verdünnte er die Mittel gegen Krebs stark, rechnete bei Krankenkassen laut Anklage aber die verschriebene Wirkstoffmenge ab.

Insgesamt soll den Krankenkassen ein Schaden in Höhe von 56 Millionen Euro entstanden sein. Mit den Medikamenten belieferte er 37 Arztpraxen und Kliniken in sechs Bundesländern.

Über das Ausmaß des Skandals berichtete das gemeinnützige Recherchezentrum "Correctiv" zuerst. Während die Staatsanwaltschaft von "einer niedrigen vierstelligen Zahl" betroffener ausgeht Das Recherchezntrum geht von mindestens 4661 belieferten Patienten aus. Allerdings seien das nur die Zahlen seit 2012 – auf diese beschränke sich die Staatsanwaltschaft, da die Vorwürfe des Abrechnungsbetrugs nach fünf Jahren verjährten.

Anklage wegen Mordversuchs?

Ein Nebenklage-Anwalt zweifelte deswegen zu Prozessbeginn die Zuständigkeit des Gerichts an. Dass der angeklagte Apotheker Medikamente gepanscht habe, sei ein Mordversuch aus Habgier, argumentierte Siegmund Benecken, der eine der betroffenen Frauen vertritt. Das Verfahren gehöre deshalb vor das Schwurgericht. Derzeit wird vor der Wirtschaftskammer des Essener Landgerichts verhandelt. Benecken hatte zuvor betont, der Angeklagte habe "aus grenzenloser Menschenverachtung und eiskaltem Gewinnstreben" gehandelt und dabei in Kauf genommen, dass Krebspatienten früher stürben.

Zwei Mitarbeiter der Apotheke hatten die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Bei einer Razzia Ende November 2016 wurde der Apotheker festgenommen und sein Speziallabor geschlossen. Der Angeklagte sitzt seit fast einem Jahr in Untersuchungshaft. Er hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe und ein Berufsverbot.

Patientenschutz fordert schärfere Kontrollen

Die Stiftung Patientenschutz hat von Bund und Ländern aufgrund des Falles schärfere Gesetze zur Kontrolle von Schwerpunktapotheken für Krebsmedikamente gefordert. Deutschlandweit gebe es 300 dieser Apotheken, erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Diese Apotheken versorgten hunderttausende Patienten. "Unangekündigte Stichprobenkontrollen müssen viermal jährlich durch Amtsapotheker stattfinden. Zudem gilt es, nicht verbrauchte individuelle Krebsmittel zentral zu sammeln und stichprobenartig auf die Wirkstoffe zu überprüfen", forderte Brysch.

Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe bereits verbesserte Regelungen bei der Apothekenüberwachung angekündigt.

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