28 Corona-Tote in Pflegeheim Verstorbene waren ungeimpft – Patientenschützer fordert Klärung
In einem Pflegeheim im thüringischen Cumbach ist die Anzahl der Todesfälle nach einem Corona-Ausbruch auf 28 gestiegen. 22 der Verstorbenen waren ungeimpft. Die Heimleitung äußert sich vielsagend.
28 Menschen sind nach einem Corona-Ausbruch in Rudolstadt-Cumbach in Thüringen gestorben. Die Sprecherin des Trägers des Seniorenheims, der "K&S Gruppe", erklärte auf Nachfrage von t-online, dass 22 der Todesopfer nicht gegen das Coronavirus geimpft waren. Die Frage nach dem Warum müsse man der Gesellschaft stellen, so die Sprecherin.
Nicht geboostert, nicht zweifach geimpft, nicht zum ersten Mal geimpft – 22 Verstorbene des Seniorenheims in Cumbach seien "komplett ungeimpft" gewesen. Immer wieder habe man Impfangebote gemacht und diese über verschiedene Kanäle beworben. Doch: "Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung liegt nicht immer bei den Bewohnerinnen oder Bewohnern selbst", erklärte die Sprecherin. Häufig seien es auch die Angehörigen, die entscheiden müssen.
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Zudem könne eine Impfung für Bewohnerinnen und Bewohner "in einer Palliativsituation eine zusätzliche Belastung" bedeuten. Doch wie generell in der Gesellschaft gebe es auch in dem Pflegeheim Bewohnerinnen und Bewohner, die skeptisch seien, was die Verabreichung der Vakzine anbelange.
Auch unter den Pflegekräften sind ungeimpfte Personen
Nun, so die Sprecherin, mache man weiterhin Angebote und biete Termine für Impfungen an. Man versuche weiter, Überzeugungsarbeit zu leisten. Insgesamt machten die Angestellten des Heims "gerade eine anstrengende Zeit durch", ließ die Sprecherin verlauten. Auf Nachfrage betonte sie, dass auch unter ihnen vereinzelte Personen nicht geimpft seien. Inzwischen kämen vermehrt bislang ungeimpfte Pflegekräfte sowie Seniorinnen und Senioren auf die Angestellten zu: Sie wollten nun doch die Impfung.
Wie sich das Virus in der Seniorenresidenz im Herzen Thüringens ausbreiten konnte, "lässt sich nicht nachvollziehen", sagte die Sprecherin.
Patientenschützer fordert Klärung
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat wegen des Vorfalls eine Debatte über den Umgang mit Impfentscheidungen von Menschen, die unter Betreuung stehen gefordert. Eigentlich seien in solchen Fällen die behandelnden Ärzte in der Verantwortung, ein Betreuungsgericht anzurufen, um den Willen der Bewohner zu klären, sagte Vorstand Eugen Brysch. Das sei grundsätzlich nötig, wenn sich die Meinung von Arzt und Bevollmächtigten in Betreuungsfragen unterschieden. "Alles andere ist fahrlässig."
In anderen Fällen sei es gelebte Praxis, dass in Betreuungsfragen, in denen sich die Meinungen von Ärzten und Vormunden unterscheiden, ein Gericht angerufen werde, das binnen 24 Stunden entscheiden könne, sagte Brysch weiter. Nach Angaben des zuständigen Betreuungsgerichts in Rudolstadt waren weder von Bewohnern, Ärzten oder der Heimleitung selbst entsprechende Anträge eingegangen. Grundsätzlich sei das aber auch bei Impffragen möglich, erläuterte ein Sprecher.
Fälle wie in Rudolstadt werde es in Zukunft häufiger geben, sagte Brysch. Er vermute, dass das auch schon in anderen Heimen vorgekommen sei. Es müsse daher schnell und allgemein geklärt werden, wie damit umzugehen sei. Damit könne man nicht warten, bis eine allgemeine Impfpflicht eingeführt ist. "Wir sind mitten in einer Pandemie und haben heute 900.000 Pflegeheimbewohner, bei denen geklärt werden muss, wer Verantwortung trägt." Ein Nein des Betreuers oder Bevollmächtigten reiche nicht aus, es müsse der Willen des Patienten geklärt werden.
- Nachrichtenagentur dpa
- Telefonat mit einer Sprecherin des Trägers des betroffenen Pflegeheims