Gastgeberland der COP29 Veruntreute Milliarden flossen in EU-Immobilien
Millionen aus Aserbaidschan verschwanden spurlos – und tauchten in Europa wieder auf. Eine Luxemburger Bank steht nun im Zentrum der Ermittlungen.
Der frühere Vorsitzende von Aserbaidschans Nationalbank (IBA), Jahangir Hajiyev, ist wegen des massiven Diebstahls öffentlicher Gelder bereits zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Doch neue Details zeigen, wie das Geldsystem in Europa die Verbrechen erst ermöglichte. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Banque Internationale à Luxembourg (BIL), über deren Konten mutmaßlich Millionenbeträge aus Aserbaidschan geflossen sein sollen. Das geht aus einem Bericht des "OCCRP", einem Projekt zur Erfassung und Veröffentlichung von organisierter Kriminalität und Korruption hervor.
Laut Angaben der britischen Nationalen Agentur für Kriminalität (NCA) diente ein Konto bei der BIL als Drehscheibe, über die Gelder aus Hajiyevs Veruntreuungen auf luxuriöse Immobilien in Großbritannien gelenkt wurden. Dabei profitierten Hajiyev und seine Familie direkt von den Transaktionen. Insgesamt soll Hajiyev über 3,5 Milliarden Dollar (rund 3,2 Milliarden Euro) veruntreut haben.
Aserbaidschans Nationalbank: Zentrum eines Systems aus Korruption und Verschleierung
Die Ermittler der NCA hatten in einer eidesstattlichen Erklärung bereits im Juni 2023 aufgeschlüsselt, wie Gelder von der IBA über Luxemburg in Immobilien in Europa investiert wurden. Ein wesentlicher Teil der Beweise zeigt die Verbindung zwischen Hajiyev und Khagani Bashirov, einem aserbaidschanischstämmigen Geschäftsmann und französischen Staatsbürger. Er gründete laut Aussagen der NCA für Hajiyev eine Reihe von Scheinfirmen. Die Gelder, die für den Kauf eines Golfclubs in Berkshire verwendet wurden, stammten angeblich von einem Firmenkonto bei der BIL, das laut NCA von Bashirov gesteuert wurde.
Das 242-seitige Dokument der NCA legt dar, dass Bashirov in den Jahren zwischen 2011 und 2015 mindestens 175 Millionen Dollar über Konten bei der BIL bewegte. Davon sollen rund 14 Millionen Dollar direkt aus der IBA stammen. Zusätzlich sollen zwischen 2005 und 2015 weitere 450 Millionen Dollar über andere Konten von der Firma geflossen sein. Die NCA hebt hervor, dass Bashirov so eine weltumspannende Struktur von Scheinfirmen aufbaute, über die Gelder aus der IBA ohne Kontrolle in westliche Finanzzentren gelangen konnten.
Scheinfirmen und die Verschleierung von Eigentumsverhältnissen
Luxemburg diente als zentrales Drehkreuz für Bashirovs Aktivitäten, wie das "OCCRP" unter Berufung auf das NCA schreibt. Die BIL soll es ihm demzufolge ermöglicht haben, Gelder über eine Vielzahl von Konten und Firmen zu verschieben. Zudem gründete Bashirov in Luxemburg eine Treuhandgesellschaft, die es ihm erlaubte, die Scheinfirmen und ihre Buchhaltung vollständig zu kontrollieren, was die Überprüfung durch unabhängige Dritte erschwerte.
Bashirov verteidigte sich in verschiedenen Interviews und betonte, dass er als "Treuhänder" für Hajiyev handelte. Alle Transaktionen seien durch Banken und Anwälte genehmigt worden, und er habe keinerlei Straftaten begangen. Bashirov wurde von der luxemburgischen Justiz im letzten Monat wegen Geldwäsche und Urkundenfälschung angeklagt.
Britische Ermittlungen und die Spur des Geldes aus Aserbaidschan
Die britischen Behörden verfolgen bereits seit 2018 den finanziellen Fußabdruck der Hajiyev-Familie. Damals erließ ein britisches Gericht eine sogenannte "Unexplained Wealth Order" gegen Hajiyevs Frau, um die Herkunft von Vermögenswerten in Großbritannien zu untersuchen. Im August dieses Jahres bestätigte das Gericht die Einziehung der fraglichen Immobilien. Laut NCA konnten die ermittelten Geldströme zurück bis nach Aserbaidschan verfolgt werden, wo Hajiyev und Bashirov die Gelder über das Bankensystem verteilt und verdeckt hätten.
Das Erbe von Aserbaidschans Nationalbank (IBA)
Die IBA, einst Aserbaidschans größte Staatsbank, war nicht nur ein Finanzinstrument, sondern auch ein Werkzeug zur Unterstützung der Eliten in Baku. Während seiner 14 Jahre an der Spitze der IBA nutzte Hajiyev das Bankensystem, um hohe Summen aus dem Land zu schaffen und ein System des sogenannten "aserbaidschanischen Waschsalons" aufzubauen. Diese Geldwäscheoperation machte es möglich, riesige Beträge aus Aserbaidschan nach Europa zu transferieren und in Immobilien und andere Anlagen zu stecken. Inzwischen wurde die IBA reformiert und firmiert heute als ABB.
Eka Rostomashvili von Transparency International, einer NGO die sich weltweit gegen Korruption engagiert, kritisierte in diesem Zusammenhang die laschen Kontrollen im luxemburgischen Bankensektor. Auch wenn die BIL im Jahr 2020 aufgrund ihrer mangelhaften Anti-Geldwäsche-Maßnahmen mit einer Geldstrafe belegt wurde, war dies für viele ein unzureichender Schritt, da die Schwachstellen in den internen Kontrollsystemen weiterhin bestehen. Die NCA macht in ihrer Erklärung deutlich, dass es nicht ausreiche, interne Vorschriften zu verbessern – es brauche eine umfassendere Verantwortung der Banken, solche Praktiken zu verhindern.
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- occrp.org: "Luxembourg Bank "Central" to Purchase of High-End British Real Estate with Embezzled Azerbaijan Funds, U.K. Police Say" (englisch)
- abzas.org: "Azərbaycandan Lüksemburqa: Prezident Administrasiyasının yüksək çinli məmuru Fransada milyonluq mülkə necə sahib olub?" (aserbaidschanisch)
- france24.com: "Côte d’Azur: Behind a luxury villa, Azerbaijani interests" (französisch)
- bbc.com: "A mulher que terá de se explicar após gastar R$ 78,8 milhões em uma loja de luxo" (protugiesisch)