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Flüchtlinge aus der Ukraine: Neid-Attacke wegen Gratis-TÜV


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TÜV zeigt Solidarität
Neid-Debatte wegen Gratis-Service für ukrainische Flüchtlinge


26.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Kostenlose Begutachtung: Die Überprüfung der Fahrzeugsicherheit übernimmt der TÜV bei ukrainischen Kriegsflüchtlingen, die nach einem Jahr in Deutschland eine Sondergenehmigung brauchen.Vergrößern des Bildes
Kostenlose Begutachtung: Die Überprüfung der Fahrzeugsicherheit übernimmt der TÜV bei ukrainischen Kriegsflüchtlingen, die nach einem Jahr in Deutschland eine Sondergenehmigung brauchen. (Quelle: Screenshot Twitter, IMAGO/Christian Ohde, Montage: U.Frey/t-online)
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Ein Foto einer Rechnung vom TÜV löst Wirbel aus: 0 Euro für die Untersuchung bei einem ukrainischen Auto. Das ist richtig – und wird als Aufreger ausgeschlachtet.

Der VW von Danylo Kovalchuk hat schon 160.000 Kilometer drauf, eine gebrochene Federachse – und er ist gerade für einige Aufregung gut. Denn die Rechnung vom Besuch des Ukrainers beim deutschen TÜV ist aufgetaucht. Auf dem Prüfbericht steht sein richtiger Name, den t-online hier geändert hat. Und dort steht, was er für die Überprüfung zahlen musste: nichts.

Die kostenlose Kfz-Sicherheitsprüfung für Geflüchtete aus der Ukraine wird seit der vergangenen Woche skandalisiert und zur Stimmungsmache gegen Ukrainer genutzt. Die Rechnung über 0 Euro mit dem Vermerk "erhebliche Mängel" wird in verschiedenen mehr oder weniger stark geschwärzten Varianten im Netz verbreitet. Auch mit Wahlwerbung für die AfD und krassen Falschbehauptungen: "Sie bekommen alles von uns, dem Steuerzahler, bezahlt", kommentiert ein Nutzer auf der Plattform X (vormals Twitter). "Unser Staat bzw. die Kommune übernimmt sogar die TÜV-Gebühr für ukrainische Flüchtlinge", schreibt ein anderer.

Das stimmt nicht. Aber was hat es mit den kostenlosen Prüfungen auf sich?

Bei Dekra kostet es, beim TÜV nicht

Bei der Sachverständigenorganisation Dekra ist die Frage schnell beantwortet: Dort sind sie gar nicht kostenlos. Das verrät auch schon, dass keine staatliche Regelung dahinter steckt. Der Steuerzahler hat damit nichts zu tun. Es war eine Entscheidung des TÜV-Verbands.

Die verschiedenen TÜV-Gesellschaften haben sich verständigt, die Untersuchung für Ukrainer tatsächlich unentgeltlich durchzuführen, erläutert Sprecher Vincenzo Luca vom TÜV Süd. "Aber wir sind privatwirtschaftliche Unternehmen, die sich dazu entschieden haben, um Solidarität zu zeigen." Deshalb musste auch Danylo Kovalchuk aus der Region Odessa bei einer TÜV-Süd-Filiale im baden-württembergischen Singen nichts zahlen.

Was er und andere in Deutschland lebende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine damit in Anspruch nehmen, ist allerdings etwas anderes als die gut 140 Euro teure turnusmäßige Hauptuntersuchung für deutsche Fahrzeuge. Das hängt mit der besonderen Situation der Ukrainer in Deutschland und einer Ausnahmeregelung zusammen.

Eigentlich dürfen im Ausland zugelassene Pkw nicht länger als ein Jahr in Deutschland fahren. So will es die Fahrzeug-Zulassungsverordnung. Doch für Ukrainer mit Geflüchtetenstatus ist die reguläre Zulassung in Deutschland nicht möglich, erklärt TÜV-Sprecher Luca.

Deshalb brachte die Verkehrsministerkonferenz im März 2023 das Thema auf – als die Jahresfrist bei vielen Geflüchteten verstrich. Es wurde eine Ausnahmegenehmigung beschlossen. Die hat der zuständige Bund-Länder-Fachausschuss "Fahrzeugzulassung" bis April 2024 verlängert: Ukrainer dürfen mit Ausnahmegenehmigung länger mit ihrem ukrainischen Kennzeichen fahren.

Dafür müssen die Halter nachweisen, dass ihr Fahrzeug Sicherheitsstandards erfüllt. Es geht bei der Überprüfung nicht um die Hauptuntersuchung mit der normgerechten Abgasuntersuchung, sondern um einen weniger aufwendigen Sicherheits- und Umweltcheck. Damit ist der Aufwand auch geringer als für die Plakette. "Es ist ein Basisschutz", sagt TÜV-Sprecher Luca. Das sei ein Kompromiss, weil sich gesetzliche EU-Standards auf das Nicht-EU-Land Ukraine mit anderen Regelungen nicht anwenden ließen. Außerdem müssen die Ukrainer für die Ausnahmegenehmigung eine Haftpflichtversicherung (sogenannte Grenzversicherung) nachweisen.*

Beim TÜV bis zum Wochenende keine Beschwerden

Vor dem Wochenende hatte den TÜV keine Kritik daran erreicht, für Kriegsflüchtlinge die Dienstleistung kostenlos anzubieten. Dass das nun als Aufreger inszeniert werde, hänge vielleicht auch mit fehlendem Wissen zusammen, sagt TÜV-Sprecher Luca. "Die Menschen aus der Ukraine haben sich das ja nicht ausgesucht."

Es ist aber nicht das erste Mal, dass rund um ukrainische Fahrzeuge Stimmung gemacht wird. In der Vergangenheit verbreitete sich bereits rasant ein Screenshot eines angeblichen Ebay-Angebots zum Kauf ukrainischer Kennzeichen. Damit müsse man Verkehrsregeln nicht beachten, dürfe überall parken und könne so schnell fahren, wie man wolle.

Genutzt worden war dazu ein Foto eines Musterkennzeichens. In Russland wurde die absurde Darstellung auf diversen Portalen ungeprüft übernommen und zudem suggeriert, dass es in Deutschland deshalb wachsenden Unmut gebe.

In diesem Fall war das Körnchen Wahrheit, das in solcher Desinformation fast immer steckt, ein Video aus Lörrach über Ungleichbehandlung. Das hatte sich im April 2022 viral verbreitet, als die Stadt befristet "einzelfallabhängig" bei ukrainischen Fahrzeughaltern geprüft hatte, ob kulanter reagiert wird, wenn keine Verkehrsgefährdung vorliegt.

Im Fall von Kovalchuk hat der TÜV-Termin dazu geführt, dass er die Ausnahmegenehmigung vorerst nicht bekommt. Er ist damit unerlaubt im deutschen Straßenverkehr unterwegs, wenn er die Schäden am Auto nicht reparieren und danach eine Bescheinigung über eine erfolgreiche Sicherheitsüberprüfung bekommt.

In der Facebook-Gruppe "Mimikama – Fakt oder Fake? Hier recherchiert die Community", in der der Fall unter den 20.000 Mitgliedern diskutiert wird, gingen einige Nutzer von einem Fake aus. Dort taucht aber auch die Frage auf, wo das Problem liegen soll: "Weil irgendwer etwas kostenlos bekommt? Zum Schutz deutscher Verkehrsteilnehmer?"

*Die Information zum Nachweis der Versicherung wurde nachträglich im Text ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an TÜV Süd und Dekra e.V.
  • verkehrsministerkonferenz.de: Mitteilung zur Konferenz im März (archiviert)
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