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Höhlen-Drama in Thailand: "Macht euch keine Sorgen, wir sind alle stark"


Höhlen-Drama in Thailand
"Macht euch keine Sorgen, wir sind alle stark"

Von dpa
Aktualisiert am 07.07.2018Lesedauer: 4 Min.
Höhlen-Drama in Thailand: Seit zwei Wochen sind die zwölf Jugendlichen und ihr Trainer inzwischen eingeschlossen.Vergrößern des Bildes
Höhlen-Drama in Thailand: Seit zwei Wochen sind die zwölf Jugendlichen und ihr Trainer inzwischen eingeschlossen. (Quelle: dpa-bilder)

In Thailand harren die zwölf Jugendlichen und ihr Trainer weiter in der Höhle aus. In Nachrichten an ihre Eltern beschreiben sie ihre Ängste und Hoffnungen. Der Ausgang des Dramas ist ungewiss.

Die seit zwei Wochen in einer thailändischen Höhle festsitzenden Jugendlichen haben sich in einem bewegenden Brief an ihre mitbangenden Familien gewandt. "Macht euch keine Sorgen, wir sind alle stark" – so steht es auf einem handbeschriebenen Zettel, den ein Rettungstaucher den seit Tagen vor dem Höhleneingang campierenden Angehörigen übermittelte. "Wenn wir hier rauskommen, wollen wir viele Sachen essen. Wir wollen nach Hause, so schnell wie möglich."

Die mit blauer Tinte auf Notizblockpapier verfasste Botschaft wurde am Samstag auf der Facebook-Seite der thailändischen Spezialeinheit Navy Seals veröffentlicht. Darin schien jeder der zwölf Jungs im Alter zwischen 11 und 16 Jahren persönliche Worte an seine Familie und Freunde im Freien zu richten. "Ich will gebratenes Schweinefleisch essen", brach es aus einem der Jugendfußballer heraus, die zusammen mit ihrem 25 Jahre alten Trainer größte körperliche und psychische Strapazen erdulden müssen.

"Derzeit geht es ihnen allen gut"

Der Trainer bat die Angehörigen seiner Schützlinge in dem Brief um Verzeihung, bedankte sich für ihre Unterstützung und versprach ihnen, sich bestmöglich um die Jungs zu kümmern. "Derzeit geht es ihnen allen gut", versicherte Ekapol Chanthawong.

Die Gruppe hatte nach einem Training am 23. Juni die viertgrößte Höhle Thailands in der nördlichen Provinz Chiang Rai besucht, war dann aber wohl von einer Sturzflut überrascht worden und rettete sich vor den Wassermassen immer tiefer ins Innere. Die Kammer, in der sie am Montag von britischen Rettungstauchern gefunden wurden, liegt rund vier Kilometer vom Eingang der Höhle entfernt, die sich insgesamt über rund zehn Kilometer erstreckt. Der Rückweg ist den Jugendlichen aufgrund des überfluteten Höhlentrakts versperrt.

Elite-Taucher brauchen sechs Stunden

Die Rettung wird immer mehr zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Zwar kündigten die Behörden an, das Risiko bei der geplanten Bergungsaktion so niedrig wie möglich zu halten. Allerdings sollte es am Samstag regnen und das Wochenende über zu teils heftigen Niederschlägen kommen. Falls Monsunregen die Bedingungen dramatisch verschlechtert, wollen die Rettungskräfte ihren Einsatz vorzeitig beginnen.

Die vergangenen Tage war es rund um die Höhle trocken geblieben. Doch das kann sich jederzeit ändern, denn es ist Regenzeit in Thailand. "Falls es starke Regenfälle geben sollte und die Lage schlecht aussieht, werden wir versuchen, sie früher rauszuholen", sagte Provinzgouverneur Narongsak Osotthanakorn am Samstagmorgen (Ortszeit). Er würde den Beginn des Bergungseinsatzes lieber noch etwas verzögern. Noch seien die Jungen und ihr Betreuer nicht ausreichend geübt im Tauchen, um den strapaziösen Weg aus der Höhle ins Freie zu wagen, für den selbst Elite-Einheiten der Marine fünf bis sechs Stunden brauchen.

Offenbar erste Infektionen

Denn der verwinkelte Höhlentrakt hat viele Windungen und Engpässe, die auch Tauchprofis vor Probleme stellen. Und die Wassermassen haben, ähnlich wie in einem Siphon, manche Senken zulaufen lassen, welche die Gruppe vor zwei Wochen auf ihrem Weg in die hinteren Kammern der Höhle noch zu Fuß durchqueren konnte. Um wieder nach draußen zu gelangen, müssten sie diese Senken nun im Tauchgang passieren.

Hinzu kommt, dass der Sauerstoffgehalt in der Kammer stetig abnimmt – ganz im Gegensatz zur psychischen und körperlichen Belastung der Eingeschlossenen. Und je mehr Wasser in die Höhle strömt, desto schlechter wird wegen aufgewirbelter Ablagerungen die Sicht für die Taucher, die die eingeschlossene Gruppe derzeit mit dem Nötigsten versorgen. Ein Taucher kam bereits im Einsatz ums Leben.

Die Lage wird also immer brenzliger. Zumal auch die hygienischen Umstände in der Höhle erbärmlich sind: Jeder aus der Gruppe muss sich auf engstem Raum erleichtern, Bakterien, Viren und Pilze können sich leicht ausbreiten. Laut der Zeitung "The Nation" zeigen zwei der Jugendlichen und ihr Trainer schon Anzeichen für eine Infektion.

Einen Schacht bohren wie 2010 in Chile?

Das Drama um die eingeschlossene Jugendgruppe erinnert an das Schicksal der 2010 in einer chilenischen Mine verschütteten Bergleute. Die 33 Kumpel mussten damals 69 Tage lang in einem Schutzraum in 700 Metern Tiefe ausharren. Letztlich wurden sie in einer spektakulären Rettungsaktion durch einen aufwendig gebohrten Rettungsschacht mit einer Zugkapsel an die Erdoberfläche geholt.

Auch in Thailand haben die Einsatzkräfte inzwischen mehr als hundert Rettungsschächte in die Tiefe gebohrt, um die Jungen auf diesem Weg zu befreien. Bei den Bohrungen seien die Kinder und ihr Fußballtrainer bislang aber nicht erreicht worden, wie der Leiter der Rettungsaktion, Narongsak Osottanakorn, am Samstag erklärte. Die Kinder sind zu geschwächt, um selbst ins Freie zu tauchen. Aus Sicht des Geowissenschaftlers und Ingenieurs Suttisak Soralump von der Kasetsart-Universität in Bangkok ist eine Rettung über Hilfsschächte zudem ziemlich unrealistisch.

Nicht genügend geologische Daten

Eine Bohrung zur Höhlenkammer der Jungs sei viel komplizierter als beim Minenunglück in Chiles Atacama-Wüste, sagte Suttisak dem thailändischen Nachrichtenportal "The Nation". Anders als das Bergwerk sei die Höhle Tham Luang-Khun Nam Nang Non im Norden Thailands ein natürlicher Hohlraum. Daher gebe es für Ingenieure nicht genügend geologische Daten. Im Fall der chilenischen Mine sei der Untergrund hingegen vollständig vermessen und die Bohrung somit weitgehend frei von Überraschungen gewesen. Die Rettungskräfte konnten damals einen umfänglichen Datenschatz für ihre Zwecke nutzen.

Die Höhle in Thailands Grenzregion Chiang Rai ist hingegen wegen ihrer schwer zugänglichen Lage wenig erforscht und wird vor allem von Einheimischen aufgesucht. Mit einer Ausdehnung von etwa zehn Kilometern zählt sie zu den längsten Höhlen des Landes.

Verwendete Quellen
  • dpa
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