Wissenschaftler zu Corona-Impfstoffen "Das sind erwartete, akzeptable Nebenwirkungen"
Corona-Impfstoffe gelten als einzige Rettung aus der Krise. Doch die Skepsis scheint groß. Das Paul-Ehrlich-Institut hat über ihre Wirksamkeit, Sicherheit und mögliche Nebenwirkungen informiert.
325 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen nach Impfungen sind dem Paul-Ehrlich-Institut bisher gemeldet worden. Das entspreche 0,53 Verdachtsfällen pro 1000 Impfdosen und sei konsistent mit den bekannten Fachinformationen, teilten Instituts-Präsident Klaus Cichutek und Brigitte Keller-Stanislawski, Abteilungsleiterin Sicherheit von Arzneimitteln, am Donnerstag mit. Insgesamt sind in Deutschland laut Robert Koch-Institut bisher rund 842.000 Menschen geimpft worden (Stand 14. Januar).
Zu den Beschwerden, die nach den ersten Impfungen gemeldet werden, zählten beispielsweise Schmerzen und Rötungen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Übelkeit und Frösteln. "Das sind die erwarteten, akzeptablen Nebenwirkungen, die keinen Schaden nach sich ziehen", so Cichutek.
Zehn Todesfälle nach Impfungen werden untersucht
Bis zu diesem Donnerstag seien außerdem zehn Todesfälle nach Impfungen gemeldet worden, die das Paul-Ehrlich-Institut untersuche. "Wir gehen davon aus, dass die Patienten aufgrund ihrer Grunderkrankung verstorben sind", sagte Keller-Stanislawski und verwies auf das hohe Alter und die Vorerkrankungen der Gestorbenen. Es würden zurzeit "wirklich schwerkranke Personen geimpft, auch palliative Patienten“. Die Zahlen lägen im "Rahmen des Erwarteten". Bislang sehe man kein "Risikosignal bei diesen Zahlen".
Cichutek ging auch auf weit verbreitete Falschinformationen ein: Es bestehe durch die Impfungen keinerlei Risiko einer Veränderung des Erbguts, versicherte er. Die mRNA der Impfstoffe werde außerdem innerhalb weniger Stunden im Körper abgebaut.
Impfstoffe schützen auch bei neuen Mutationen
Um die Impfbereitschaft zu steigern, setze man auf Aufklärung. Man hoffe, dass die Menschen so erkennen, dass eine "wissenschaftlich hohe Evidenz-Basis" notwendig sei, um Impfstoffe zuzulassen. Gerade bei Ärzten oder Personen, die Risikogruppen behandeln, sei die Impfung zentral.
Mit den beiden bisher in Deutschland zugelassenen Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna habe man Stoffe, die "Gamechanger bei der Pandemie sein können und werden", so Cichutek. Das Institut geht davon aus, dass die zugelassenen Impfstoffe auch gegen die neuen Virus-Mutationen schützen. Sollte wegen Mutationen eine Anpassung der Baupläne der Impfstoffe nötig werden, was prinzipiell innerhalb von sechs Wochen möglich sei, könne eine Zulassung schnell erfolgen, sagte Cichutek.
Was hat es mit den mRNA-Impfstoffen auf sich?
Bei mRNA-Impfstoffen handelt es sich um eine völlig neue Art von Vakzinen. Vor der Corona-Krise wurde kein Impfstoff dieser Art für Menschen zugelassen. Ihr großer Vorteil: die einfache Struktur der RNA. Deshalb können innerhalb weniger Woche viele Millionen Impfdosen produziert werden.
Die sogenannte Boten-RNA (engl: messenger ribonucleic acid, mRNA) in den Impfstoffen liefert einen Teil der Erbinformation des Virus an die menschlichen Zellen. Sie produzieren mit diesen Informationen ein Protein des Erregers, gegen das der Körper dann Abwehrreaktionen entwickelt. Bei späterem Kontakt mit dem Erreger erkennt das Immunsystem das Protein wieder und kann das Virus schnell gezielt bekämpfen. Eine Voraussetzung für diese Art der Impfstoffentwicklung ist, dass der genetische Code des Virus bereits entziffert wurde.
Aktuell sind in Deutschland zwei Impfstoffe gegen Covid-19 zugelassen, weitere mRNA-Impfstoffe befinden sich in Prüfung oder Zulassung. Auch therapeutische mRNA-Impfstoffe gegen Krebserkrankungen sind in der Entwicklung. Dem Paul-Ehrlich-Institut zufolge besteht keine Gefahr, dass die mRNA in das Genom eindringt, das beim Menschen in Form von DNA im Zellkern vorliegt. Außerdem wird die mRNA nach Angaben des Robert Koch-Instituts nach kurzer Zeit von den Zellen wieder abgebaut.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
- Pressebriefing des Paul-Ehrlich-Instituts